Im frisch erschienen Buch "AfD und FPÖ, Antisemitismus, völkischer Nationalismus und Geschlechterbilder" schreibt Karin Stögner über Barbara Rosenkranz, ehemalige FPÖ-Präsidentschaftskandidatin und FPÖ-NÖ-Landeshauptfrau:
"2010 antwortete Barbara Rosenkranz, damals Präsidentschaftskandidatin der FPÖ, auf die Frage, ob der Holocaust stattgefunden habe, dass sie nur über das Wissen aus der Schule von 1964-1975 verfüge und nicht vorhabe, daran etwas zu ändern. Bekanntlichermaßen endete der Geschichtsunterricht zu dieser Zeit in Österreich mit dem Ersten Weltkrieg."
Diese Aussage hat möglicherweise eine gewisse Nähe zu Holocaust-Leugnung und ist möglicherweise einer der Gründe, warum Barbara Rosenkranz bei der damaligen Präsidentschaftswahl schlechter abgeschnitten hat, als sie abschneiden hätte können.
Also, ehrlich gesagt, ich halte diese Aussage für irgendwie unglaubwürdig. Barbara Rosenkranz hat ab 1976 Geschichte studiert, und ich, der ich in den 1990er Jahren nach Wien übersiedelte, habe sie selbst des Öfteren in der Nähe von bzw. in Universitätsbibliotheken gesehen.
So gesehen halte ich es für durchaus möglich, dass sie auch andere Quellen als Schulbücher, nämlich zumindest Universitätsbibliotheksbücher in Bezug auf den Nationalsozialismus las.
Jetzt einmal rein theoretisch angenommen, Rosenkranz hat nicht nur wie behauptet, in Schulbüchern, sondern auch in Universitätsbibliotheksbüchern über die damalige Zeit, also auch über den Holocaust gelesen, was könnten dann Motive sein dafür, dass sie die Unwahrheit, bzw. nicht die volle Wahrheit sagte ?
Möglichkeit 1) Barbara Rosenkranz erhielt die Bundespräsidentschaftskandidatur nur unter der Bedingung, dass sie genau dieses sagen muss.
Möglichkeit 2) Es gibt eine Absprache, dass Barbara Rosenkranz im Falle des Scheitern ihrer Bundespräsidentschaftskandidatur nur dann Niederösterreichische Landesparteivorsitzende und Spitzenkandidatin wird bzw. bleibt, wenn sie genau das sagt.
In diesem Falle würde sich die Frage stellen, ob die Ablöse von Rosenkranz als Landesparteivorsitzende durch Bundesparteiobmann H.C. Strache einen Vereinbarungsbruch darstellt.
Möglichkeit 3) Es war eine Provokation und eine Ausgrenzungsbettelei, wie sie in der FPÖ sehr häufig war. Die Absicht von Rosenkranz wäre dann nur gewesen, Fehleinschätzungen durch politische Gegner zu provozieren.
Die Kritik von SPÖ-nahen Frauen oder grün-nahen Frauen an Rosenkranz, die vielfach sehr malevolent (böswillig) ist bzw. zu sein scheint, scheint auch zu beweisen, dass die viel beschworene Frauensolidarität nicht existiert; dass parteipolitische Grabenkämpfe zwischen Links und Rechts mögliche lagerübergreifende Frauensolidarität verhindern und damit auch die Stellung der Frauen im Allgemeinen verschlechtern.
Ob das wirklich Feminismus ist, wenn vielleicht aus Parteiloyalität und aus Wahlkampf gegen das jeweils andere Lager das schwache Band der Frauensolidarität zerrissen wird und damit die Stellung der Frauen im Allgemeinen verschlechtert, möchte ich nun einmal offenlassen.
Man kann das auch als Bestätigung von Michael Häupls Sager, Wahlkampf sei die Zeit der fokussierten Unintelligenz, betrachten.
(Barbara Rosenkranz, Ex-FPÖ-Bundespräsidentschaftskandidatin, Ex-FPÖ-NÖ-Landesparteiobfrau; Bild-Copyright: Christian Jansky / Wikipedia)
Unter der verstorbenen SPÖ-Nationalratspräsidentin Barbara Prammer wäre das möglicherweise unmöglich gewesen, verlieh Prammer doch ein Ehrenzeichen an Rosenkranz:
(Bild-Copyright: Pappenheim/Szczebrzeszynski/Wikipedia bzw. gemeinfrei; 19. Juni 2007)