In Artikel 17 Absatz des EU-Vertrages hiesst es:
"(7) Der Europäische Rat schlägt dem Europäischen Parlament nach entsprechenden Konsultationen mit qualifizierter Mehrheit einen Kandidaten für das Amt des Präsidenten der Kommission vor; dabei berücksichtigt er das Ergebnis der Wahlen zum Europäischen Parlament. Das Europäische Parlament wählt diesen Kandidaten mit der Mehrheit seiner Mitglieder. Erhält dieser Kandidat nicht die Mehrheit, so schlägt der Europäische Rat dem Europäischen Parlament innerhalb eines Monats mit qualifizierter Mehrheit einen neuen Kandidaten vor, für dessen Wahl das Europäische Parlament dasselbe Verfahren anwendet."
Das kann man so interpretieren, dass der der Spitzenkandidat der stimmenstärksten Partei (also regelmässig der EVP) mehr oder weniger automatisch EU-Kommissionspräsident wird.
Auch dann, wenn die EVP zum Beispiel weniger als 25% der Stimmen erhält und eine Konstellation anderer Parteien einen Kandidaten einer anderen Partei bevorzugen würde.
In dem Fall, dass das passiert, wird wohl die EVP einen anderen Kandidaten präsentieren.
Angenommen, nach der Wahl einigen sich zwei oder mehrere Parteien (vielleicht sogar mit absoluter Mehrheit von mehr als 50%), einen anderen als den Kandidaten der stimmenstärksten Partei als EU-Kommissionspräsidenten haben zu wollen.
Entspräche das denn nicht der Formulierung "das Ergebnis der Wahl", weil eben der Einigungsprozess erst nach der Wahl stattfand ?
Oder ist mit "Wahl-Ergebnis berücksichtigen" gemeint, dass die Partei den EU-Kommissionspräsidenten stellt, die die höchsten Zugewinne hat ?
In diesem Fall wären das Liberale oder Rechtspopulisten.
Macron hat schon angedeutet, dass die Wahl von Manfred Weber keine ausgemachte Sache sei.
Ist das mit den EU-Verträgen vereinbar ?
Bei den EU-Wahlen gilt ja Verhältniswahlrecht. Die Parteien sind im Verhältnis zur Stimmenzahl vertreten.
Und damit unterscheidet sich das Wahlrecht vom Mehrheitswahlrecht, bei dem der stimmenstärkste Kandidat bzw. die stimmenstärkste Kandidatein als gewählt gilt.
Aber diese Regelung mit dem EU-Kommissionspräsidenten wiederum ist ein Aspekt des Mehrheitswahlrechts im Verhältniswahlgeprägten EU-Vertrag.
Genau genommen gilt im EU-Parlament degressive Proportionalität, d.h. je größer ein Staat ist, umso mehr Wählende braucht er für jedes Mandat.
Damit sind bevölkerungsarme Staaten überrepräsentiert, hingegen bevölkerungsreiche unterrepräsentiert, gemessen an der reinen Bevölkerungszahl.
Aber das entspricht bis zu einem gewissen Grad dem Schutz der Minderheiten und der Kleinstaaten.
CC / Michael Lucan https://de.wikipedia.org/wiki/Manfred_Weber_%28Politiker%29#/media/File:2018-04-20_Manfred_Weber_797.JPG
Manfred Weber (EVP/CSU): wäre alles andere als seine Wahl (oder zumindest die Wahl eines EVP-Kandidaten bzw. einer EVP-Kandidatin EU-vertragswidrig ?