Es war eine bitter kalte Winternacht. Im Sommer, da war es nicht so schlimm, kein Dach über den Kopf zu haben. Sicher, auch da hatte ich mir Gedanken darüber machen müssen, wo ich etwas zu essen herbekam. Die Arbeiten, die ich verrichten konnte, in meinem Alter, die waren längst an andere vergeben, und den Niedlichkeitsbonus, wie ihn die Kinder haben, hatte ich schon längst nicht mehr, mit meinem grauen, zerzausten Bart und dem Bein, dass ich hinter mir her schliff, als würde es nicht zu mir gehören. Es war eine alte Kriegsverletzung, doch wer dachte schon noch an den Krieg, geschweige denn daran, dass ich noch immer unter den Folgen zu leiden hatte. Dann wollten sie auch nichts geben. Sollte er doch arbeiten, flüsterten sie hinter vorgehaltener Hand, doch wie sollte ich, alt und verkrüppelt wie ich war. Es lag nicht am Wollen, zumindest nicht an meinem, eher an dem der anderen, die mir keine Arbeit gaben.

Hoch erhobenen Hauptes schritten sie an mir vorüber, würdigten mich keines Blickes. Im Sommer war es noch gegangen. Irgendwie schaffte ich zumindest so viel zu erbetteln, dass es für eine Mahlzeit am Tag reichte, und ab und zu auch für eine Flasche Wein. Dann konnte ich mein Elend für ein paar Stunden vergessen, das Ausgestoßensein und die Vereinsamung. Dann konnte ich auch endlich wieder schlafen, ohne von Albträumen geschüttelt zu werden, doch im Winter, da war es anders. Die Menschen blieben mehr in ihren Häusern, und so kam es mehr als einmal vor, dass ich den ganzen Tag nichts zu essen bekam.

Die Herren Soldaten ritten an mir vorbei, und wenn ich nicht aufpasste, dann trampelten sie mit ihren Vollblütern über mich hinweg. Wahrscheinlich würden sie es gar nicht bemerken. Ab und zu dachte ich daran, ich könnte mich von so einem Gaul doch einfach tottrampeln lassen. Dann hätte ich das ganze Elend endlich hinter mir, spürte keinen Hunger mehr und keine Kälte, keinen Schmerz und kein Leid. Doch dann kam er, der feine Herr. War wohl besonders gut gelaunt an diesem Tag. Unvermittelt hielt er sein Pferd neben mir an und sah auf mich herunter. Ich hatte mich in die Hausecke gekauert, dort, wo ich zumindest vor dem Wind geschützt wäre. Sinnend sah er zu mir herab. Er musste wohl wissen, dass ich fror, denn er nahm seinen langen Umhang und schnitt ihn entzwei. Die eine Hälfte behielt er selbst, und die andere warf er mir zu.

„Ich danke Euch, Herr“, sagte ich pflichtbewusst, „Warum tut ihr das?“

„Weil Du mich dauerst“, antwortete er, er, der unverletzt und hübsch und jung noch war, er, der noch nichts wusste vom Leid und Elend, sah auf ihn herab und fühlte sich gut, ob seiner Großzügigkeit. Ja, es macht einen gleich zu einem guten Menschen.

„Wenn Ihr es ernst meint, dann hört Ihr auf mit Eurem Mitleid und der Heuchelei, mit der Selbstgefälligkeit und der Beruhigung Eures Gewissens, und steigt zu mir herab, zu uns, die hier unten im Elend sind, steigt herab und seht uns in die Augen, und dann werdet Ihr merken, was Ihr da macht, so von oben herab, das ist nichts weiter als Selbstbeweihräucherung.“

„Was soll das Kerl. Habe ich Dir nicht Gutes getan? Statt es zu nehmen und dankbar zu sein, wird er aufmüpfig und gierig!“, entgegnete der feine Herr Soldat, doch ich spürte seine Angst vor der Berührung, als wäre das Elend ansteckend, die Angst mir in die Augen zu sehen. Doch er blieb auf seinem hohen Ross sitzen, der gute Martin. Ich sah, wie seine Hand den Schwertgriff umspannte, doch im letzten Moment besann er sich wieder, trieb seinem Pferd die Sporen in die Seite und preschte davon, als würde er von den Erinnyen gejagt werden. Später erst erfuhr ich, dass er die Geschichte saumselig weitererzählte, doch in seiner Version, da wusste ich nicht aus vor Glück ob seiner Großzügigkeit und pries ihn wie einen Heiligen. Was doch die Geschichtsschreibung alles zu Wege bringt.

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Ich mag doch keine Fische vergeben
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fischundfleisch

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Darpan

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