Wenn es überhaupt etwas Gutes in diesen Zeiten gibt, dann ist es die Tatsache, dass immer mehr Menschen beginnen, über den Staatsapparat – Politik, Bürokratie und Justiz – und sein Verhältnis zum Volk grundsätzlich nachzudenken.
Zwischen den Polen „Das sind die Herrschen und wir die Untertanen“ und „Wir sind der Souverän und der Staat ist unser Dienstleister“ gibt es unzählige Betrachtungsweisen. Wichtig ist vor allem, dass wir aufhören, den Staatsapparat weiter wie die Luft, die uns umgibt, zu betrachten: allgegenwärtig, unverzichtbar, unsichtbar und so selbstverständlich, dass es nicht lohnt, darüber nachzudenken. Nichts am Staatsapparat ist selbstverständlich; alles ist das Ergebnis von Verträgen, Gesetzen, Konventionen und demokratischer Willensbildung. Oder sollte es jedenfalls sein.
Heute, wo sich dieser Apparat, der längst zum Moloch aufgeblasen scheint, anschickt, dieses Land irreversibel zu verändern und zu schädigen, sollten wir uns darauf besinnen, dass der Apparat selbst nicht irreversibel ist. Noch haben wir es in der Hand.
Als ich vor einem Jahr begann, mich in den Social Media politisch gegen die Migrationspolitik zu engagieren, war ich zunächst begeistert, so viele Gesinnungsgenossen zu treffen. Ich musste allerdings feststellen, dass der Eindruck täuschte, und dass es unter den Kritikern dieser in höchstem Maße destruktiven Politik zwei Gruppen gibt. Auf der einen Seite die, die zügellose Migration verurteilen, aber ansonsten der Meinung waren, Deutschland wäre ein alles in allem gutes Land. Und dann gibt es die, zu denen ich mich auch zähle, die Deutschland als eine durch und durch verwahrloste Republik sehen, die sich mit der Zuwanderung den Todesstoß versetzt.
Mir wurde das zum ersten Mal richtig bewusst, als Bundeskanzler Schröder die Agenda 2010 verkündete und die Hartz 4 Gesetze verabschiedet wurden. Damals entdeckte ich etwas, das ich den DEAL nannte.
Als Realist erschien mir Hartz 4 zunächst angemessen. In Zeiten geringeren Wachstums und wirtschaftlicher Krisen, wenn der Staat über weniger Geld verfügt, ist es legitim, die sozialen Leistungen zu kürzen. (Damals wussten wir ja alle noch nicht, dass der Staat – wie jetzt in der Migrationsfrage - in der Lage ist, hunderte Milliarden aus dem Hut zu zaubern, wenn er nur will.)
Eine Kürzung der Sozialleistungen könnte darüber hinaus auch durchaus positive Effekte Im Hinblick auf Eigeninitiative und Unternehmergeist haben, dachte ich und erinnerte mich an die vitale Geschäftigkeit, die ich überall in den Straßen Asiens erlebt hatte. Wäre so etwas auch bei uns möglich?
Keinesfalls, ganz unabhängig von den Unterschieden in der Mentalität. Der Grund ist eben jener DEAL. Er bezeichnet für mich die grundlegende Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen Staat und Bürgern, das Verhältnis zwischen sozialer Sicherheit und Freiheit.
Das Spektrum wird dabei von zwei Modellen markiert, die man „Schweden“ und „Thailand“ nennen könnte. In Schweden werden individuelle Freiheiten recht stark begrenzt, der Staat mischt sich in Vieles ein und die Steuern sind hoch. Dafür ver- und umsorgt er seine Bürger „von der Wiege bis ins Grab“. Ganz anders Thailand. Dort hat man wenig vom Staat zu erwarten. Dieser lässt dafür den Bürgern maximale Freiheiten. Die Steuern sind relativ gering und selbst Benzin ist vergleichsweise günstig. Schließlich müssen Menschen mobil sein, wenn sie für sich selbst sorgen müssen.
Beide Modelle erscheinen mir grundsätzlich fair. Letztlich ist es ein DEAL zwischen Staat und Bürgern, der davon abhängt, wofür man sich entscheidet. Der entscheidende Punkt ist allerdings, dass das Verhältnis zwischen Freiheit und Sozialleistungen stimmt. Es ist wie bei einer Waage, die stets im Gleichgewicht sein muss: Wenn man auf der einen Seite Sozialleistungen wegnimmt, muss man auf der anderen Seite „Freiheit“ dazu legen, damit das Gleichgewicht wieder stimmt.
Die logische Konsequenz aus den Hartz 4 Reformen hätte deshalb gelautet: Entbürokratisierung und Steuersenkung auf Produkte des täglichen Bedarfs und bspw. Benzin. Das ist natürlich nicht erfolgt und allein das macht in meinen Augen Reformen, die auf eine Kürzung der Sozialleistungen hinauslaufen, zu einer Ungerechtigkeit. Der DEAL ist geplatzt. Der Staat betrügt seine Bürger!
Leider scheint das kaum einer zu bemerken, denn den meisten Menschen ist nicht klar, dass alles, was der Staat tut, letztlich auf gegenseitigen Vereinbarungen beruht. Der Untertanengeist verhindert die kritische Betrachtung.
Es besteht auf keinerlei Hoffnung, dass sich grundsätzlich etwas ändert. Es wird zwar oft von „Entbürokratisierung“ gesprochen, tatsächlich nimmt die Zahl der Gesetze und Verordnungen stetig zu. Der Staat mischt sich immer stärker in das Leben der Bürger ein. Die Regulierungswut ist ungebrochen. Tumorartiges Wachstum der Bürokratie!
Die kaum wahrgenommene Dramatik verdeutlicht folgendes Bild:
Stellen wir uns Deutschland mit all seinen Menschen, Strukturen und Organisationen als einen menschlichen Körper vor. Das Land könnte das Skelett sein, die Bürger die roten Blutkörperchen, die Wirtschaft der Magen etc.. Aber man sollte es mit Metaphern nicht übertreiben.
Und nun stellen wir uns vor, dass der „Staat“, d.h. Politik und Bürokratie, ein wichtiges Zentralorgan in diesem Körper ist. Dann lässt sich konstatieren, dass dieses Organ hoffnungslos vom Krebs befallen ist. Es kommt seinen ursprünglichen Aufgaben immer weniger nach. Wir wissen, dass die gesamte Infrastruktur, wie Straßen, Brücken, Schulen zerfällt, dass der Staat seine Grenzen nicht mehr schützt und die Bürger immer schutzloser werden.
Gleichzeitig wuchert dieses kranke Organ immer weiter in den Körper hinein und verschlingt immer mehr Ressourcen, die an anderer Stelle fehlen. Schließlich streut der Krebs seine Tumorzellen in Form von immer mehr Bürokratie, Gesetzen und Verordnungen in den Organismus hinein und reduziert dessen Vitalität in drastischer Weise.
Es ist höchste zum Skalpell zu greifen und ein paar entschlossene Schnitte zu wagen!