In den 1950er Jahren ging es den Bauern noch gut. Die Agrarpreise waren hoch, und die Bauern hatten ein respektables Einkommen. Ein Bauer mit 15 Hektar hatte noch einen Knecht und eine Magd, die eher wenig verdient haben. Die meisten Bauern haben den „Rohertrag“ verwendet, um alle benötigten Maschinen zu kaufen. Das war ein Traktor Steyr 15er, ein Wendepflug, eine Egge, eine Sämaschine. Weiters brauchten sie noch einen Heuwender, ein Gebläse und einen Silohäcksler. Mit dem Maschinenkauf haben sich die Bauern arg verschuldet. So mancher Bauer hatte einen Wald, das war seine Sparkassa. In den 1960er Jahren kostete ein Festmeter Fichtenholz 500 Schilling. Das war gutes Geld, damit hat sich der Bauer einen VW-Käfer gekauft.

Ein Hilfsarbeiter verdiente damals 1.000 Schilling im Monat. Die Frau war bei den Kindern zu Hause. Sie hatten eine kleine und billige Wohnung. Das halbe Einkommen musste für Lebensmittel aufgewendet werden. Es gab nur am Sonntag einen Schweinebraten, selten eine Knackwurst auf den Teller, sonst Kartoffeln und Sauerkraut. Ein Hilfsarbeiter hatte ein Moped, nur die Handwerker (Maurer) hatten ein Motorrad.

In den 1960er Jahren kamen die Mähdrescher auf den Markt. Der Preis war hoch, damit haben sich viele Bauern übernommen.

Erst in den 1970er Jahren wurden die Maschinenringe gegründet. In dieser Organisation arbeiteten Bauern mit den eigenen Maschinen bei einem Nachbarn, der diese Maschine nicht hatte. So hatten beide einen Vorteil.

In den 1970er Jahren stiegen die Einkommen der Arbeiter und Angestellten kräftig durch Inflation, während die Agrarpreise nicht in dem Ausmaß angestiegen sind. Die Arbeiter hatten Samstag und Sonntag frei und konnten die Freizeit genießen.

Ein mir bekannter Bauer hatte 4 Kinder. Alle weigerten sich, den elterlichen Hof zu übernehmen, wo die Bäuerin jeden Tag nach Kuhstall stinkt. Der Bauer bewirtschaftete den Hof alleine weiter, solange er noch konnte, anschließend wurden seine Felder verpachtet. Der Altbauer haderte mit dem Schicksal, so hatte er sich das nicht vorgestellt, es war auch nicht seine Schuld.

Andere Jungbauern übernahmen zwar den Hof, sie fanden aber keine Frau, die Bäuerin werden wollte. Diese Bauern mussten nach 2000 aufgeben, weil sie keinen Nachfolger hatten.

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Der Wendepunkt kam mit dem EU-Beitritt Österreichs. In der EU waren die Agrarpreise viel niedriger. Trotzdem stimmten bei der Volksabstimmung viele ÖVP-orientierte Bauern für den EU-Beitritt. Ihr Argument: Drüben in Bayern leben die Bauern auch – und nicht schlechter als hier in Österreich. Sie hofften, mit den Subventionen doch auf ein annehmbares Einkommen zu kommen. Das war ein Trugschluss.

Die Lebensmittelpreise sind stark gefallen. Trotzdem haben die SPÖ- und FPÖ- orientierten Arbeiter auf den EU-Beitritt geschimpft. Ich sagte zu einem Arbeitskollegen: „Ein Netz mit 10 Semmeln kostet beim Hofer billiges Geld!“ Er erwiderte: „De Semmeln vom Hofa mog i net, de san nur gut zum Fische füttern!“

Zwischen 2010 und 2020 verfielen die Preise für Agrarprodukte derart, dass in manchen Jahren überhaupt kein Gewinn mehr erwirtschaftet werden konnte. Ein Bauernhof mit 25 Hektar wurde noch von einer Person bewirtschaftet, der Ehepartner hatte eine andere Arbeit, um das benötigte Geld herbeizuschaffen. Von diesem Hof hatten 1960 noch 3 Generationen gelebt: die Jugendlichen, Bauer und Bäuerin und die Altbauern, welche damals nur eine minimale Rente bekommen haben.

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Claudia56

Claudia56 bewertete diesen Eintrag 13.06.2020 12:57:01

Ungarischer Herrenreiter

Ungarischer Herrenreiter bewertete diesen Eintrag 12.06.2020 22:38:31

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