Diesen Kommentar schreibe ich zugegebenerweise im Zorn. Der ist bekanntlich ein schlechter Ratgeber, aber ob der offensichtlichen Kenntnislosigkeit von Journalisten und Politikern über selbst grundlegende Themen der Wirtschaft und des Rechts bleibt mir nichts anderes übrig.Der letzte Tropfen für den diesen Artikel war das Interview von Fr. Ida Metzger mit Hrn. Pfeiffer im Sonntags-Kurier über die Zielpunkt Insolvenz (Link zum Kurier-Artikel). Da fragt doch Fr. Metzger Herrn Pfeiffer, ob der Immobilienkauf nicht eine schiefe Optik auf die Insolvenz werfe. Abgesehen davon, dass dies offensichtlich zwei getrennte unternehmerische Vorgänge sind, würde ich Fr. Metzger gerne fragen, ob sie oder auch nur irgend ein anderer Mensch (egal ob Journalist, Minister, AK- , ÖAAB- oder ÖGB Funktionär) sein privates Geld einem hoch verschuldeten Menschen weiterhin schenken würde, wenn dieser nachweislich niemals die Möglichkeit hat, es jemals zurückzuzahlen. Würde sie es insbesondere dann tun, wenn sie wüsste, dass sie sich dabei auch noch persönlich strafbar machen würde? Ich behaupte, niemand von den vorgenannten Damen und Herren würde das selbst auch nur eine Sekunde lang einfallen. Das hält sie alle jedoch nicht davon ab, es sehr wohl von Hrn. Pfeiffer und seinem Unternehmen mit einer geradezu unglaublichen Selbstverständlichkeit zu fordern. Als ob Hr. Pfeiffer verpflichtet wäre, aus seiner Unternehmensgruppe weiter Geld in ein de-facto insolventes Unternehmen zu investieren, anstatt damit etwas zu machen was irgendwann auch wieder Geld bringen kann.Mythen über Unternehmer'Die Unternehmer, die haben's ja eh!', wie mir eine Dame diese Woche an der Zielpunkt Kassa zu verstehen gab, als in der Warteschlange eine Diskussion über die Insolvenz ausbrach. Nachdem ich nicht mehr still sein konnte ob der geballten versammelten Unwissenheit, und ich der Kundschaft einen kurzen Exkurs in das Insolvenzrecht gab, entbrannte eine interessante Diskussion. Ich fragte die Dame in der Schlange, ob sie sich wohl für die Kassierin neben ihr auch persönlich strafbar machen würde, wenn sie ja ach so stark hinter ihr stand? Mit der neuen Erkenntnis über die Tatbestände der Insolvenzverschleppung, Gläubigerbevorzugung und persönlicher Haftung der Geschäftsführung bewaffnet, gab es plötzlich keine einfachen Antworten mehr. Dass übrigens die Unternehmen den Insolvenzausgleichsfonds selbst speisen, und nicht die öffentliche Hand, wussten auch eher wenige in der Schlange. Bildungsfernen Menschen wie meinen dortigen Gesprächspartnern kann man solche Unwissenheit insgesamt weniger vorwerfen. Den AK- und ÖGB Spitzen sowie Minister Hundstorfer, aber auch den Journalisten aus den Wirtschaftsressorts sehr wohl. Von ihnen kann man verlangen, dass sie a) die geltende Rechtslage kennen, und b) erkennen, dass Hr. Pfeiffer und sein Unternehmen auch die Mitarbeiter bei den noch gesunden Unternehmensteilen Unimarkt, Nah und Frisch usw. schützen muss. Man amputiert ein Bein schließlich deshalb, damit nicht der ganze Organismus stirbt. Wenn er zu viel seiner freien Mittel bei Zielpunkt versenkt, kann seine Gruppe auch eine Krise in den Stammgeschäften nicht mehr meistern. Von den Medien leichtsinnig geschürte NeidkulturDie Ursache für diesen Umgang mit Unternehmern liegt meiner Meinung nach in zwei Gefühlen der arbeitenden Bevölkerung:
Einerseits darin, dass Unternehmer ihre Vermögen grundsätzlich unter Ausbeutung der arbeitenden Gesellschaft erworben haben. Dieses Gefühl resultiert hierzulande aus der ständigen Diktion von SPÖ, AK, ÖAAB und ÖGB, die ständig auf diese Art ihre Existenz rechtfertigen, selbst wenn sie damit Löcher in das Schiff bohren auf dem sie reisen.
