So! Jetzt mal Klartext! Ich bemühe mich aufrichtig, ein übles Gefühl klammheimlicher Freude zu unterdrücken. Wirklich. Aber irgendetwas in mir möchte ausrufen: „Jetzt werdet ihr die Suppe, die ihr Euch in eurem Optimierungs- und Wachstumswahn eingelöffelt habt, auch auslöffeln, ihr Deppen.“
Ich hatte bereits gestern einen älteren Text von mir gepostet, in dem ich mit der mir eigenen Begrifflichkeit (ja, das Denken braucht auch mal neue Begriffe) versuchte, die Ereignisse zu erhellen. Eine meiner Thesen ist, dass wir die „soziale Matrix“, eine menschheitsgeschichtlich ungemein wertvolle Errungenschaft vernachlässigt haben. Egomanie und Hyperindividualismus sind halt gut für die Wirtschaft.
Allerdings ist die „soziale Matrix“ auch ein Schutzwall gegen die Kräfte der „biologischen Matrix“; wird erstere geschwächt, erstarkt letztere. Das Phänomen der zunehmenden Akte physischer Gewalt bestätigt mich in dieser Sichtweise. Das soll an dieser Stelle reichen.
Meine Sichtweise beschert mir auch in diesen Tagen angesichts der aufziehenden Pandemie interessante Perspektiven. Corona ist zunächst einmal ein rein biologisches Phänomen. Menschen werden krank und einige sterben. Das Beben in der sozialen Matrix erscheint mir aber schon jetzt gewaltiger als das in der biologischen. Es ist befürchten, dass das, was wir an Horrornachrichten über wirtschaftliche Desaster, Hamsterkäufe, Zusammenbruch des gesellschaftlichen Leben bis hin zu Panik, Stromausfall und möglichweise Plünderungen lesen, noch gar nicht die tatsächlichen Auswirkungen wiedergibt.
Aber ich will hier keine Panik verbreiten. Ich bin ohnehin überzeugt, dass diese Gesellschaft zusammenbrechen wird. Auch weil es zu viele „arme Nützlichkeitsseelen“ gibt, die zu jeder Knechtschaft bereit sind, wenn man sie nur in Ruhe lässt. Man will sich nicht kompromittieren, nicht anstoßen, nicht stören, nicht unbequem werden.” (Friedrich Naumann).
Mehr noch: Man ist aus Bequemlichkeit den Rattenfängern auf den Leim gegangen, die eine neue, sozialen Welt versprechen und stetiges Mehr, Mehr, Mehr! Man muss sich halt nur von den Traditionen lösen, globalistisch und indvidualistisch leben. Es fing schon in den 60er an, als die „Gesellschaft“ plötzlich an allem schuld war, abgeschafft gehörte mit ihren Zwängen, die der Entfaltung und dem Konsum des Individuums im Wege standen. Alle haben begeistert mitgemacht.
Jetzt hört man sie schreien! Angesichts von Corona soll der Staat alles regeln. Man kritisiert die Politiker, sie hätten nicht genug vorgesorgt. (Weiß Gott, ich bin kein Freund dieser Politdeppen, dieser Schönwetteradministration, aber man sollte die Kirche im Dorf lassen.)
Corona ist ein hervorragender Prüfstein. Nur Idioten können annehmen, der Staat und das öffentliche Gesundheitssystem könnten die Dinge im Griff behalten und für jeden Infizierten ein Bett in der Klinik bereithalten! Nicht mal ansatzweise!
Es scheint auch nicht nötig, denn es sieht so aus, als würden viele Infizierte nur geringe Symptome entwickeln, sehr viele wieder genesen, nur 16 Prozent einen schweren Krankheitsverlauf erleben und die Sterblichkeitsrate liegt zurzeit um die 2 % (genau weiß man das nicht, weil man dazu die exakte Zahl der Infizierten braucht), wobei eher Männer und Ältere sterben.
Wir hören in diesen Tagen immer wieder Stimmen von Ärzten, die darüber klagen, dass sie keine Schutzkleidung und keine Desinfektionsmittel bekommen. Es ist zu befürchten, dass es auch in Kliniken zu Engpässen kommt. Sie werden den Ansturm nicht bewältigen können. Und den wird es mit Sicherheit geben. Denn jeder, der die geringsten Symptome verspürt, wird zum Arzt rennen.
Ich weiß nicht, wie der Leser darüber denkt, aber ich halte das für keine gute Idee. Zuerst einmal ist die Chance recht groß, sich erst im Wartezimmer anzustecken und zweitens könnte es durchaus zu Tumulten kommen. Man muss nach den Berichten der letzten Jahre über die Zustände in den Notaufnahmen nicht ausführen, von wem diese Tumulte ausgehen.
Das unzweifelhaft Beste wäre es, erst einmal zuhause zu bleiben und zu versuchen, die Infektion, ob Corona oder nicht, auszukurieren. Das wäre auch im Hinblick auf die knappen Kapazitäten im Gesundheitssystem, die für die lebensbedrohlichen Fälle gebraucht werden, sinnvoll. Wenn es dann wirklich schlimm wird, kann man immer noch ins Krankenhaus fahren.
Aber das wird nicht geschehen! Weil die soziale Matrix, hier: die Familie, zerstört wurde.
Da ist in der Regel niemand, der dich pflegt, der auf dich aufpasst, für die kocht, die kalte Wickel macht, der den Notarzt ruft, wenn das Fieber außer Kontrolle gerät. Denn der Deutsche lebt meist allein.
„Die häufigste Wohnform ist der Singlehaushalt, rund 41 Prozent der Bevölkerung lebt allein, so das Statistische Bundesamt. In den Großstädten ist der Anteil noch viel höher. So sind in Hamburg aktuell 54 Prozent aller Haushalte von Singles bewohnt.“
Schlechte Karten, ganz schlechte Karten! Da bleibt dem Hyperindivdualisierten nur, - sicher ist sicher – in die Praxen und Kliniken zu pilgern und um ein Bett zu bitten. Aber dort wird man auf diesen Ansturm niemals vorbereitet sein.
So ist es auch in diesem Fall so. Die biologischen, zerstörerischen Kräfte werden durch die erodierte soziale Matrix kaum noch gebremst. Es wird übel enden. Klammheimliche Schadenfreude ist wirklich nicht angebracht.
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