Ich habe mich in den letzten Wochen verstärkt mit dem Konnex Links-Frau-Feminismus-Antikapitalismus beschäftigt, insbesondere mit Sigrid Maurer, Anita Sarkeesian und Ähnliches.
Anita Sarkeesian ist eine Bloggerin, die z.B. den Youtube-Kanal bzw. die Internet-Homepage Feminist Frequency betreibt:
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Eine an Sarkeesian oft geübte Kritik ist die, dass sie selektiv vorgeht, dass sie nur diejenigen Fälle und Beispiele erwähnt, die für ihre Theorien sprechen, aber nicht diejenigen, die ihre Theorien widerlegen:
Sarkeesian ist sehr findig, wenn es darum geht, Fälle zu finden, in denen in Computerspielen Frauen als Sexobjekte dargestellt werden, aber Fälle, in denen Männer als Monster dargestellt werden, was man auch als eine Form des Sexismus betrachten könnte, erwähnt sie nie.
Ebenso erwähnt sie nie Computerspiele, bei denen man dazu ermuntert wird, einen weiblichen Spielecharakter zu wählen, z.B. weil man im Laufe des Spiel eine Gratis-Amazonenrüstung findet, die nur Frauen verwenden können, aber keine Männer.
Auch oft werden alte Filme von Sarkeesian gezeigt, in denen sie behauptet, dass sie nie Computerspiele spielt, weil sie so gewalttätig und widerlich seien, was auf manche in der Tat zutrifft. Später hat sie ihre diesbezügliche Position geändert und sich zum Computerspielfreak erklärt.
Anders, als Sarkeesian behauptet, kommt Kritik an ihr nicht nur von Männern (manchmal auch in Form von Hassrede), sondern auch von Frauen.
Ich hatte einmal ein Gespräch mit einer Computerspielentwicklerin, die meinte, Sarkeesian vertrete zwar viele falsche Theorien, aber sie habe die Stellung der Frau in der Branche verbessert.
Eine alte Debatte in diesem Themenkreis ist auch die Frage, ob Computerspiele Gewaltneigung verursachen, oder ob umgekehrt eine gewisse Gewaltneigung oder ein Gewaltinteresse dazu führt, dass hauptsächlich Männer Gewaltspiele spielen.
Die Kritik an Sarkeesian ist oft scharfsinnig und stimmig im Detail, sie übersieht aber möglicherweise den zentralen Punkt: in einem Standard-Interview sagte Sarkeesian, dass für sie Feminismus und Antikapitalismus zusammenhängen. Es nicht nicht nur so, dass manche Männer SAGEN, die Gamingwelt sei ein Boysclub, sondern die Gamingwelt ist tatsächlich bis zu einem gewissen Grad ein Boys Club. Was sich auch mit der Männerdominanz in verschiedenen Technikstudien trifft: 80% der Informatikstudenten sind Männer, 80% der Gamekäufer sind Männer, 80% der Gamer sind Männer. Ist nun einmal so. Und auch wenn Anita Sarkeesian sich auf den Kopf stellt, es wird sich nichts ändern daran, zumindest kruzfristig, auch wenn langfristig sich die Geschlchterverhältnisse zu verschieben scheinen.
Und das gilt ganz besonders für Gewalt spiele.
In einem weiteren Video hat Sarkeesian kritisiert, dass man (oder frau) sich sowenig emotional identifieren könne mit den Charaktern. Sorry, aber bei einem Jump&Run-Spiel besteht der Spass darin, zu springen und zu rennen, aber nicht darin, sich emotional identifizieren zu können. Und wenn der Spielcharakter mehr oder weniger unisex ist, wie die Strichmenschen in Apple Panic, dann können sich prinzipiell Männer genauso gut oder schlecht emotional identifizieren. Wobei die Frage ist, ob man sich mit seinem Game-character überhaupt identifizieren will.
Vielleicht will man(n) nur einen sexy weiblichen Charakter, dessen Hintern er von hinten betrachten kann, beim Laufen und Springen und Quests erledigen:
(Zur Abkürzung gleich zu Minute 3:40 springen)
Egal, ob man einen Mann als Spielcharakter wählt oder eine Frau, man(n) ist laut Sarkeesian immer sexistisch, entweder weil man durch die Wahl eines Mannes als Spielcharacter die patriarchale Männerdominanz verstärkt oder weil man durch Wahl einer Frau als Spielcharakter die Frau zum sklavischen Sexualobjekt reduziert, das alle Bewegungen ausführen muss, die der Spieler (ein Mann) vorgibt. Eine Sexismusdefinition, die zur Folge hat, dass alles sexistisch ist, ist wegen Präzisionsmangel und geringer Trennschärfe wohl unbrauchbar.
