Wir haben gelernt mit dem Leben umzugehen, und das ist auch gut und richtig so. Wir gehen in eine Situation hinein, werfen einen kurzen Blick darauf und schätzen sie ein. Vieles davon läuft völlig automatisiert ab und wir denken nicht darüber nach. Es erleichtert das Leben, sagt uns wie wir uns zu verhalten haben. Zumeist passt das auch. Wir würden sonst mit dem Leben nicht fertig werden. Wir wären im wahrsten Sinne des Wortes nicht lebens-fähig. Und doch – ich gestehe es – ertappe ich mich immer wieder dabei, dass ich zu rasch bei der Hand bin mit einem Urteil. Nicht, dass ich das immer unbedingt wollte. Es stellt sich ein, woher auch immer. Um das zu verdeutlichen – und um das eigentliche Thema ein wenig vorzubereiten – stelle ich hier einen Text vor, der wohl sehr viel Interpretationsspielraum offen lässt. Der Text an sich ja, aber lassen auch wir ihn uns?
Hingabe
Eine Wolke hat sich vor den Mond geschoben. Gesehenes versinkt im Schattengewirr. Geflüsterte, unerkannte Botschaften wirbeln durch die Nacht, unerkannt und unverständlich, doch ihre Melodie wiegt mich wie ein Schlaflied. Gut ist es, ausstrecken, hier auf meinem Steg. Tausende verwirrender, verzwirbelter Gedanken, die in meinem Kopf Funken versprühen, legen sich, gegenseitig gemahnend doch mal still zu sein. Was das für ein Radau ist, bis es gelingt, doch endlich kehrt auch in meinem Kopf Ruhe ein.
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Ich liege, gebettet auf der Melodie der unerkannten, unverständlichen, durch die Nacht wirbelnden Botschaften, einer Melodie, die aus verschiedensten Fäden kunterbuntes Durcheinander entstehen läßt, die sich nach und nach zu einem einzigen, festen Strang zusammenfügen, im Klang, im Wort, werden deutlicher, und ich erkenne den Sinn.
Sanfte, warme Melodie – in sie gebettet, von ihr bedeckt, nichts als diese Melodie. Aufforderung und Verheißung in einem, die mich meint, meinen Kopf, mein Herz, meine Seele, meinen Körper. Mich meinend spricht sie mir, nein, flüstert sie mir ein Verlangen, entzündet die Flamme des Begehrens. Nahrung gebend, Nahrung findend, wird aus der Flamme ein Feuer, das in mir brennt, bis zu den Zehenspitzen, bis zu den Fingerspitzen, ausgehend von meiner Mitte, ausbreitend, Widerstand verbrennend.
Ich schließe die Augen. Nicht vor Dir, sondern in Dich. Deine Hände gleiten unter die Melodie, die mich bedeckt, entdeckend, Hügel und Täler durchwandernd, Offenes und Verstecktes erkundend, preisgegeben Deiner Berührung, ausgeliefert Deinem Begehren, Hingabe und Geschenk, mit nichts bedeckt als dieser Melodie der Nacht, und das Feuer brennt fort.
Du gleitest unter die Melodie, die mich bedeckt, Körper an Körper. Wer vermag noch zu bestimmen, wo mein Körper endet und Deiner beginnt. Haut an Haut, keine Stelle, die unberührt, die ungerührt bliebe, wärmend, nährend und fordernd.
Ich folge, mich Dir öffnend, mich Dir darbringend, und das Feuer brennt fort, in der Aufnahme, in der Einswerdung. Brodelnd heiß durchfließt es meine Adern, zwingt mich Dir entgegen, noch näher, und es gibt keine Grenzen mehr, keine geschlossenen Tore.
Du in mir, umfange ich Dich, haltend, bangend, zwinge Dich in der Bewegung des Auf- und Mit-einander zu verharren, und unser Körper, der nunmehr eins ist, verschmolzen aus meinem und Deinem, bewegt sich rhythmisch zur Melodie der Nacht, die uns bettet und deckt.
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Was für Bilder habt ihr im Kopf? Wie sehen die Menschen aus, die ihr in die Ich- und Du-Rolle hineininterpretiert? Und vor allem, wie kommt ihr zu diesen Bildern?