Laut Umfragen (die wie so oft sehr unzuverlässig, bzw. durch korrupte Prozesse erkauft sind, wie die Ereignisse, die im Kanzler-Kurz-Rücktritt endeten, beweisen) würde eine Mehrheit der Österreicher den NATO-Beitritt ablehnen, im Unterschied zu Schweden und Finnland, in denen es wegen der massiven Bedrohung durch Putin und Russland einem massive Mehrheit für NATO-Beitritt und NATO-Beitrittsgesuche gibt.
Auf jeden Fall ist das Versprechen österreichischer Politiker und -innen im EU-Beitritts-"Wahlkampf" 1994, man werde zusammen mit den anderen neutralen Staaten Finnland und Schweden eine starke neutrale Stimme in der EU bilden, genauso als Wahlkampflüge oder als Wahlkampfillusion geendet, wie das bei der österreichischen Politrhetorik so oft ist.
Allerdings gibt es auch einige wenige konsequente Stimmen von routinierten österreichischen Sicherheitspolitikern, wie z.B. dem ehemaligen Verteidigungsminister Fasslabend (ÖVP), der seit langem einem NATO-Beitritt befürwortend gegenübersteht, mit dem Argument, es sei besser, drinnen mitzubestimmen, statt draussen ewig zu warten und stimmlos und untätig und ahnungslos sein zu müssen.
Hier ein Video von einer Veranstaltung an der Diplomatischen Akademie Wien mit ehem. Verteidigungsminister Fasslabend und Major Reisner, der zahlreiche Ukrainekriegskommentare machte.
Allerdings sind die Österreicher und -innen vielleicht aus der neutralen Tradition heraus so sehr erzogen zu Machtlosigkeit und zum "Motschkern", also zum "Schimpfen", zum "Granteln" (der sich vom "Grant", also dem Zorn, den man ablässt, ableitet) über die angeblich Mächtigen, dass sie scheinbar mehrheitlich gar kein Interesse mehr daran haben, sich selbst einzubringen und über die internen Entscheidungsprozesse aus erster Hand informiert zu werden - es könnte ja die eigenen falschen Vorurteile widerlegen.
Auch die Aktivität eines Großteil der politische Klasse, der lieber populistisch und machtlos irgendwelche weltfremden Positionen hinausposaunt und vertritt, und dann hinterher so tut, als wäre mit Sicherheit alles besser gekommen, wenn man nur dem österreichisch-neutralen Vorschlag gefolgt wäre, ist scheinbar ein Erfolgsmodell bei einem ziemlich großen Teil der scheinbar ahnungslosen österreichischen Wähler- und Wählerinnen-schaft.
Das ganze ist irgendwie ziemlich dumpfes Ressentiment gegenüber den Mächtigen (in diesem Falle NATO), das vermutlich auch innenpolitisch abfärbt, und Wasser auf die Mühlen des dumpfen FPÖ-Ressentiments ist.
Die Position, dass Österreich seine relative Sicherheit der NATO, zum Beispiel der NATO-Nachrüstung aus dem Jahr 1979 verdankt, die ein friedenssicherndes atomares Gleichgewicht zwischen östlichen SS-20-Atomraketen in der DDR und westlichen Pershing-Atomraketen in der BRD schuf, ist im österreichischen Diskurs und in den österreichischen Medien und in der österreichischen Politik praktisch nicht zu finden, und kann eben deswegen auch nicht die Stimmung im Volk beeinflussen.
Auch die Position, dass Österreich längst schon in alle Himmelsrichtungen von NATO-Ländern umgeben ist, die einen Schutzschirm bilden, der österreichische Verteidigung und österreichische Armee eigentlich unnötig macht, ist in Politik und Medien nicht zu finden und daher auch einflusslos auf die Stimmung im Volk.
Auch die Position, dass Österreich sich sein extrem niedriges Verteidigungsbudget nur deswegen "leisten" kann, weil Österreich seine Verteidigung auf die umgebende NATO abgeschoben hat, dass Österreich sozusagen ein unmoralischer Sicherheitsschmarotzer und Gratis-Trittbrettfahrer der europäischen Sicherheitpolitik ist, ist in Politik und Medien nicht zu finden, und kann daher auch die Stimmung im Volk nicht beeinflussen.
Alles in Allem macht Österreich in dieser Frage den Eindruck eines Schildbürgerstaats, ähnlich wie damals in den späten 1970er Jahren, als die österreichische Regierung (Kreisky, SPÖ) beschloss, erst ein Atomkraftwerk (nämlich Zwentendorf) zu bauen, und erst hinterher eine Volksabstimmung darüber zu machen, sie sehr wesentlich deswegen gegen Atomkraft ausging, weil Kreisky versprochen hatte, zurückzutreten, wenn die Abstimmung gegen Zwentendorf ausgeht und er dadurch sehr viele atomkraftbefürwortende ÖVP-Anhänger dazu brachte, sich der Stimme zu enthalten oder gegen Atomkraft zu stimmen.
