Es geschah mitten in der Nacht. Natürlich hatte ich etliche Monate Zeit mich auf dieses Ereignis vorzubereiten, etliche Monate mich darauf einzustellen, eigentlich, doch wie kann man sich auf die Einmaligkeit und Unvergleichlichkeit vorbereiten? Wie sich einstellen auf etwas, das wohl alle bisherigen Erfahrungen weit in den Schatten stellt? Wie kann man sich bereithalten für die Wucht eines umfänglichen, unverwandten, doch so vertrauten Du? Es verleitet sehr stark das sich Gleichende zu sehen in den Menschen, bloß um Bescheid zu wissen, bloß um unverdächtig zu bleiben und der Besonderheit keinen Tribut leisten zu müssen. Es verführt zu sagen, letztendlich sind wir doch alle gleich. Physisch bis zu einem gewissen Grad, ja, wohl auch psychisch. Jeder Mensch muss atmen, essen, trinken und schlafen, bloß um zu Überleben, und das Überleben hat gewissen Vorteile, wenn man den Drang verspürt einige Zeit auf dieser Welt zu verbringen, und wer verspürte den nicht. Aber dann gibt es das über das bloße Überleben hinaus gehende, das über das sich Gleichende auf die Unvergleichlichkeit hinaus weisende. Meistens sehen wir es nicht, und das ist auch gut so, denn wir würden wohl nicht fertig werden mit all der Besonderheit.

Und es gibt keinen Beweis dafür, keinen Beweis für die Liebe, den Sinn und das Du. Natürlich, Dich als gegenüber kann ich benennen, und das tue ich auch, indem ich Dich schlicht bei dem Namen nenne, den Du erhalten hast, aber bist Du das als Du? Du existierst und das ist mein Beweis, aber er hinkt, denn die bloße Existenz eines Menschen ist noch kein Hinweis auf das Du, das ich als Du nenne. Bloß die Existenz als Menschen kann ich beweisen, nichts weiter. Und dann war es so weit, und ich hielt Dich in den Armen. Kleiner, hilfloser, verwundbarer Mensch, und doch schon so kraftvoll in Deinem So- und An-sich-Sein, und ja, ich wusste, wie es von statten geht, dass Du in meinem Körper wächst, wie Du Dich entwickelst, doch dass Du Du bist, dieses eine, kleine Menschenwesen unter all den anderen, das ist dieses Darüber-Hinaus-Gehende. Das was Dich in Wahrheit ausmacht, ist nicht die Vergleichbarkeit, sondern der Teil, der Dich unvergleichlich werden lässt, und dieses Mehr, dieses sich jeder Erklärung entziehende, da bin ich Gott begegnet.

Nein, es ist kein Beweis. Zu viele haben es vor mir versucht, und letztendlich, ob ontologisch, kosmologisch, teleologisch, und was es denn sonst noch an logischem gibt, sind sie alle gescheitert. Nicht, dass ich irgendeine Denkleistung gering schätzen möchte. All den Herren – und so weit ich das überblicke, sind es nur Herren – gebührt mein Respekt, gleichrangig für ihr Bemühen wie für ihr Scheitern. Letztendlich bleibt die Unerklärbarkeit. Ganz nahe sind sie dem Eigentlichen gekommen, jeder auf seinem Weg, und doch blieb immer dieses Mehr das ein Geheimnis bleiben muss, denn wie sollten wir mit unserem Denken ein Mehr an Denken einfangen, wie etwas benennen, wessen wir nicht gewärtig werden können, was ein Mehr als Alles besagt, nur ganz leicht können wir die Türe öffnen und ein schmaler Lichtstreifen fällt ins Dunkel der Unwissenheit, aber nicht, weil wir diese Türe geöffnet hätten, sondern weil sie uns geöffnet wurde.

Es ist kein Beweis, und nicht einmal ein Versuch eines Beweises, aber wer weiß, vielleicht hatten diese Herren nie die Möglichkeit diesen Augenblick zu erleben, wo Du in den Armen lagst, einzigartig und unvergleichlich, nichts weiter als Du, und wo die Augen ineinander fanden, da webte sich das Mehr als Alles zu einer festen Gewissheit, da bin ich Gott begegnet.

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Veronika Fischer

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fischundfleisch

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Silvia Jelincic

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