Speziell für einen angeblichen inaktiven Polizeibeamten, der hier immer wieder "argumentativ" über die Stränge schlägt und z.B. von "rot-grüner Versiffung" dahinschwadroniert, möchte ich einen kleinen Exkurs zum Neutralitätsgebot für Beamte abliefern.
Damit ein Staat und die damit verbundene Bürokratie bzw. Exekutive funktioniert, müssen sich Beamte parteipolitisch oder auch in anderer Hinsicht neutral verhalten, z.B. auch neutral zwischen den Geschlechtern, bei einem Einsatz, bei dem das eine Rolle spielen kann.
In wirklichen Rechtsstaaten (wie zum Beispiel Deutschland; ob Österreich einer ist, daran sind Zweifel angebracht) führt die Verletzung der Neutralitätspflicht durch Beamte immer wieder zu Sanktionen, die auch bis hin zur Suspendierung, zur Entlassung oder zum Disziplinarverfahren reichen können.
http://www.zbr-online.de/click_buy/2020/lindner.pdf
Zitat: "§ 60 Bundesbeam-tengesetz sodann konkretisierend 1) Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten.(2) Beamtinnen und Beamte haben bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergibt."
https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/bmi-pruefung-neutralitaet-beamte-politische-parteien/
Zitat: "Bundesinnenminister Horst Seehofer will klären lassen, wie mit Beamten umzugehen ist, die sich in einer extremistischen Gruppierung betätigen. Dabei ist die Verfassungstreue für Beamte seit langem geklärt, erläutert Klaus Herrmann.
Für Berufsbeamte und Beschäftigte im öffentlichen Dienst, für Soldaten und Richter gelten die Anforderungen an die Verfassungstreue als leicht einsehbare und selbstverständliche Pflichten. Gleichmäßig und vorhersehbar wendet auch die Rechtsprechung die über Jahre entwickelten und bewährten Maßstäbe für die Treuepflicht an. So dürfen zum Beispiel ein Polizeikommissar nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) keine Nazitätowierungen tragen (Urt. v. 17.11.2017, Az. 2 C 25/17) oder Polizeivollzugsbeamte nicht die Reichsbürgerideologie nachahmen (Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt, Urt. v. 15.03.2018, Az.10 L 9/17). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bestätigte die Amtsenthebung eines ehrenamtlichen Richters beim Arbeitsgericht, der über Jahre als Mitglied einer Neonazi-Rockband auftrat (Beschl. v. 06.05.2008, Az. 2 BvR 337/08)."
https://www.n-tv.de/politik/Polizei-zieht-neun-Beamte-von-Klima-Demo-ab-article21425555.html
Zitat: "In Brandenburg sind für das Wochenende mehrere Mahnwachen und Versammlungen von Klimaaktivisten geplant. Neun Polizisten posieren vor dem Graffiti einer Gegenbewegung "Stoppt Ende Gelände" für ein Foto, das anschließend im Netz landet.
Neun Polizisten aus Brandenburg haben vor einem Graffiti mit dem Slogan "Stoppt Ende Gelände" posiert - dafür sind sie nun von dem geplanten Großeinsatz rund um die Klimaproteste am Wochenende in der Lausitz ausgeschlossen worden. Das teilte die Polizei Brandenburg via Twitter mit. Es handele sich um eine Gruppe der Bereitschaftspolizei Cottbus. Das Foto der Polizisten kursierte in den sozialen Netzwerken.
Empfohlener Inhalt
Die Polizei twitterte weiter: "Das Foto geht natürlich nicht und wird ausgewertet werden. Wir sind zum Neutralitätsgebot verpflichtet und werden den Schutz der grundgesetzlich verankerte(n) Versammlungsfreiheit zum Großeinsatz in der Lausitz selbstverständlich gewährleisten." Man prüfe disziplinare Maßnahmen. Vor Ort seien außerdem sechs Tatverdächtige gestellt worden, die im Verdacht stehen, das Graffiti aufgesprüht zu haben."
("Ende Gelände" ist eine Öko-Aktivisten-Gruppe, die sich für eine Beendigung des Kohleabbaus einsetzt)
Rechtslexikon/Neutralitätspflicht
Zitat: "Neutralitätspflicht: Pflicht der Staatsorgane zur parteipolitischen Neutralität. Nach dem Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 2 S.1 GG) geht alle Staatsgewalt vom Volke aus. Dementsprechend findet die politische Willensbildung vom Volk zu den Staatsorganen statt („von unten nach oben”). Daraus folgt für die Staatsorgane, zu denen auch die Regierung und die ihr angehörenden Minister gehören, die Pflicht zur parteipolitischen Neutralität. Aus diesem Grunde ist es jedem Staatsorgan (gem. Art. 28 Abs. 1 GG auch der Länder) verwehrt, im Vorfeld von Wahlen in seiner amtlichen Funktion offen oder verdeckt für eine bestimmte Partei einzutreten."
https://lehrersos.de/rechtsvorschriften-rund-um-das-neutralitaetsgebot/
Zitat: "Das staatliche Neutralitätsgebot gehört zu den wichtigsten Grundprinzipien unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Es ist ein elementares Kennzeichen freiheitlich-rechtsstaatlicher Ordnungen und hebt sich fundamental von antidemokratischen, totalitären Systemen ab. Seinen Rechtsgrund findet es in den Artikeln 3, 20 und 21 des Grundgesetzes (GG). Daraus geht hervor, dass Staatsorgane weder zugunsten noch zulasten einer politischen Partei in den Wahlkampf beziehungsweise über Zeiten des Wahlkampfes hinaus wirken dürfen (Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien). Neutralität gegenüber allen nicht durch das Bundesverfassungsgericht verbotenen Parteien ist demnach ein Wesensmerkmal aller Verwaltungsarbeit im demokratischen Rechtsstaat, ein Fundament unserer Demokratie."
Zitat: "Das Mäßigungsgebot ist ein Begriff aus dem Beamtenrecht. Es ist für Bundesbeamte in § 60 Abs. 2 des Bundesbeamtengesetzes (BBG) und für Landes- und Kommunalbeamte in § 33 Abs. 2 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) geregelt und zählt zu den Grundpflichten der Beamten. Für Soldaten ergibt sich aus § 15 des Soldatengesetzes (SG) und für Richter aus § 39 des Deutschen Richtergesetzes (DRiG) ein analoges Gebot. "
Ich weiss schon, in Österreich werden diese Dinge manchmal schlampiger gehandhabt, aber damit der Staat funktioniert und die Beamtenschaft das tun kann, was sie tun soll, muss sie sich zurückhalten und mäßigen und darf nicht durch extreme und einseitige Parteinahmen auffallen, die die Staatsziele und die Exekutivaufgaben konterkarieren könnten.
Allerdings ist zugegebenermaßen auch berechtigt, darüber nachzudenken, sozusagen zum Ausgleich für das Neutralitätsgebot, dem die Beamten unterliegen, bzw. unterliegen sollten, ein stärkeres Neutralitätsgebot vorzusehen für diejenigen nach Privatrecht in einer Organisation Angestellten, die erhebliche Mittel aus Steuergeldern erhalten, z.B. im Sozialbereich.