Übrigens endete die Zwentendorf-Abstimmung damit, dass die Regierung Kreisky Atomstromlieferverträge mit der Ukraine, bzw. mit der Sowjetunion abschloss, und man kann vermuten, dass der AKW-Unfall in Tschernobyl 1986 damit zusammenhing, dass versucht wurde, herauszufinden, wie man für den Stromexport (z.B. nach Österreich) mehr aus dem AKW "herausholen" kann.
Auch dieser Aspekt wurde in Österreich von Politik und Medien konsequent verschwiegen, weil wir sind ja so nett und lieb und perfekt wie die Mozartkugel, die übrigens unsere Hauptwaffe zu sein scheint, neben dem Rotwein aus der Wachau, mit dem laut dem Austro-Mythos die sowjetische Delegation bei den Staatsvertragsverhandlungen 1955 zu einem Kompromiss gebracht worden sei.
Was natürlich alles Blödsinn ist: die russische/sowjetische Delegation änderte ihre Position üebrhaupt nicht nur wegen einer Flasche Rotwein aus der Wachau - alles bloß Propagandalüge und Verkaufsschmäh der österreichischen Winzerbranche - Aussenminister war damals Figl (ÖVP), selbst aus dem bäuerlichen Bereich ....
Die österreichische "Verteidigungsdoktrin" im Kalten Krieg, also vielleicht bis 1991, oder vielleicht bis heute, lief darauf hinaus, dass das österreichische Bundesheer Truppen des östlichen Warschauer Pakts bzw. Truppen aus dem Osten einige Tage oder Wochen beim Durchmarsch durch das Donautal aufhalten soll, bis "wirkliches" Militär kommt, aus Deutschland oder von der NATO - inwieweit das neutral ist, möge Jeder und Jede selbst entscheiden, aber politisch und kulturell war Österreich nicht wirklich neutral, sondern eindeutig pro-westlich, mit Demokratie und Regierungswechseln und freien Wahlen.
Eine völlig seltsame Position, die auch die österreichische Halbherzigkeit und österreichische Inkonsequenz zeigt, war auch die österreichische Position in den jugoslawischen Kriegen der 1990er-Jahre: "Wir machen die Diagnose, die Operation müssen andere machen"
Wer nicht bereit ist, etwas beizutragen, der kann auch nicht bestimmen oder auch nur mitbestimmen, was passiert - ist nun einmal so, auch wenn hoffnungslose Populisten und Populistinnen dem österreichischen Wahlvolk das Gegenteil einredeten.
Die österreichische Inkonsequenz und Prinzipienlosigkeit widerspiegelt sich auch im dramatischen Werk von Grillparzer, der in seinem Stück "Bruderzwist im Hause Habsburg" sagen lässt:
"Das ist der Fluch von unserm edeln Haus:
Auf halben Wegen und zu halber Tat
Mit halben Mitteln zauderhaft zu streben.
Ja oder nein, hier ist kein Mittelweg."
Mag sein, dass die Habsburger mit ihrer Heiratspolitik sich teilweise ersparten, sich mit militärischen Fragen auseinanderzusetzen, aber die Konsequenzen waren auch hier teilweise fürchterlich: die Unfähigkeit, sich in den schlesische Kriegen 1740-1763 gegen das damals klitzekleine Preussen zu verteidigen und Schlesien an Preussen zu verlieren (aber Maria Theresia war sich wenigstens ihrer militärischen Unfähigkeit bewusst und ehrlich genug, diese anzusprechen, zum Beispiel durch Gründung des Maria-Theresia-Militärordens, den man dafür bekommt, neben anderen Bedingungen den Befehlen zuwider zu handeln), die schwere Niederlage bei Königgrätz 1866, auch wegen technologischer Unterlegenheit (langsame österreichische Vorderlader-Gewehre gegen schnelle preussische Hinterlader-Gewehre).
CC BY-SA / Clemens Pfeiffer https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Mozartkugeln-Fuerst.jpg
Mozartkugeln (oben) und Schwedenbomben (unten), die Hauptwaffen der österreichischen "Verteidigungspolitik", in einem Land, das sich eine minimale Scheinarmee leistet, eine Potemkin´sche Armee, benannt nach dem russischen Premierminister Potjomkin, der zu Zeiten von Kaiserin Katharina, der mehr oder weniger Großen, reine potemkin´schen Kulissendörfer auf der Halbinsel Krim (welch ein Bezug zu Ukrainekrieg und der russischen Tendenz zum Schein) errichten liess, um einen falschen Eindruck zu erweceken.
CC BY-SA / sweetmouse https://de.wikipedia.org/wiki/Schwedenbombe#/media/Datei:Schwedenbomben_Packung.JPG