@dieErzaehlerin
Der Heilige Abend war harmonisch verlaufen – und vorübergegangen. Maria und Uwe hatten eine Entscheidung getroffen und blieben. Auf dem kleinen Hof ging das Leben seinen normalen Gang weiter. Die beiden Neuankömmlinge waren aufgenommen worden und integriert. Erst als der Schnee weggeschmolzen war und der Frühling sich Bahn brach, konnte man die Veränderungen auch spüren. Immer mehr Menschen kamen der Einladung nach das Leben am Hof kennenzulernen, Tiere zu sehen, die einem Stadtmenschen normal nicht unterkamen und einige Stunden mitten unter ihnen zu verbringen. Maria und Uwe sahen sich umringt von vier, zwar noch immer kleinen, aber rasch wachsenden Fellknäueln, die nun eifrig die Gegend erforschten und sich des Lebens freuten. Es war das schönste Geschenk, das sie ihrer Mutter machen konnten, die ihr Leben für sie geopfert hatte, indem sie lebten. Nichts weiter. Und bald schon konnte Maria Uwe eine Neuigkeit berichten. Ein weiterer Mensch würde auf den Hof kommen, noch in diesem Jahr, ein Mensch, den es vorher nicht gegeben hatte, ihr Kind. Magdalena hatte ihr Versprechen eingelöst und ging nicht immer wieder hinauf zum Nazl um nach dem Rechten zu sehen. Sie ließ sich nämlich chauffieren, von Uwe. Und so war sie immer öfter und immer länger oben auf dem Einsiedlerhof. Wer jedoch jetzt auf eine Doppelhochzeit spekulierte, den muss ich leider enttäuschen. Die Beiden waren Freunde und wollten es auch dabei belassen. Was auch immer da in der Einsiedelei vor sich ging, wir wollen nicht indiskret sein, zumal es auch keine Rolle spielt. Es soll ihr Geheimnis bleiben. Nur, dass sie es beide genossen sich gefunden zu haben, sich auszutauschen und die Zeit miteinander zu verbringen, so viel darf verraten sein. Auch, dass sie sich erboten den Nachwuchs von Maria und Uwe zu beaufsichtigen, mag keine große Überraschung sein. Selbst die Mutter vom Luisl fand sich letztlich damit ab, dass sie ihre Pläne zur Einheiratung des Hofes ad acta legen musste, fand aber doch eine passende Alternative und brachte ihren Sohn unter die Haube. Immerhin, es war eine Einheimische. Die Dorfgemeinschaft, die die Neuankömmlinge zuerst mit Misstrauen betrachtet hatte, wie das eben bei Fremden so üblich ist, wurde nach und nach zugänglicher, auch wenn bisweilen der eine oder andere den Kopf schüttelte, wie man doch hier freiwillig herziehen könnte. Die mannigfaltigsten Gerüchte kursierten im Ort, bis hin zu jenem abenteuerlichen, dass es sich bei den beiden um ein berüchtigtes Gangsterpärchen handelte à la Bonny & Clyde. Aber gab es denn etwas Schöneres diese Gerüchte weiterzutragen, sie auszuschmücken, zu verfeinern und wieder weiterzuerzählen, gerade in einem so abgelegenen Ort, in dem sonst nichts passiert. Aber auch die Gerüchte verstummten irgendwann. Interessantere Themen tauchten auf und verdrängten die alten. So ging das Leben weiter. Wie es das immer tut. Natürlich herrschte auf dem kleinen Hof nicht immer eitel Wonne und Sonnenschein, aber auch wenn dies einmal nicht der Fall war, so fanden sie doch immer wieder hin, und so sollte es wohl sein. Und wenn wer mal zufällig nach Rottal kommt, diesem nördlichsten Punkt Österreichs, dann besucht doch die beiden und richtet einen schönen Gruß von mir aus.
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