Alle Geschöpfe der Erde fühlen wie wir, alle Geschöpfe streben nach Glück wie wir. Alle Geschöpfe der Erde lieben, leiden und sterben wie wir, also sind sie uns gleich gestellte Werke des allmächtigen Schöpfers - unsere Brüder. Franz von Assisi (1182 - 1226), eigentlich Giovanni Bernadone, katholischer Heiliger, Stifter des Franziskanerordens Nicht von Ungefähr kommt es wohl, dass der Welttierschutztag mit dem Festtag des Hl. Franz von Assisi zusammenfällt (zumindest beim Großteil der christlichen Kirchen), dabei war wohl Franz, der den Orden der Minderen Brüder, der Franziskaner, gründete, alles andere als erpicht darauf Heilig zu sein. Ganz im Gegenteil, er wollte nicht abgesondert sein von den Menschen und allen anderen Geschöpfen, sondern er wollte mitten drinnen sein, dem Menschen, dem Tier, dem Leben begegnen, mit aller Wucht, schonungslos und offen. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass er diese „Ehre“ sogar abgelehnt hätte, hätte er darum gewusst, aber zum Zeitpunkt einer Heiligsprechung muss man wohl zwangsläufig tot sein. Kann sich also nicht mehr einbringen. Bemerkenswert ist diese Heiligsprechung dennoch, denn zu einer Zeit, in der die Kirche mit den Machthabenden kollaborierte, Pomp und Trara auch in kirchlichen Kreisen üblich waren, prangerte er genau dies an. Diesen Lebensstil des Überflusses und der Unterdrückung. Seine strenge Auslegung der Lehre Jesu, brachte ihm mehr Feinde als Freunde ein, denn er hielt den kirchlichen Würdenträgern einen Spiegel vor, in den sie eigentlich jede Minute ihres Wirkens blicken sollten: Den Spiegel Jesus. Ausgezogen, mit nichts als dem, was er auf dem Leib trug, scheute er sich nicht genau diese Missstände anzuprangern und in seinem Leben ein Beispiel zu geben wie es aussehen müsste, die Nachfolge Christi. Aber vielleicht war genau das der Grund ihn heilig zu sprechen, denn wenn sich ein Mensch in den Augen der Menschen als heilig erweist, so ist er aus dem Dunstkreis des Lebbaren ausgeschlossen. Da braucht man sich nicht mehr zu bemühen, denn der Heilige, das ist der Ausgesonderte, der etwas schafft, was ein Normalsterblicher sowieso nicht schafft. Deshalb ist es zwar beeindruckend, bleibt aber weiters ohne Folgen. Eine ungemein perfide Art seine Gegner in den eigenen Reihen unschädlich zu machen. Doch worum ging es Franz bei seiner Besitzlosigkeit? Es ging ihm wohl darum zu zeigen, dass Besitz immer auch einen Teil unserer Kräfte beansprucht, in Form von Sicherung des Besitzes. Denn sobald ich etwas besitze, bin ich in Sorge, dass jemand kommt und es mir wegnimmt. Mit der Größe des Besitzes steigt folglich auch die Sorge darum, desto mehr Kräfte müssen darauf angewandt werden den Besitz zu erhalten, desto weniger Kräfte bleiben für das Miteinander und die Zuwendung. Wer ständig sein Bankkonto, die Aktienkurse, im Auge hat, hat kein Auge für den Mitmenschen, wird abgestumpft gegenüber dem Leid und dem Unglück, das er nicht mehr sieht. Es geht also nicht darum, dass Besitz an sich schlecht ist, sondern das Besessen-werden vom Besitz. Es macht den Menschen einsam und abgewandt. Nicht nur vom Mitmenschen, sondern auch von allen anderen Mitlebewesen. Franz war konsequent in seiner Zuwendung zum Leben. Wenn er vom Streben nach Glück spricht, dann bleibt er nicht beim Menschen stehen. Und auch beim Lieben und Leiden und Sterben umfasst sein Fokus alles Lebendige. So kann, wer sich dem Leben wahrhaft zuwendet und in seiner Befindlichkeit ernst nimmt, nicht beim Menschen stehenbleiben. Es gibt kein Entweder Oder, sondern nur ein Sowohl Als auch. So würde er selbst sich nicht auf den Sockel der Heiligkeit stellen lassen. Er würde heruntersteigen und das Leiden ernst nehmen, in welcher Gestalt es auch erscheint. Er hat in seinem Wirken die Forderung nach Herrschaft überwunden, indem er alle Geschöpfe Gottes als gleichwertig erkennt und sich entsprechend für sie einsetzt. Nicht Herrscher, nicht einmal Hirte, nein, Mitgeschöpf, nichts weiter. Das ist die Brisanz, die mit diesem Mann einhergeht, damals wie heute. Denn eine Kirche, eine Gesellschaft, die mit Freude vor Macht und Besitz kniet, hat sowohl Gott als auch die Gesellschaft als lebendiges Miteinander aus den Augen verloren. Das Goldene Kalb wird immer noch umtanzt und verehrt, wiewohl in vielerlei Gestalt. Doch daneben gibt es immer noch die Mahnung eines Mannes, die heute ebenso aktuell ist wie vor 900 Jahren.
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