Eigentlich bin ich der Prinz im Haus. Nicht von Anfang an, natürlich. Wenn man als kleiner Welpe zu seinen Besitzern kommt, dann gilt es zunächst die Lage zu sondieren. Kluge Hunde tun das, und zu dieser Sorte kann ich mich, bei aller Bescheidenheit zählen. Nicht so wie andere, die mit Übereifer und Unverfrorenheit in das Haus stürmen und alles in Besitz nehmen. Das haben die Menschen nicht so gerne. Einem Welpen wird wohl noch so manches verziehen, doch es bleibt etwas im Gedächtnis haften. Ich für mein Teil gab mich schüchtern.
Das begann schon beim Gartentürl. Dort setzten sie mich ab und ich blieb einmal, zog die Stirn in Falten und gab so das Bild der absoluten Verlorenheit und Verlassenheit. Schon kamen sie an und baten mich doch weiterzugehen, Zaghaft folgte ich, doch immer nur mit kleinen Schritten, mal dahin, mal dorthin schnuppernd, bis ich endlich an der Türe war. Skeptisch sah ich ins Innere und diesmal blieb ich so lange, bis ich mein erstes Leckerli bekam. Das ganze funktionierte alles tadellos. Die Menschen sind so leicht zu dressieren. Nach diesem Motto eroberte ich nach und nach nicht nur ihre Herzen, sondern auch ihre Couch und das Bett.
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Wenn sie sich brav benahmen, bekamen sie eine Belohnung. Positive Verstärkung ist immer noch die beste Erziehungsmethode. Wie gerne doch die Menschen spielen. Da werfen sie mit Stöckchen und freuen sich, dass sie fortfliegen. Ich habe das zwar nie ganz verstanden, aber ich setzte mich eben hin und sah ihnen zu. Sie zu holen ist allerdings gänzlich unter meiner Würde. Wenn sie schon Spaß am Wegschmeißen haben, dann sollen sie es sich doch gefälligst selber holen. Die Ruhe behielt ich bei, und auch, wenn sich die Menschen manchmal töricht benahmen, so bin ich doch weise und weitsichtig genug ihnen das nachzusehen. Sie sind eben doch nur Menschen und verstehen es nicht besser. Wichtig ist nur – und da kenne ich kein Pardon -, dass zuverlässig Futter bereitsteht und ich spazieren geführt werde wann immer ich Lust dazu habe. Ansonsten erbitte ich mir Ruhe aus. Schließlich brauche ich viel Zeit mich von den Strapazen des Hunde-Daseins zu erholen. Und die Erziehungsarbeit, das könnt ihr mir glauben, ist sehr wohl kein Zuckerschlecken.
Ich für meinen Teil verstehe ja die Sorgen und Nöte der Erzieher für kleine Menschen sehr gut, aber nachdem ich mich grundsätzlich nicht in menschliche Angelegenheiten einmische, so lange sie mich nicht direkt betreffen, schweige ich beredt. Brav sind sie meine Menschen. Grundsätzlich hatte ich nichts auszusetzen, bis auf ein paar Kleinigkeiten, aber keinerlei Erziehungsarbeit ist perfekt, noch nicht einmal meine, aber dann taten sie etwas, das war wirklich das Schlimmste, was sie tun konnten, und ich verstehe bis heute nicht, dass sie dazu überhaupt in der Lage waren. Sie setzten mir einen anderen Welpen vor die Nase, noch dazu ein Mädchen.
Zutiefst war ich in meiner Ehre als Hausherr und männlicher Haushaltsvorstand gekränkt. Nicht nur, dass die Kleine so absolut kein Benehmen hatte, dass sie mir auf Schritt und Tritt nachlief und frech mein Futter fraß, wenn ich mir zu lange Zeit ließ, sie legte sich auch auf meine bevorzugten Liegeplätze. Wenn sie kam ging ich, doch sie ließ nicht locker. Immer war sie um mich, stupste mich, wedelte mit dem Schwanz, leckte mir die Lefzen, und auch wenn ich es nicht wollte, es gelang ihr doch irgendwie mich um den Finger zu wickeln, einfach indem sie nicht aufgab, und eigentlich – das musste ich schon zugeben – hatte mir ein Spielgefährte gefehlt. Nun war es zwar eine Spielgefährtin gewesen, aber da wusste ich zumindest mit Sicherheit, dass sie mir meinen Platz nicht streitig machte.
Und ich hasse es um irgendetwas zu kämpfen. Jetzt liege ich auf der Couch und die Kleine, die mittlerweile auch schon so groß ist wie ich, legt sich neben mich. Es ist gut, dass sie da ist, muss ich inzwischen eingestehen. Wie auch immer sie es gemacht hat, aber sie hat sich in mein Herz geschlichen und ich kann erst ruhig einschlafen, wenn sie da neben mir liegt.