Sowas überrascht denn doch: gerade in der angeblich besinnlichen und herbergssuche-gedenkenden Adventszeit wurden mir als gehandicaptem Obdachlosen die Schuhe und die Brille gestohlen worden, die ich zum Auslüften bzw. Nicht-Zerquetschen unter der Parkbank abgestellt hatte, auf der ich schlief.
Man glaubt gar nicht, wie kalt es sein kann, jetzt ohne Schuhe Laubhäufen zu durchwühlen im verzweifelten Versuch, Schuhe und Brille wiederzufinden.
Man glaubt gar nicht, wie unangenehm es ist, im Winter schuhlos durch die Stadt zu gehen, um sich ein neues Paar Schuhe zu besorgen. Aber wenigstens sorgt die städtische Anonymität dafür, dass sich niemand für einen interessiert, dass man nicht für verrückt erklärt wird.
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Und man glaubt es nicht, wie schön es ist, nach einer Schullos-Tour wieder Schuhe zu haben !
Der Versuch, polizeiliche Anzeige zu erstatten, endete damit, dass mein Ausweisfoto für veraltet eingestuft wurde, was mir nun noch weitere Mehrkosten einbringt. Ich werde mir also einen neuen Personalausweis zu Weihnachten schenken müssen, um nicht auch noch Strafe zahlen zu müssen (70 Euro Strafe für das Verwenden eines nicht-aktuellen Ausweisfotos).
Was den Diebstahl der Schuhe betraf, so war ich von Obdachlosenkollegen vorgewarnt, dass solcher vorkommen kann. Ich hatte das zwar irgendwie nicht ganz geglaubt, aber dann doch wegen der Warnung die billigsten Schuhe gekauft, die ich bekommen konnte, in diesem Fall um 9 Euro. Aber der Diebstahl der Brille verweundert dann doch: sie war relativ teuer gewesen und nicht mehr ganz neu, mit einem beschädigten Brillenglas, und sie hatte Gläser für meine Sichtprobleme; wer eine andere Dioptrienstärke hat, kann mit ihr gar nichts anfangen.
D. Knoflach
Die Adventszeit ist in der Tat - Achtung, Sarkasmus! - eine Zeit, in der die Herbergssuche ein großes Thema ist: zwar herrscht einerseits in der Adventszeit ein absolutes Nächtigungsverbot am Rathaus, wohl wegen des Weihnachtsmarkts, andererseits bieten die Standeln von den Weihnachtsmärkten mit ihren Vordächern so manche regengeschützte Nächtigungsmöglichkeit. Auch wird in der Nähe dieser Weihnachtsstandeln hin und wieder Essen übriggelassen, das Obdachlose sich dann aneignen können.
Im Dezember ist Obdachlosigkeit alles andere als lustig. Entsprechend gut muss die Ausrüstung sein. Es empfiehlt sich entweder ein spezieller Schlafsack oder eine Mehrfachlösung: Schlafsack und Kunststoffummantelung. Der kalte Wind kann so manchen Schlafsack durchblasen, und dann kann es passieren, dass man wegen der übergroßen Kälte nicht schlafen kann.
Wenn man eine Kunststoffummantelung verwendet, sollte man darauf achten, dass man nach der Nacht den Schlafsack trocken bekommt, denn auch die Atemluft bildet Kondenswasser. Zum Beispioel kann man den Schlafsack am nächsten Tag kurz auf einen Heizkörper in einem Öffentlichen Gebäude legen. Mit der gespreicherten Wärme trocknet er dann auch im zusammengerollten Zustand.
Auch Überdachung ist wichtig: die Kombination von Winterkälte und Nässe kann zu massiven gesundheitlichen Problemen führen; daher ist auch Tuberkulose unter Obdachlosen im Vergleich zur Normalbevölkerung weit verbreitet.
Allerdings gibt es immer wieder Anzeigen "freundlicher" Mitbürger, weil Obdachlose unter Überdachungen, beispielsweise Altstadtarkaden schlafen. Dann rückt die Polizei aus und exekutiert die Campierverordnung, die Campieren im Freien verbietet. Oft tut die Polizei das mit Entschuldigungen und unter Bedauern, mit Glückwünschen und der Anmerkung, dass man "leider" der Anzeige nachgehen müsse und "leider" das Gesetz vollziehen müsse. Oft ist es auch die Polizei, die einem Glück wünscht bei der Platzsuche, obwohl auch am anderen Platz das Campierverbot gilt.
Auch Kappe, Schal, lange Unterhose und Handschuhe sind wohl ein Muss bei so manchen Obdachlosen-Winternächten.
D.Knoflach
So klingt das für mich manchmal ...