Die Milchmädchenrechnung des Sozialministers

Sehr geehrter Herr Minister Hundstorfer!

Eine altbekannte Redewendung lautet: „Wem Gott ein Amt gegeben hat, dem gibt er auch den Verstand.“ Demzufolge ist es doch außerordentlich traurig, dass Sie Sozialist sind, oder besser gesagt, Sozialdemokrat, da darf der liebe Gott nicht, und deshalb ist die milde Gabe offenbar ausgeblieben. Natürlich kann man nicht generell sagen, dass dies für alle Sozialdemokraten gilt, die ihre gesamte Karriere unter der Schirmherrschaft der öffentlichen Hand führten, aber doch in Ihrem Fall, was auch seine Vorteile hat. „Ich wusste nicht, was ich da unterschrieb“, sagten Sie, nachdem aufgeflogen war, dass Verbindlichkeiten in der Höhe von 1,53 Mrd. Euro der BAWAG an den übertragen waren, wobei Sie als Vertreter aller drei BAWAG-Aktionäre unterschrieben. Angesichts des Hypo-Debakels sind das ja auch nur Peanuts und schon so lange her. Immerhin im Jahr 2005. Man darf eben nicht nachtragend sein, was auch offenbar niemand war, denn Sie flutschten unaufhaltsam die Karriereleiter hinauf, bis hin zum Posten des Ministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz.

In dieser Eigenschaft, sind Sie wahrscheinlich in sich gegangen, ausgelöst durch die hohe Arbeitslosigkeit, und haben einen grandiosen Vorschlag ausgebrütet, der den saloppen Titel „Überstunden-Euro“ trägt. Er beinhaltet nichts weiter, als dass die Arbeitgeber für jede Überstunde einen Euro zusätzlich bezahlen sollen. Wofür das gut sein soll? Das Milchmädchen hat wohl Pate gestanden – obwohl ich mir nicht sicher bin, ob man nicht allen verbliebenen Milchmädchen dieser Welt Unrecht tut – bei der Rechnung, dass bei Verteuerung der Überstunden die Unternehmer darauf verzichten Mehrarbeit zu verlangen und stattdessen neue Mitarbeiter eingestellt werden. Dies würde angeblich 8.300 neue Arbeitsplätze bedeuten.

Diese Annahme setzt voraus, dass der Arbeitgeber nur deshalb Überstunden machen lässt, weil er nicht auf die Idee kommt, er könne mehr Leute einstellen. Doch, er wäre auf die Idee gekommen. Doch wann fallen Überstunden an? Vor allem zum Ausgleich zyklischer Spitzen. In der freien Wirtschaft tritt nämlich das Phänomen auf, dass die Auftraggeber sich nicht anstellen und darauf warten wann sie drankommen, sondern sie erteilen ihre Aufträge einfach so wann sie das wollen. So kann es passieren, dass ein Erzeugungsbetrieb im Januar so viele Aufträge hat, dass eben Überstunden notwendig werden, im Februar aber wieder eine Flaute eintritt. Die Überstunden werden nicht zum Spaß gemacht, sondern, weil es wirtschaftlich sinnvoll ist. Nähme jener Arbeitgeber nun neue Arbeitnehmer auf, dann müsste er diese erst einschulen. Bis das passiert ist, lässt die Auftragslage wieder zu wünschen übrig. Theoretisch müsste er sie dann wieder auf die Straße setzen, wogegen allerdings die Kündigungsregelungen sprechen. Abgesehen davon, dass es alles andere als sozial verträglich ist permanent Leute aufzunehmen und wieder zu entlassen – doch vor allem ist es unwirtschaftlich. Jeder Unternehmer greift nur dann auf teure Überstunden zurück, wenn es sich nicht abzeichnet, dass ein neuer Arbeitnehmer kontinuierlich ausgelastet ist. Denn ja, wenn diese Situation gegeben ist, dann kommen sie durchaus auf die Idee Arbeitnehmer einzustellen.

Angesichts solcher Vorschläge sollte man darauf hoffen, dass Sie sich als Kandidat für die Bundespräsidentenwahl zur Verfügung stehen, denn dort können Sie zumindest nichts anrichten.

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Herbert Erregger

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Silvia Jelincic

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fischundfleisch

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