Es ist keinswegs so, als gäbe ein breites Bauernsterben, so wie das manche skandalisierende Beiträger in dubiosen Internetforen behaupten.
Vielmehr gibt es in Österreich den Trend dazu, dass die Betriebsgröße des durchschnittlichen landwirtschaftlichen Betriebes steigt, hingegen die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe schrumpft.
Dieser Konzentrationsprozess, also der Trend zu größeren Einheiten, hält nun schon sehr lange an und scheint weiterzugehen.
Scheinbar deswegen, weil sich bei einer größeren Betriebsgröße die Sache eher "rechnet", während Kleinbetriebe Schwierigkeiten haben, konkurrenzfähig zu produzieren.
Österreich hat traditionell eine sehr kleine strukturierte Landwirtschaft (viele Bauern - wenig Fläche, könnte man sagen), was wirtschaftlich gesehen vielfach ineffizient ist und die Kosten für die Konsumenten nach oben treibt.
Österreich als Land mit sehr kleinen durchschnittlichen landwirtschaftlichen Betrieb ist gleichzeitig das Land in der EU mit den höchsten oder zweithöchsten Lebensmittelpreisen (je nach Gut) für die Konsumenten, was kein Zufall, sondern kausaler Zusammenhang sein dürfte.
Einer der Gründe, warum landwirtschaftliche Kleinbetriebe ineffizient sind, sind die Fixkosten und die geringe Nutzung: ein Traktor kostet gleich viel, egal, ob für einen Großbetrieb oder einen Kleinbetrieb, aber in einem Großbetrieb ist er viel intensiver und öfter genutzt, während dieses teure Gerät und seine teure Ausstattung und Zubehör oft ungenutzt herumsteht und altert, ohne die eigenen Kosten zu erwirtschaften.
In Österreich beträgt die durchschnittliche Betriebsgröße eines landwirtschaftlichen Betriebes 40 Hektar, in Deutschland sind es 64 Hektar.
Es gibt auch in praktisch allen anderen Ländern den Trend zur Konzentration, also den Trend zu weniger Betrieben mit jeweils mehr Fläche. Diejenigen bäuerlichen Betriebe, die expandieren und wachsen und Flächen dazuerwerben, bzw. die Produktionsmittel dafür, brauchen dazu erhebliches Kapital, so gesehen scheint es ihnen nicht so schlecht zu gehen, wie von skandalisierenden Oppositionspolitikern und skandalisierenden Bloggern behauptet.
Gerade die jetzige Situation hoher Lebensmittelpreise bietet für Bauern viele Chancen im Direktmarketing.
Und der bäuerliche Sektor ist natürlichj eine Besonderheit in Hinblick auf die staatlichen Subventionen, bzw. Subventionen von der EU. Was es da alles gibt an Flächenförderungen, Stillegungsprämien, etc.
Und in Diskussion ist eine Umstellung der Flächenförderung auf die Subjektförderung, dass also nicht mehr jeder Betrieb eine Förderung bekommt, die umso größer ist, je größer die Betriebsfläche ist, sondern dass jeder bäuerliche Betrieb, egal, ob groß oder klein, dieselbe Förderung bekommt.
Generell kann man diese Förderungen durch Staatsgelder, Landesgelder oder EU-Gelder im bäuerlichen Sektor auch kritisch sehen, denn gerechtfertigt wird das oft mit dem "Landschaftspfleger"-Argument: Bauern seien heute weniger Produzenten landwirtschaftlicher Produkte, sondern Pfleger der Landschaft, die für den Tourismus wichtig sei.
Es stellt sich die Frage, ob die Corona-Krise, die auch zu einem starken Tourismusrückgang führte, nicht auch zu einem starken Rückgang der mit dem Tourismus zusammenhängenden Landschaftspflegeförderung hätte führen müssen.
Weitere, teils fragwürdige Argumente dafür, warum die öffentlichen Hände (Bund, Land, EU) die Bauern angeblich fördern sollten ohne Produktionszusammenhang (!!!!!), sind:
.) Beitrag zur Ernährungssicherheit (bei diesen Importmöglichkeiten sehr fraglich)
.) Arbeitsplatzsicherung im ländlichen Raum (klingt so wie das Arbeitsplatzsicherungsargument in der Verstaatlichten Industrie kurz vor ihrem Kollaps!)
.) Beitrag zur Infrastrukturerhaltung
.) Beitrag zur Erhaltung der Mindestbevölkerungsdichte im ländlichen Raum
.) Bearbeiten von Kohlenstoffsenken wie Wäldern (betrifft eigentlich die Forstwirtschaft, aber viele landwirtschaftliche Betriebe haben gleichzeitig forstwirtschaftliche Flächen)
Apropos EU: die GAP (Gemeinsame Agrarpolitik der EU) sollte man nicht mit der GASP (Gemeinsame Aussen- und Sicherheitspolitik der EU) verwechseln, auch wenn eine Verwechslung naheliegend ist.
Die GAP der EU kommt übrigens sehr wesentlich französischen Bauern zugute und sie kam in sehr geringem Maße Großbritannien zugute, was neben vielen anderen Gründen ein wichtiger Grund für den Brexit (also den Austritt von GB aus der EU) gewesen sein dürfte. ABgesehen davon war der Brexit sehr günstig, weil GB als einziges EU-Land in das Budapester Memorandum von 1994 verwickelt war, das Garantien von USA, GB und Russland für die ukrainischen Grenzen vorsah im Gegenzug dazu, dass die Ukraine seine Atomwaffen oder seine Teilatomwaffen an Russland übergab (Teilatomwaffen, weil die Kontrollsysteme für die ukrainischen Atomwaffen in Moskau waren).
Aber die ÖVP als Kanzlerpartei und gleichzeitig Bauernpartei ist vermutlich die allerletzte, die den Bauern zumindest zeitweise unberechtigte Förderungen streichen würde.
Dass die FPÖ, bzw. ihre Internetpropagandisten sich einerseits über die Staatsverschuldung beschwert, sich aber andererseits darüber beschwert, dass die Regierung zuwenig die Staatsverschuldung erweiterthabe, um die Landwirtschaftsförderungen zu erhöhen, ist vermutlich einer der klassischen Widersprüche populistisicher Politik, Allen Alles zu versprechen, oder den verschiedenen Gruppen Widersprüchliches (man nennt das auch "zielgruppen-orientierte Public Relation, polemisch gesagt: Verlogenheit)
Es gibt in Ö laut Statistik Austria (1.12.2022)
ca. 1.86 Millionen Rinder (davon in OÖ mit 550.000 am meisten von allen Bundesländern)
ca. 2.65 Millionen Schweine (davon wieder in OÖ am meisten mit 1.05 Mio., während es in Salzburg, Tirol, Vorarlberg und Wien nur ganz wenige Schweine gibt)
ca. 400.000 Schafe (davon am Meisten in den Bundesländern OÖ und Tirol, das Schaf ist sehr berg-kompatibel, es gibt spezielle Bergschafrassen, deswegen dürfte hier ein Tiroler Schwerpunkt existieren, trotz der relativen Kleinheit und vgl.w. geringen Bevölkerung dieses Landes)
ca. 100.000 Ziegen ( hier gilt ähnliches wie für Schafe)