Ich hatte im Zusammenhang mit verschiedenen Angelegenheiten mit Gerichten, Staatsanwaltschaften und Ähnlichem zu tun. Und die Akten- und Papierwirtschaft dort ist tatsächlich irgendwie Steinzeit.

Wenn man alle Akten computerisieren würde, könnte man möglicherweise einen großen Anteil der Vertragsbediensteten im Justizsystems feuern, Steuern senken, Verfahren beschleunigen und verbilligen (auch deswegen, weil Rechtsanwälte dann weniger Zeit brauchen und billiger werden könnten).

Billige rechtsstaatliche Verfahren (auch durch Computerisierung) sind ein ganz zentraler Aspekt beim Zugang zum Recht. Je teurer rechtsstaatliche Verfahren, umso mehr arme Leute können nicht zu ihrem Recht kommen, weil die Kosten zu hoch sind.

Computerisierte Akten wären billiger zu bearbeiten, mit Suchalgorithmen kann man bei 200-Seiten-Akten Dinge viel schneller finden als mit Papier-Akten.

Dasselbe gilt für Verschicken von Akten.

Allerdings bedeutet Computerisierung möglicherweise ein Problem im Zusammenhang mit IT-Sicherheit.

Juristen sind keine IT-Experten und Computersysteme sind verwundbar gegenüber Hacks: je einfacher der Aktenzugang für Juristen durch Computerisierung, umso einfacher ist der Aktenzugang potenziell auch für Hacker durch Computerisierung.

Auch die Ersparnisse bei den Wegezeiten (man braucht nicht mehr ins Gericht, sondern kann von Zuhause bzw. von Kanzlei aus alles oder vieles erledigen) könnten zu Verbilligungen führen.

Generell gibt es Organisationsmängel im Justizsystem, z.B. fehlende Kästchensysteme.

Das Justizsystem ist ein staatliches System, und daher in vielerlei Hinsicht ein problematisches System: das Kostenbewusstsein von Beamten ist endenwollend; vielfach kann man den Eindruck haben, aus Sicht der Aufblähung des Beamtenapparats (Beamten wollen oft ihre Kinder im Beamtensystem unterbringen) sind Beamte eher an Ineffizienz interessiert als an Effizienz. Und die (vielleicht eher frühere) österreichtypische "Verbeamtung der Parlamente", wie der frühere Verwaltungsreformminister Neisser das nannte, ist sicherlich eher schädlich denn hilfreich bei Verbilligung des Justizsystems.

Im Vergleich zu Österreich ist die Schweiz viel effizienter, was auch damit zusammenhängt, dass die Schweizer die Gewaltenteilung viel ernster nehmen. In der Schweiz gibt es Parlamentsverbote für Beamte, die viel konsequenter sind als in Österreich. Die Verbeamtungstendenz ist in Österreich auch historisch: auch der k.u.k-Habsburgermonarchiestaat war ein stark von Beamten getragener Staat.

Aber aus Sicht des Wirtschaftsstandorts und aus Sicht des Zugangs zum Recht sind Verbeamtung und Papieraktenorientierung (statt Computerisierung) sicherlich problematisch.

https://computerstories.net/whats-the-difference-between-bits-and-bytes-5261

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Dieter Knoflach

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Tourix

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