Stalin darf man bejubeln, aber Hitler nicht ? Für einen Antitotalitaristen wäre das unakzeptabel.
Aber der Grundkonsens Österreichs ist ja laut Aussagen Vieler genau das:
ein antifaschistischer, aber kein antistalinistischer, kein antitotalitärer.
SPÖ-Bundesgeschäftsführer Max Lercher vertrat die Position, der Antifaschismus sei österreichische Staatsräson.
Auch zahlreiche Historiker mit SPÖ-Nähe haben die Position bezogen, es herrsche in Österreich ein antifaschistischer Grundkonsens.
Aber auch der Historiker Karner, der eigentlich eher ÖVP-Nähe hat, sprach in einem ORF-Interview von einem "antifaschistischem Grundkonsens".
Was soll denn das genau heissen ?
Man darf die These nicht vertreten, der spanische Herrscher General Francisco Franco sei kein Dämon gewesen, sondern im Vergleich zu Stalin oder der Sowjetunion das geringere Übel ?
Und man darf über die Tatsache nicht sprechen, dass sich Franco und Hitler über die Frage der Kriegsteilnahme Spaniens am Weltkrieg heftig zerstritten, weil dadurch der angebliche oder wirkliche spanische "Faschist" Franco besser bewertet würde, als es dem antifaschistischen Grundkonsens entspricht ???
Die Frage des antifaschistischen Grundkonsenses bzw. der antifaschistischen Staatsräson bezieht sich auf den Faschismus, bzw. den Faschismus-Begriff, bzw. die Faschismus-Definition.
Laut zahlreichen Faschismus-Definitionen sind zwei notwendige Bedingungen für Faschismus folgende:
Es muss sich am Anfang um eine neue, politische Bewegung handeln.
Sowohl die NSDAP als auch die faschistische Bewegung von Mussolini in Italien erfüllen die Bedingungen der Neuheit und des politischen Anfangs.
Aber bei Franco stand nicht die Politik am Anfang, sondern das Militär.
So gesehen ist Franco kein Faschist.
Im Jahr 1947 änderte sich die Haltung des Westens gegenüber Spanien und Franco. Vor 1947 wurde Franco als Faschist betrachtet, danach nicht mehr als Faschist, sondern als eine Art Antistalinist, als eine Art Antikommunist.
Also, wenn der österreichische Grundkonsens ein antifaschistischer sei, welche Position muß man dann gegenüber Franco haben ? Muß man ihn ablehnen oder befürworten, je nachdem, ob man die vor-1947-Einstufung vornimmt oder die nach-1947-Einstufung ?
Eine weitere Frage ist, welche Bedeutung der angebliche Grundkonsens überhaupt hat: wenn ein Grundkonsens besteht, den alle teilen, dann ist jede Debatte über diesen Grundkonsens ja völlig überflüssig, genauso, wie eine Debatte darüber sinnlos ist, ob zwei plus zwei vier ist.
Aber der angebliche Grundkonsens ist eher eine Art Herrschaftsinstrument der Mehrheit über die Minderheit: "Ihr Minderheitler habt eine andere Meinung, als die, die in der Mehrheit konsensfähig ist, daher müsst Ihr eure Meinung ändern, oder Ihr dürft nicht regieren!"
Aber das ist dann kein wirklicher Konsens mehr (denn das wäre eine Übereinstimmung Aller), sondern eine Mehrheitsmeinung.
Aber dafür, anders als die Mehrheit zu denken, kann man natürlich nicht gleichermaßen bestraft werden wie dafür, wie anders, als (Fast-)Alle zu denken.
"Ihr Freiheitliche verletzt den Konsens Aller!" ist irgendwie eine widersprüchliche Position: wenn die Freiheitlichen den Grundkonsens verletzen, dann ist es ja kein Grundkonsens, dem Alle zustimmen.
Wenn in Österreich ein antifaschistischer Grundkonsens herrschen sollte, muß man dann den ehemaligen österreichischen Bundeskanzler Dr. Karl Renner (SPÖ) hassen oder als Faschisten betrachten, weil er 1938 für den Anschluss an Nazi-Deutschland stimmte ?
Wenn in Österreich ein antifaschistischer Grundkonsens herrschen sollte, muß man dann den britischen Premier Chamberlain als Faschisten betrachten, weil er eine Appeasement-Politik gegenüber Hitler und Nazideutschland betrieb ?
Gemeinfrei / Revista Argentina https://de.wikipedia.org/wiki/Francisco_Franco#/media/File:Franco0001.PNG
General Franco: Faschist oder Antistalinist ? Mit Hitler verbündet (im spanischen Bürgerkrieg) oder mit Hitler zerstritten (bzgl. zweitem Weltkrieg) ?