Das zweite Gefühl der Menschen ist, dass Unternehmer offenbar grundsätzlich immer steinreich sind. Das hat meiner Meinung nach die Ursache, dass normale Menschen die Vermögenslage von Unternehmern völlig falsch einschätzen. Man erkennt das u.a. auch an der Feststellung von Fr. Metzger, dass Pfeiffers Familie laut Medienberichten offenbar 770M€ schwer wäre. Zwischen den Zeilen kann man ablesen, dass selbst sie denkt, da könne man ja wohl sicher irgendwie die Weihnachtsgelder zahlen, denn es geht ja nur um ein paar Millionen, die für Krösus Pfeiffer offenbar nur Peanuts sein können. Dass sie damit nach gängigem Wissensstand über die Zielpunkt-Insolvenz in Wahrheit fordert, Zahlungen an geltendem Insolvenzrecht vorbei zu tätigen und eine strafbare Gläubigerbevorzugung durchzuführen scheint sie dabei schon gar nicht zu bedenken.
Der Kern aber ist: Selbst eine Journalistin im Wirtschaftsressort des Kurier glaubt offenbar den Unsinn der Vermögensrankings in div. Zeitschriften. Würde sie sich die Bilanzen der Pfeiffer Gruppe auch nur eine halbe Stunde ansehen dann wüsste sie, dass sie mit ihrer Frage ihre Wirtschaftskompetenz nicht unbedingt ins Schaufenster stellt (auch wenn Hr. Pfeiffer offenbar zu höflich ist um darauf einzugehen). Der Unsinn der gängigen Vermögensberechnung
Ich habe selbst eine Firma, und wenn mich heute der „Trend“ oder die „Krone“ in einem Artikel bewerten würde, ich würde wohl als Multi-Millionär und somit Top 1% der Vermögenden im Land ausgewiesen (weil der Journalist so Pi mal Daumen einen gewissen Wert schätzen/festsetzen würde, meist basierend auf dem Umsatz, weil dieser am leichtesten herauszufinden ist). Von dieser Statistik würden dann andere Journalisten die nächsten 3 Jahre abschreiben, und es so zu einem unumstößlichen Faktum machen, dass sich bei mir am Konto die Millionen nur so türmen müssen.
Interessanterweise ist mein Konto aber meist genauso voll/leer wie bei einem normalen Menschen der einen halbwegs anspruchsvollen Job hat und eine Familie versorgen muss. Mein ausgewiesenes Betriebs-Vermögen ist ja rein fiktiv, es ist nichts was ich tatsächlich an Geld besitze. Ein persönliches Vermögen kann nur aus Gewinnausschüttungen entstehen, aber welches KMU kann schon ständig Gewinne ausschütten? Fragen Sie dazu irgend einen KMU Besitzer ihrer Wahl und sie werden die Wahrheit hören. Mein Betrieb bspw. stand über die Jahre durchaus schon ein paar mal knapp vor dem Konkurs, wenn ich ihn nicht mit persönlichen Haftungen für Bankkredite abgewendet hätte. In so einem Fall wäre mein Vermögen sogar kleiner als Null gewesen, in Form von persönlichen Schulden.
Betriebsvermögen hat deshalb mit echtem Vermögen wirklich rein gar nichts zu tun, es ist illiquide, rein theoretisch und nicht greifbar. Entgegen der landläufigen Meinung kann man einen Betrieb auch nicht einfach so verkaufen (oder selbst Teile davon) weil man ja erst einen passenden Käufer dafür finden muss der auch einen vernünftigen Preis bezahlt. Das ist meist ein langwieriger (kann Jahre dauern!) und manchmal sogar ein unmöglicher Prozess (je nach Unternehmen, Branche und Betriebserfolg). Es sind in Wahrheit mehr Betriebe unverkäuflich als man denkt.
