Mir machte meine damalige Arbeit Spaß, ich war sieben Jahre jünger, hatte Gleitzeit, war im Begriff, studieren zu gehen. Also ein Ende dieser Arbeitsstelle war in Sicht. Dann das Studium, welches überaus gut lief, aber auch nur, weil ich es 'so zum Spaß' und 'aus reinem Interesse' machte. Ich hab's nicht abgeschlossen, weil ich das Latinum nicht in diese zwei Kategorien einordnen konnte. Aber das ist auch okay so. Neben meinem Studium begann ich, als Deutschtrainerin zu arbeiten. Super Job, ich spreche ja die Sprache. Das dachte ich mir. Doch dass da viel mehr Arbeit dahinter ist, hätte ich mir nie träumen lassen. Die ganze Grammatik - also die Bezeichnungen dafür (N-Deklination, parallele Adjektivdeklination, subjektivisch gebrauchte Modalverben - um ein paar wenige zu nennen) musste ich mir in mühsamster Kleinstarbeit aus verschiedensten Grammatiken zusammensuchen. Und dann noch Übungen dazu erstellen. Die Zeit, die du im Klassenzimmer oder Kursraum (oder wie immer man das auch nennen mag) verbringst, ist nur die Oberfläche. Der Eisberg wartet zu Hause, in der U-Bahn, in der Nacht, beim Gespräch mit FreundInnen und KollegInnen, beim Plaudern mit meinem Sohn und Mann.
Und dann sollst du auch noch eine Stunde pro Richtung pendeln. Und Steuern extra abführen. Und dich um die Versicherung kümmern. Und nicht wissen, ob du nächsten Monat wieder einen Kurs bekommst oder plötzlich ohne Geld dastehst. Und, was das schlimmste ist: hochmotiviert sein (musst ja auch die anderen noch mitreißen). Doch wie schafft man es, um Himmels Willen, andere zu motiveren, wenn man selbst grade mal ein Auge zur Hälfte aufkriegt? Es ist fast wie beim Autofahren: Sitzt man mal drin, ist die Konzentration da (meistens jedenfalls). Dann redet man drei Stunden lang, vergisst auf's Trinken und Klogehen, und wenn man fertig ist, dann ist man auch kaputt. Nach Hause fahren ist jetzt ganz schlecht, denn dann kommen Geist und Körper wieder runter, in einen Normalzustand - und dann darfst du dich aufrappeln, um den Abendkurs zu halten (du brauchst ja zwei Kurse, weil du nicht weißt, ob du nächsten Monat überhaupt EINEN bekommst). Wenn du dann um 22.00 Uhr endlich zu Hause ankommst, solltest du noch den nächsten Tag vorbereiten, die Tests korrigieren und den total motiverten Aufsatz des Franzosen Benjamin mit 600 Wörtern ausbessern. Achja, und dich um dein Kind kümmern ...
Trotzdem: Ich mag das Unterrichten, die neuen Leute, die Erfolge, das Kennenlernen meiner eigenen Sprache - aber sicher nicht für immer.