Endlich hat man es erkannt: Die sog. Frühpädagogik sollte einen höheren Stellenwert erhalten. Kindergartenpädagoginnen haben mehr Ressourcen als ihrer Aufsichtspflicht der Kleinen nachzukommen, während die Mütter arbeiten oder auf den Tennisplatz gehen. Sofort wurden Konsequenzen gezogen und erklärt, wir müssten auch dieser Arbeitsgruppe endlich die segensreichen Erkenntnisse der wissenschaftlich fundierten Pädagogik zuführen und sie auf die Universität schicken. Wo kämen wir dahin, wenn eine Fachkraft einfach so auf ihr Bauchgefühl hört, und das womöglich in einer brisanten Situation. Nehmen wir einmal an, so ein Kind weint. Die Mutter hat sich gerade verabschiedet und der Nachwuchs scheint nicht willens zu sein auf die allumfassende Einzelbetreuung zugunsten einer illustren, jedoch gleichrangigen Spielgruppe zu verzichten. Nun kann die Pädagogin hingehen und das Kind ablenken, seine Aufmerksamkeit weg von dem Verlust hin zu interessanten Spielmöglichkeiten. Sie kann sich dem Kind zuwenden und es ernst nehmen. Könnte sie. Darf sie aber nicht, denn das kann schließlich jeder, einfach so in Interaktion oder gar in Beziehung treten. Nein, da muss sie erst mal kurz überlegen, abwägen.

Was hätte Pestalozzi gesagt? Oder Rousseau? Oder Montessori? Oder Steiner? Dann nimmt sie die möglichen Antworten dieser vier Pädagogen und wägt sie gegeneinander ab, zieht ihre Conclusio, und wendet sich dann dem Kind zu. Doch dann kommt sie drauf, das Balg hat längst aufgehört zu weinen und sich in die Bauecke verzogen. Eigentlich sollte sie es jetzt holen, nochmals zum Weinen bringen, um es dann pädagogisch zu verarzten. Nein, sie tut es nicht, denn sie hat keine Zeit dafür. Andere wichtige Dinge jedoch kommen schon zum Zug. Wenn man nämlich jetzt einen Kindergarten betritt, in dem gerade gesungen wird, dann wird der unbedarfte Zuhörer nicht aus dem Staunen herauskommen. Zumindest mir erging es so, als mir die Geschichte von einer Kindergartenleiterin zugetragen wurde. Wird nämlich nun das Lied vom Butzemann gesungen, so muss auch dasselbe der Butzefrau zukommen. Auch dem Schneemann wird eine Schneefrau zur Seite gestellt. Ob es allerdings neben der Hexe auch einen Hexer geben muss oder der Weihnachtsmann mitsamt Weihnachtsfrau auftreten muss, das habe ich leider vergessen nachzufragen, hätte aber leider eine gewisse immanente Logik.

Die Liste lässt sich nach Belieben fortsetzen, aber klar ist, auch im Kindergarten muss gegendert werden, denn wo kämen wir sonst hin. Allerdings tut sich für mich ein weiterer Problemkreis damit auf. Nehmen wir nur einmal den Schneemann als Beispiel. Dieser hat – klassisch androgyn einen Hut auf, vorzugsweise einen Topf. Zumindest war es in meinen Kindertagen so. Ich lasse mich gerne korrigieren. Wie nun wird nach außen hin dargestellt, dass es sich bei eben jenen drei Schneekugeln mit Karottennase um eine Schneefrau handelt? Wird ihr statt des Topfes ein Kopftuch aufgesetzt? Aber wenn das geschieht, dann hat das doch verheerende Auswirkungen auf das Seelenleben des Kindes. Einerseits werden Rollenbilder festgeschrieben. Denn auch eine Schneefrau hat das Recht einen Topf zu tragen, nur, dass sie dann jeder für einen Schneemann hält und außerdem steht gerade das Kopftuch für viele als Kennzeichen der Unterdrückung, der an den Herd verbannten Frau, die nichts mehr zu erwarten hat und deshalb auch keine ordentliche Frisur braucht. So dass es mit dem Gendern nicht getan ist, sonst bleibt es reines, inhaltsleeres Gefasel. Man muss den Worten auch Taten folgen lassen. Deshalb werde ich auch nie mehr davon sprechen, ich hätte zwei Hunde, sondern nur mehr, einen Rüden und eine Hündin, damit sich nicht einer der beiden (oder eine der beiden?) benachteiligt und ungenannt und damit ungeliebt fühlt. Oder ich werde einfach völlig ungegendert mit ihnen spazieren gehen und diese schwierigen Probleme, die mir jetzt langsam über den Kopf wachsen, klügeren Leuten (von mir aus auch Leutinnen) überlassen. Die werden vielleicht auch verstehen worin eigentlich das Problem und der Handlungsbedarf bestehen.

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