Letzte Nacht träumte ich, der Knopf wäre von meiner Hose gesprungen. Was nicht unbedingt von besonderer Relevanz ist, Nicht einmal dann, wenn ich dazu sage, dass es sich bei dieser Hose um die handelte, die ich am liebsten anziehe, wenn ich mit meinen Hunden spazieren gehe, weil sie so strapazierfähig ist und pflegeleicht und diese vielen Taschen auf der Seite hat. Selbst dann ist es nicht mehr und nicht weniger relevant als ein ungelebter Traum vom Leben. Einer jener Träume, die man hat, von seinem Leben, die man aber niemals umsetzt. Vielleicht aus Feigheit. Oder auch, weil man dann keinen Traum mehr hat, den man träumen könnte. Am Ende aller Träume steht das nackte Dasein. Es ist zu kurz gegriffen immer nur Träume verwirklichen zu wollen. Man muss sich auch welche bewahren. Aber da war nur der Traum vom Knopf an meiner Lieblingshose, oder – wenn man so will – nur am Anfang des Traums an meiner Hose, denn kurz danach sprang er ab, irgendwohin, einfach so. Das stimmt allerdings nicht ganz, denn er war nicht einfach so mir nichts Dir nichts abgesprungen. Er hatte mir schon eine gewisse Vorlaufzeit gegeben. Jeden Tag konnte ich beobachten wie sich die Fäden mehr und mehr lockerten, und jedes Mal sagte ich mir, wenn Du nicht willst, dass er einfach so abspringt von der Hose, dann musst Du irgendwann eingreifen und das nachbessern. Aber ich tat es nicht. Vielleicht weil mir das Geflickte misshagte, denn der Flicken ist wie ein Makel. Es ist nicht mehr perfekt. Und wenn da schon etwas war, im Leben oder das Leben, dann musste das perfekt sein. Aber das Leben bekommt Risse, die geflickt oder immer größer werden. Man kann zusehen und es geschehen lassen. Man kann auch wegsehen und so tun, als gäbe es das gar nicht, bis es ganz durchreißt. Nur ein neues Leben bekommt man nicht. Aber jetzt, wenn ich die Hose anziehen wollte, blieb mir gar nichts anderes übrig. Und ich wollte sie anziehen. Also sah ich mich um. Weit konnte der Knopf nicht sein, dachte ich zumindest, denn ich hatte die Tücken der Traumwelten nicht bedacht. Ich stand im Badezimmer und dennoch sah ich den Knopf nicht. Eigentlich durfte er nicht weit weg sein, doch er war nicht nur weit weg, er war verschwunden. Dabei war es nur ein Knopf. Und doch hing alles an ihm. Denn wenn der Knopf offen blieb, dann hielt auch der Zipp nicht, und ich würde die Hose verlieren, was einigermaßen unpraktisch sein kann, wenn man gerade irgendwo mitten im Wald steht. Aber der Knopf, der war einfach weg. Bloß ein ganz banaler Knopf, und doch war er es, der alles zusammenhielt. Mit Händen und Füßen wehrte ich mich auch nur gegen den Gedanken, ich könnte diese Hose mit einem anderen Knopf verschandeln. Nein, mehr noch, ich dachte, auf der ganzen Welt gibt es keinen einzigen Knopf außer diesem. Darin biss ich mich fest. Alles war verloren. Ich sollte die Hose wegschmeißen, dachte ich, denn ohne diesen einen, speziellen Knopf war sie nicht mehr zu gebrauchen. Es musste der sein. Unabänderlich gehörten Hose und Knopf zusammen. Nein, Knopf und Hose, hieß die richtige Reihenfolge. Es ist mir egal ob als erst die Henne oder das Ei da waren, aber dass als erst der Knopf da war, dessen war ich mir sicher. Der Knopf, der sich die Hose ausgesucht hatte, zu der er nahtlos passte. Obwohl, wenn ich es jetzt recht bedachte und es mir ein klein wenig gelang meine Verlustängste zu relativieren, musste ich mir eingestehen, dass der Knopf nicht sofort passte. Das Knopfloch musste angepasst und sogar die Position des Knopfes verändert werden, damit er zumindest halbwegs passte. Davon hatte ich bloß bis dahin nichts wissen wollen. So behielt ich die Hose und suchte einen neuen Knopf, den ich auch fand. Und siehe, er passte perfekt, von Anfang an. Als dann der alte Knopf wieder auftauchte und seinen angestammten Platz zurückforderte, indem er mir sagte, dass die Hose nur „die“ Hose wäre, wenn er als Knopf daran war, dann musste ich ihn doch entsorgen. Wer will schon einen Knopf behalten, der überzeugt davon ist, dass sich die Hose anpassen müsste. Aber das alles war ja nur ein Traum, und eigentlich nicht von Relevanz.
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