Innenminister Kickl erließ eine Art Informations-Sperre für kritische, vielleicht überkritische Medien. Im Umgang mit "Kurier", "Standard" und "Falter" sei der Medienkontakt auf das notwendige Minimum zu beschränken, so der Minister in einem Rundschreiben.

Also, ehrlich gesagt, ich habe ein gewisses Verständnis dafür, bei dem einen Medium mehr, bei dem anderen weniger.

In der Polizei bzw. in den Pressestellen der Polizei gibt es schon seit längerem eine Art Zurückhaltung bei den Medienkontakten. Ich wurde da mit meinen Recherche-Bemühungen zum Kollateralopfer einer Restriktion, die eigentlich Andere meinte. So gesehen ist der Kickl-Erlass nur eine Transparentmachung bereits bisher praktizierter medialer Zurückhaltung.

Der frühere Doyen des österreichischen Journalismus, Günther Nenning, sagte einmal, "Journalisten sind G´fraster". (Für Bundesdeutsche: ein G´frast ist im Wienerischen ein schlimmes Kind)

Und tatsächlich ist die Berichterstattung oft einseitig und parteiisch, wobei Standard und Falter als rot-grüne Medien einzustufen sind, der Kurier hingegen als schwarz-rot.

Mit anderen Worten: diese Medien berichten nicht objektiv, sondern betreiben Wahlkampf und Schlammschlacht und Kampagnenjournalismus, was in einer Demokratie, in der eine narrenfreiheitsgleiche Medienfreiheit gilt, erlaubt ist, aber ebenso erlaubt ist, dass ein Minister Medienkontakte auf das Notwendige beschränkt.

Genauso, wie es kein Gesetz gibt, das Kampagnenjournalismus verbietet, gibt es kein Gesetz, das ministerielle Info-Verringerungen verbietet.

Aber letztlich ist es irgendwie auch egal, ob Info-Sperre oder nicht: die genannten Medien mögen Kickl sowieso nicht, und das schon seit langem, und nun werden sie ihn halt nicht mehr wegen Polizeimassnahmen, sondern wegen der Info-Sperre kritisieren.

Man kann das auch als Kickls Selbstopferung sehen: indem er die Pfeile der Medien durch die Info-Sperre auf sich zieht, ermöglicht er der Polizei, ihren Dienst zu machen, unbehelligt von Medien, die jeden noch so kleinen und verständlichen Polizeifehler oder jedes Ereignis, das ein kleiner Polizeifehler sein könnte, hochspielen, nur um Kickl und die FPÖ-Regierungsbeteiligung zu bekämpfen.

Wenn ÖVP oder SPÖ "message control" betreiben, also etwas ganz Ähnliches wie Kickl, dann wird darüber kaum berichtet. Es stellt sich die Frage, ob bei soviel Doppelmoral die Medien sich nicht selbst beschädigen. Eine weitere Doppelmoral ist die Tatsache, dass manche der betroffenen Medien die Sperre, die der damalige SPÖ-Parteivorsitzende Kern gegen die Tageszeitung "Österreich" oder gegen das ORF-"Bürgerform" verhängte, guthiessen oder verschwiegen und vertuschten.

Gerade in diesem Zusammenhang gibt es auch die Überlegung eines parteilosen Innenministers, verbunden mit der Hoffnung, dass durch die Parteilosigkeit der Quasi-"Zwang" für Medien, insbesondere für oppositionsnahe Medien, ihre mediale Macht für Parteipolitik und Kampagnenjournalismus zu mißbrauchen, verschwinden oder zumindest sinken könnte.

Eine Überlegung, die bisher allerdings von keiner einzigen Partei realisiert wurde. Der Appetit danach, ein Ministeramt für Parteipolitik zu ge- bzw. mißbrauchen, ist vielleicht genauso groß, wie der Appetit der Medien, ihre Macht zu mißbrauchen.

Bei dieser Form von Problematik spielt immer eine Rolle, inwieweit die verschiedenen Parteien einen gleichberechtigten Medienzugang haben oder nicht.

Gerade neue oder stark gewachsene Parteien haben oft keine oder nur wenige nahestehende Journalisten und -innen in den Medien, wodurch das Verhältnis Politik-Medien asymmetrisch ist.

6
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
6 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

Wiesi

Wiesi bewertete diesen Eintrag 27.09.2018 10:00:44

Dieter Knoflach

Dieter Knoflach bewertete diesen Eintrag 26.09.2018 15:37:36

bianka.thon

bianka.thon bewertete diesen Eintrag 26.09.2018 12:10:26

Aron Sperber

Aron Sperber bewertete diesen Eintrag 25.09.2018 23:49:50

Roland von Gilead

Roland von Gilead bewertete diesen Eintrag 25.09.2018 22:21:04

philip.blake

philip.blake bewertete diesen Eintrag 25.09.2018 22:01:49

10 Kommentare

Mehr von Dieter Knoflach