„What do you think about dinner?“, hattest Du mich gefragt. Und es war eine ganz normale Frage, angesichts dessen, dass der Mensch nun mal gezwungen ist seinem Körper Nahrung zuzuführen, so er denn sein Leben zu erhalten trachtet. Darüber hinaus halte ich viel vom Essen, ganz gleich ob man es nun Abendessen oder Dinner nennt. Der Effekt ist der gleiche.

„What do you think about dinner with me?“, fragest Du weiter, ein wenig präziser, und das war ja nun quasi ein Highlight. Was könnte ich mir denn Schöneres vorstellen als ein Essen mit Dir, in Deiner Gesellschaft zu genießen? Ich sollte jedoch eines Besseren belehrt werden, da Du fortfuhrst.

„What do you think about dinner with me in Venice?“ Ja, das war eindeutig noch mehr, als ich erwartet hatte. Für einen Moment entfiel mir meine Gelassenheit. Vielleicht auch für mehr als einen. Was für ein Gedanke, eine Reise nach Venedig, für ein Abendessen. Was für ein Gedanke, eine Reise nach Venedig, für ein Abendessen mit Dir. Einfach so. Als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt. Als wäre das Selbstverständlichste im Leben Freude zu teilen. Und warum sollte es nicht das Selbstverständlichste sein?

„I think, we should do it“, entgegnete ich.

„I think, wie have to“, meintest Du, mit all der gewichtigen Autorität, die Dir gegeben ist, ernst und nachdenklich, wobei ich nicht das schelmische Blitzen in Deinen Augen übersah.

So mussten wir wohl. Müssen, weil es das ist, was wir wollen. Müssen, weil der Moment uns flüstert, dass es genau jetzt, genau hier, genau in dieser Verbundenheit das ist, was zu tun ist.

Wenn ich Dich kennenlernen will, so tue ich es in der Welt, inmitten der Welt, die uns umgibt und wirkt, die wir erfassen und auf die wir wirken. Deine Sicht auf die Welt ist eine andere als meine, so wie meine andere ist als Deine, und wenn Du sie mir erzählst, wenn ich sie Dir erzähle, wenn ich meine Sicht durch Deine erweitern lasse und Du Deine durch meine, dann wird uns die Welt neu, weiter und bunter. Dann lernen wir aneinander und einander. Ja, ich war in Venedig, zuvor. Nein, ich war noch nie in Venedig, weil ich es noch nie mit Dir war, denn Du änderst meine Welt. Nichts mehr wird je wieder so sein wie zuvor, nachdem Du in mein Leben tratst. Und in dem Moment, in dem es war, traten wir eine Reise an, eine Reise zum Miteinander inmitten der Welt, zu Dir und mir, die immer eine sein wird, ganz gleich wohin sie uns führt, und wenn es nur zum Kaffeehaus ums Eck ist. Ausgehen um anzukommen. Wegbewegen um zurück zu kehren. Im Moment des Lebendigseins im Du und ich zu verstehen, dass es immer nur dieser Moment ist, der zählt, weil er der einzige ist, der Leben ist. Und wenn es der Moment mit Dir ist, dann ist es Leben in Fülle. Es ist das Mehr als Alles.

Venedig im Herbst. Der Frühling ließ das Leben sprießen, der Sommer es reifen und der Herbst bringt die Ernte. Venedig im Herbst mit Dir, das ist ein Durchstreifen von Wegen, Gassen, Plätzen, als wäre es das erste Mal, als wäre das Leben ein erstes Mal, mit all der Neugierde eines Beginns, mit all den Verheißungen eines Kommenden, mit all dem Staunen eines Entdeckenden, und doch mit der Bestimmtheit der Erfahrung, die weiß, dass der Moment, der nicht festgehalten wird, der einzige ist, der bleibt.

So, we will have dinner in Venice, together.

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Silvia Jelincic

Silvia Jelincic bewertete diesen Eintrag 28.09.2016 23:00:11

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