Was bedeuten kann: sie übertreibt möglicherweise absichtlich feministische Kritik aus einer antikapitalistischen Agenda heraus: der Kapitalismus ist so "male-dominated", also männerbeherrscht, die erfolgreichsten 100 Unternehmer der Welt und reichsten 100 Menschen der Welt sind ausnahmslos Männer.
EIne weitere interessante Frage wäre: warum wählt Sarkeesian Computer Games als Thema, nicht aber Film oder Modeln oder Porno oder Popbranche als Thema, um die angeblich ach so patriarchal-kapitalistische Gesellschaft zu kritisieren ? Der Grund ist wohl folgender: viele Schauspielerinnen, Models, Sängerinnen oder Pornostars verdienen einfach viel zu viel, als dass die These von der patriarchalen Unterdrückung Sinn machen würde. Nicht hingegen bei Computergames: bei Computergames müssen sich die weiblichen Charaktere zu hüftschweingenden "Sexobjekten" degradieren alssen, ohne auch nur einen Cent zu verdienen, was für ein SKANDAL ! Dass es sich nicht um Lebenwesen, sondern um Pixelcluster handelt, sagt Sarkeesian nicht explizit dazu.
So gesehen scheint wirklich geschlechtergleichstellende Politik nur möglich nach einem Systemwechsel, der mit dem Kapitalismus Schluss macht.
Auch Sarkeesian´s Kritik an der Männerdominanz stimmt nur, solange man sich auf die Männerspiele beschränkt und die Frauenspiele unerwähnt lässt:
https://soziales-kapital.at/index.php/sozialeskapital/article/view/341/590
Sarkeesian kritisiert, dass bei Autospielen eine Männerdominanz besteht, aber auch bei Autos besteht eine Männerdominanz.
Umgekehrt gilt bei Frauenspiele bzw. Mädchenspielen das umgekehrte.
Sarkeesian beschäftigt sich auch mit Film: als Definition für einen patriarchalen Film definierte sie, dass im Film eindeutig wenig Frauen vorkommen. So gesehen logisch, dass sie "Alien 3", als patriarchal einstuft. Allerdings: die Hauptfigur in "ALien 3" ist Lieutenant Ellen Ripley, dargestellt von Sigourney Weaver: während Dutzende von Männern sterben, z.T. wegen ihrer eigenen Dummheit überlebt Ripley/Weaver bis zum Schluss, an dem sie sich auf heroische Weise selbst opfert, um das Alien ein für alle Mal zu töten.
Frauenfeindliche, sexistische, patriarchale Filme sehen meiner Meinung nach anders aus.
Hier erweitert Sarkeesian ihre Thematik rund um den angeblichen Rassismus:
Auch Sarkeesians Kritik an der US-ameriknaischen Japanophilie in den 1950er Jahren übersieht einen wesentlichen Punkt: es ging dabei darum, die durch den zweiten Weltkrieg belasteten US-japnaischen Beziehungen zu reparieren und aus dem Kriegszustand und aus der Kriegspropaganda herauszukommen. Und weil die US-Soldaten im zweiten Weltkrieg überwiegend Männer waren, die das Töten übernommen hatten und die kriegspropagandistisch indoktriniert woreden waren, waren sie eben das Ziel der De-Indoktrinierung. Natürlich spielte Sex und die sexuell verführerische Geisha dabei eine Rolle, den US-Soldaten die Krieg spropaganda auszutreiben. Aber der springende Punkt ist: weil Sarkeesian nach nichts anderem sucht als nach Bestätigung ihrer Sexismus-These, kann sie nichts anderes finden und kann daher auch nichts historische Hintergründe wie eine Aufhebung der Kriegspropaganda finden. Man könnte sagen: Völkerversöhnung ist laut Sarkeesian ganz, ganz böse, weil sie sich des Mittel des weiblichen Sexualobjekts bedient.
Aber auch Hollywood ist für Sarkeesian natürlich böse kapitalistische, sexistische, ausbeuterische Pfuigagg-Industrie, und muss als solche erbarmungslos kritisiert werden, um der Revolution zur post-kapitalistischen und post-neoliberalen Paradiesgesellschaft willen, in der angeblich alle angeblichen Übel abgeschafft sind, z.B. Sexismus, Rassismus und Kapitalismus.