Auch Mateschitz wird erst dann wirklich zum Milliardär wenn ihm Coca Cola die Firma abkauft. Davor existiert dieses Milliardenvermögen nur auf dem Papier. Es gibt wahrscheinlich außer Coca Cola und einer der Mega-Braufirmen in seinem Sektor kaum jemand der so viel Geld hat dass er die Firma überhaupt theoretisch kaufen kann, und dann stellt sich die Frage ob er überhaupt jemals verkaufen will, und natürlich kann auch Red Bull auf dem Weg dorthin mal ins Trudeln kommen. Sein liquides Vermögen ist daher mit Sicherheit substantiell geringer als die Milliardenbewertung die man immer im Gewinn, Trend, Format oder der Kronen Zeitung liest. Man muß sich sicher trotzdem keine Sorgen um Herrn Mateschitz machen weil Red Bull ein Ausnahmeunternehmen ist, aber es geht darum dass diese Berechnungen insgesamt unehrlich und schlicht grundfalsch sind.
Berechnet wird ständig Vermögen das noch gar nicht realisiert wurde. Illiquides Vermögen ist nicht gleich liquides Vermögen, und somit ist auch Pfeiffer nie im Leben 770M € schwer. Es wird ein Bruchteil (!) davon sein, und das sollten Wirtschaftsjournalisten wissen! Wichtiger Nebenpunkt: Der Pensionsanspruch von staatsnahen Bediensteten, z.B. in AK, ÖGB usw. wird in diesen Vermögenslisten nie erfasst, dabei wird dieses von der Gesellschaft für den Bezugsberechtigten erwirtschaftete (substantielle!) Vermögen tatsächlich immer liquide – ganz im Gegensatz zu Betriebsvermögen! So viel zum Thema „Gerechtigkeit“...
Fazit
Die Ahnungslosigkeit in der breiten Bevölkerung über geltendes Recht und grundlegende wirtschaftliche Zusammenhänge ist zwar schlimm und problematisch, aber noch irgendwie verständlich. Dass aber Politiker, Journalisten und Arbeitnehmervertreter so wenig Ahnung davon haben (oder vielleicht absichtlich so tun?), ist ein ernsthaftes Problem. Wie wollen wir in unserem Land die herrschenden wirtschaftlichen Probleme lösen, wenn so viele einflussreiche Menschen die Zusammenhänge und Regeln nicht kennen (wollen), und am Ende diese ganzen unsinnigen Vermögensrankings womöglich auch noch selbst glauben? Ich richte deshalb meinen Apell an die Journalisten in den Wirtschaftsressorts damit zu beginnen, eine Ehrlichkeit in die Debatte zu bringen, in dem die Vermögensberechnungsmethoden für die diversen Reiche-Menschen-Rankings geändert werden. Weg vom völlig fiktiven und dann auch meist völlig falsch berechneten Substanzvermögen von Unternehmen, hin zum tatsächlichen Vermögen in form von liquiden Mitteln, Immobilien, Mobilien, Betriebsmittel, Pensionsansprüchen usw. Vielleicht findet sich ja an der WU ein engagierter Diplomand, der für die Rankings neue, realistische aber einfach handzuhabende Berechnungsmethoden aufstellt, die auch Journalisten im Zeitalter der 5-Minuten Online-Recherche zu halbwegs brauchbaren Ergebnissen führen. Irgendjemand der sich dafür interessiert? Ein Startup mit einer schlauen App vielleicht?Allein mit ehrlichen Vermögensstatistiken würde schon mit vielen Mythen aufgeräumt werden. Und ich würde vielleicht für die Zukunft unseres schönen Landes ein bißchen weniger Schwarz sehen. Das wär‘ doch was!