Allgemeines Demonstrationsrecht nach FPÖ-Druck ausser Kraft gesetzt

Nachdem die FPÖ Druck gemacht hatte, wurde nun eine angebliche "Anti-Frankreich-Demo" (geplant: am Schwarzenbergplatz) verboten.

Angeblich weil einer der Organisatoren Postings und Videos geliket hatte, in dem die brennende französische Botschaft im Sudan gezeigt wurde, und in dem eine Rede mit Kritik an Frankreich geäußert wurde.

Interessanterweise hat die FPÖ in den 1990er Jahren nie protestiert, wenn z.B. Tschetniks bei pro-serbischen (ergo anti-kroatischen bzw. anti-bosniakischen) Demos teilgenommen hatten, was man im Nachhinein auch als Vorbereitungsdelikt in Zusammenhang mit den Kriegsverbrechen und Massakern von Srebrenica und Zepa sehen kann.

Generell stellt sich die Frage, ob derartige Demos einen kathartischen Effekt oder einen aufstachelnden Effekt haben. Aber auch diese Frage kann man nicht beantworten, ohne die Begleitaktionen der Medien, beispielsweise Diskussionen rund um das Demo-Thema.

Allgemein ist Österreich mit seinem bisher großzügigen Verhalten bei Demos recht gut gefahren, und der neue restriktive Kurs hat durchaus auch seine Tücken.

So könnte das Demoverbot die Veranstalter bzw. die radikalen Muslime mit einem Märtyrereffekt versehen und Österreich könnte sich den Ruf einhandeln als "verlogene Demokratie", in dem das Demonstrationsrecht nicht allgemein gilt, sondern nur eingeschränkt: Nicht-Muslime dürfen Demos veranstalten, Muslime nicht.

Dabei könnte auch und insbesondere eine Gruppe unter die Räder kommen: die reformorientierten Muslime, die Euro-Muslime, also genau diejenigen, von denen Kanzler Kurz bis vor ein apar Jahren noch sagte, dass sie ihm am Herz lägen.

https://www.krone.at/2271125

Auch die Bezeichnung "Anti-Frankreich-Demo", die von FPÖ und Medien vielfach verwendet wurde, ist möglicherweise manipulativ. Es geht vielleicht gar nicht prinzipiell darum, gegen Frankreich zu sein, sondern vielleicht eher dagegen, dass in Frankreich der Laizismus selektiv gehandhabt wird: lax, wenn ein Katholik die Wahlen gewinnt, hart gegen die Muslime, wie z.B. in der FRage der provokativen Zeigungen von Mohammed-Karikaturen durch Lehrer an französischen staatlichen Schulen.

Die Lage in Frankreich hat auch möglicherweise nichts mit Prinzipien oder mit Laizismus zu tun, sondern einfach mit Wahlkampf, und damit, dass die Wahlkampfauseinandersetzung in Frankreich hinauslaufen dürfte auf ein "Duell" Macron-gegen-LePen, eine Situation, in der Prinzipien keine Chance haben, sondern in der es um einen Kampf um die Wählermitte geht.

Alles in Allem handelt sich Österreich durch die Demoabsage möglicherweise eine radikalere Dschihadistenszene ein, als es sich durch ein Zulassen der Demo eingehandelt hätte.

Aber in der aufgeheizten, oft kopflosen Situation nach dem Wien-Terror spielen rationale Argumente eben keine Rolle, sondern es geht einzig und alleine darum, eine wütende, empörte, hasserfüllte Menge "einzufangen".

Es gab schon zahlreiche Male Demos von extremistischen Gruppen, mangels Vertretung in Parlamenten sind Demos ja quasi Instrumente von extremistischen Gruppen.

Aber Demos fast aller extremistischer Gruppen zu erlauben, hingegen diese Demo zu verbieten, wegen einem durchaus extremistischen Konnex, erscheint als Doppelmoral, die geeignet ist, den Glauben an die österreichische Rechtsstaatlichkeit zu zerstören, denn "Gleiches Recht für Alle!" ist eine der Grundlagen des Rechtsstaat, und bei einem Zusammenhang mit islamischem Extremismus alle Demos sofort zu verbieten, während man bei allen nicht-islamischen Extremismen ähnliche Demos nicht verbietet, erscheint durchaus problematisch.

Insbesondere problematisch kann sich das erweisen auf dem Gebiet der Aussenpolitik: Österreich hätte aufgrund seiner Tradition und Geschichte möglicherweise eine gewisse Handhabe gehabt, sich an internationalen Militäraktionen zur Zurückdrängung islamistischer Extremismen sinnvoll zu beteiligen, aber mit dem neuen Trend hin zu einem rein innenpolitischen Hardlinertum in Islamfragen, dürfte die aussenpolitische Option wohl zerstört sein, was sich langfristig noch als schwerer Fehler erweisen kann. ABer wer denkt schon an das Langfristige, wenn die Empörung über den Terror noch die Hirne verkleistert ? Außer ich vielleicht ? Einem unbedeutenden Blogger ?

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