Deine Schönheit trifft mein Herz mit tausend glühend heißen Speerspitzen III

Er lag da, starrte ins Leere, versuchte verzweifelt die Rückkehr der Gedanken hinauszuzögern. Und doch: In diesem Zustand nahe dem absoluten Nullpunkt, hin und her taumelnd zwischen Schlaf und Wirklichkeit befiel ihn eine unerklärliche Angst, die scharf in seine Gedärme schnitt. Warum, wusste er nicht. Er hatte absolut keine Erklärung dafür. Es dauerte eine Weile, bis er sich wieder zurechtfand, ihr leises, regelmäßiges Atmen wahrnehmen konnte, erleichtert wieder zurück, hier bei ihr, Herr seiner Gedanken zu sein. Zufrieden zündete er sich eine Zigarette an, stand auf und ging auf die Toilette.

Sie erwachte aus ihrem traumlosen Schlaf, alleine, keine Ahnung, wo sie sich befand, wie sie hierhergekommen war, konnte sich nur erinnern, ihm an seiner Hand, ohne auf den Weg und die Umgebung geachtet zu haben, wortlos gefolgt zu sein, wohin er sie führte. Nervös, zaudernd, ängstlich schweifte ihr Blick durch das kahle, schummrige, kleine Zimmer, in dem nur das Bett an einer fensterlosen, mit Mückenleichen und schmutzigen Flecken übersäten, einstmals rosafarbenen Wand stand, auf dem sie nackt und schutzlos, zusammengerollt wie ein Fötus, regungslos lag. Direkt über dem Bett hinter ihr hing ein Foto, schwarzweiß, auf dem sie, so sehr sie sich auch bemühte, nichts erkennen konnte. Mitten im Raum hing einsam von der Decke an zwei dünnen Drähten eine verstaubte Glühbirne, die vermutlich weißen Vorhänge, jetzt dunkelgrau bis schwarz, und die Fensterläden, halb geschlossen, hielten den Raum in einer furchteinflößenden Düsterheit gefangen.

Laute Stimmen einer Frau – hysterisch, eines Mannes – wütend, das Schlagen einer Türe – täng!– und unbekannte Geräusche drangen an ihre Ohren, vor dem Haus hielt quietschend eine Straßenbahn.

In seinen Armen, getragen von seiner Leidenschaft und Lust, spürte sie nur Liebe, aber jetzt, getrennt von ihm, fühlte sie sich benutzt, fremd, schämte sich, wollte weg, nur weg, sprangen sie Dämonen der Angst und Verzweiflung mit feixenden Fratzen von allen Seiten her an, drangen tief in sie, fraßen sich schmatzend und schmerzvoll durch ihre Gedärme. Tränen der Verzweiflung und Angst überschwemmten ihr Gesicht in einem breiten Strom, vermischt mit dem Rotz, der ihr aus der Nase triefte. Schwindel, Übelkeit und Schmerz nahmen ihr den Atem, und doch war es für sie reinste Poesie und Liebkosung. Sie schwor bei allem, was ihr – heilig wollte sie jetzt nicht denken, sie entschied sich nach einigem hin und her, auch wenn sie es nicht ganz passend fand, aber doch ausreichend, für das was geschehen war, für – lieb war, es sei Liebe, es sei ihre Bestimmung, ihn wieder zum Leben zu erwecken, zu retten, ihn nicht untergehen zu lassen, so als würde dieses Bekenntnis sie von jeder erdenklichen Schuld freisprechen, sie erlösen. Angestrengt, verzweifelt versuchte sie, sich zu erinnern, zurückzuholen, was sie so voll Liebe hatte sein lassen, zu spüren, zu riechen, zu schmecken, dem sie sich in einem gewaltigen Rausch, wie selbstverständlich, gedankenlos, ohne Zögern, ohne Reue unterworfen hatte, das sie im Sturm fortgerissen und ein Trommelfeuer ungekannter Empfindungen in ihr gezündet hatte, die sie wegschmelzen ließen wie Wachs, bis ihr der Atem wegblieb, und die sie sich jetzt so flehentlich zurücksehnte. Sie hatte gedacht, sie hätte schon alles gesehen, erlebt und erlitten, es könnte sie nichts mehr überraschen und doch wurde sie überwältigt von all den Gefühlen, die sie durchströmten, ihre Gedanken in Besitz nahmen, sie festhielten, hin und her zerrten, sie fliegen ließen und wieder zu Boden schmetterten, die allesamt fremd und ungekannt waren, die zu erfahren sie ihr ganzes Leben erträumt, aber die Hoffnung auf Erfüllung schon längst aufgegeben hatte.

Ein metallisches lautes Klack! und das singende Knarren einer auf- und zugehenden Türe, vermischt mit dem Rauschen einer Toilettenspülung begleitet von einem tik-tik-tik in den durch das Zimmer verlaufenden Leitungen, schreckte sie aus ihren Visionen in Schwarzweiß, ihren Gelübden und Schwüren, Schritte eilten – back-back-back – auf sie zu, Hitze wallte aus der Mitte ihres Körpers, stieg jäh an die Hautoberfläche, floss über die Brustwarzen, das Herz pochte dröhnend gegen die Schläfen, die Augen verweigerten das Sehen, quälend lange, endlose Sekunden bis ausgestreckte Arme sie kräftig umfassten, sie drückten, hochhoben, Finger durch ihre Haare fuhren, ihren Rücken entlang glitten, Lippen die ihren küssten, als wären die Küsse der Atem. Ihr Herz blies sich auf mit Liebe, schnellte hoch wie ein Luftballon. Sie waren am Wendepunkt von Nacht zu Tag angelangt, alles schien selbstverständlich, vorherbestimmt und einfach, es gab nur noch Antworten anstelle von Fragen. Sie hatten nur noch das Tor, das weit offenstand, bevor es sich wieder für immer schließen würde, zu durchschreiten, ja zu Gewissheit, statt Zweifel, zu Hingabe statt Widerstand, zu wir statt ich zu sagen und abzuwarten, wohin sie geführt werden, die Kontrolle aufzugeben.

Sie sank seufzend auf das Bett zurück, bereit dazu, das Tor zu durchschreiten, sich bedingungslos zu unterwerfen, zog ihn mit sich hinab, legte seinen Kopf auf ihre jetzt flach gewordenen Brüste, er umspielte mit seiner Zunge die rosafarbenen Nippel und biss beide summend -

schöne, warme, weiche Frau,

ich erinnere mich genau

Turaluraluralu

ich mach BuBu -

was machst du?

hart– oi, oi!

Dieses Mal wurde es ein kurzes, aber intensives Vergnügen. Als es ihnen gekommen war, blieben sie einfach benommen liegen, wo sie gerade waren, ausgepumpt und leer, sie seinen Schwanz mit der Hand zärtlich drückend, er sein Bein zwischen ihren nasse Schenkeln, zu aufgelöst, um sich noch zu bewegen schliefen sie ein.

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Silvia Jelincic

Silvia Jelincic bewertete diesen Eintrag 04.05.2016 23:34:00

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