Das Eis glitzerte im Sonnenlicht. Eiskristalle wie Diamanten. Glasklar, so dass man das Wasser sehen konnte. Vielleicht könnte ich es wagen. Es war lange her, dass das Wasser zugefroren war. Die Schlittschuhe lagen neben mir, griffbereit, als Du Dich zu mir setztest und mich fragtest, ob ich es denn wagen wolle, ob ich so weit wäre. Und weil ich mir nicht sicher war, sagte ich das auch. Du meintest, dass das Eis wohl dick genug wäre. Es scheint so, es scheint immer so, bevor man einbricht, gab ich zu bedenken, und ich weiß nicht ob es stark genug ist, all das Gewicht zu tragen. Vielleicht meines, aber auch das meiner Hoffnungen und Sehnsüchte und Träume. Welches Eis vermag das zu halten? Wer kann es überhaupt aushalten, Hoffnungen und Sehnsüchte und Träume, so allein auf dem Eis? Deshalb lud ich Dich ein, aber Du lehntest ab, meintest, Du wärst es nicht. Als Ausgleich jedoch, sozusagen, brachtest Du ihn in mein Leben und in meine Wünsche, die der Erfüllung harrten.
Eislaufen zu gehen, auf dem Eis, das nun endlich zu halten versprach. Und ich sah das Glitzern in seinen Augen, das ich für Freude hielt, so dass ich mich einließ. Wie sehr man sich doch irren kann, doch wer denkt an Irrtum, wenn man nichts will als recht zu haben. Zur Not muss man das Recht haben zwingen. Ich merkte noch nicht einmal, dass er die Schlittschuhe schon längst trug. Da war mein Wasser noch nicht gefroren gewesen. Voll Vorfreude streifte ich die Schlittschuhe über. Er reichte mir die Hand, mir aufzuhelfen. Tastend die ersten Schritte, dann ungestümer, dreister. Seine Hand in meiner.
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„Mach Dir keine Sorgen“, sagte er zu mir, und ich war irritiert, ein wenig, weil ich mir doch keine Sorgen machte zu einem Zeitpunkt, da noch alles möglich schien, alles offen und zugänglich.
„Ich mache mir keine Sorgen“, erwiderte ich lachend, da ich immer mehr an Sicherheit gewann. Und hatte er es mir nicht auch bestätigt, gerade eben.
„Mach Dir keine Sorgen“, eine Aufforderung, eine Verheißung. Immer schneller wurde mein Lauf, immer verwegener meine Sprünge. Das Gefühl der Lebendigkeit riss mich mit sich fort,
stark wie ein Tornado und ein Tsunami und eine Lawine, während mir seine Hand entglitt,
ohne dass ich es merkte. Immer weiter wagte ich mich hinaus. Das Glitzern des Eises. Es hielt, mich und meine Hoffnungen und meine Sehnsüchte und meine Träume, die ich in ihm, mit ihm erfüllt sah, als er schon längst nicht mehr neben mir war. Da knirschte das Eis. Zerbarst in tausende Stücke. Und das Glitzern in seinen Augen war nur die Spiegelung der Sonne.
„Mach Dir keine Sorgen“ war die Aufforderung mir Sorgen zu machen. Ich erkannte es endlich, in dem Moment, da ich ins eiskalte Wasser tauchte, und er vom Ufer aus zusah. Erst als ich ganz verschlungen war, sich die Eisdecke über mir wieder schloss, sah ich, dass er gegangen war. Verkehrte Büchse der Pandora. Das Eis war die Hoffnung und das Glück, das Wasser der Schmerz und das Leid und das Verlassen-sein. Es spielte keine Rolle mehr. Ich ließ mich sinken, bis zum Grund, mich vom Schmerz umspülen, ihn in mich eindringen, bis ich eine einzige offene Wunde war, mein Körper und meine Seele und mein Herz. Auflösen wollte ich mich lassen in diesen Schmerz, denn dann konnte er mir nichts mehr anhaben.
Als ich Dich plötzlich neben mir spürte. Bis zum Grund des Schmerzes warst Du mitgegangen.
Da zu sein, für mich da zu sein. Meine Wunden zu verbinden und mich zu stärken, wenn ich es zuließe. Gemahnend an das Leben, das es immer noch gab, oben, wenn das Eis geschmolzen wäre.
„Und was ist mit dem, der mich verließ, geht es ihm gut?“, fragte ich Dich.
Bedächtig schütteltest Du den Kopf, als Du sagtest, was Du zu sagen hattest, weil die Wahrheit immer noch der beste Freundschaftsbeweis ist, und die Wahrheit war, dass er kam um sich einzuüben, mit mir, bloß ein kleines Zwischenspiel.
„Mach Dir keine Sorgen“, hieß nur, „Nimm es nicht ernst.“
Und weil Du es sagtest, sank ich noch tiefer in den Schmerz, bis es nicht mehr tiefer ging.
Auch da warst Du neben mir, bis ich so weit war, dass Du mich mitnehmen konntest,
hinaus aus dem Wasser, an den Strand. Du bliebst, als das Wasser ausblieb, und als das Wasser wiederkam. Eine neuerliche Welle des Schmerzes, die mich unter sich begrub. Immer seltener wurden sie, die Wellen und der Schmerz, Du warst da. Vielleicht würde das Wasser wieder frieren und das Eis in der Sonne glitzern. Vielleicht würde ich es noch einmal wagen mich einzulassen. Doch ganz gleich ob ich mich erneut versuchen würde, so lange Du da bist
muss ich mir wirklich keine Sorgen machen.