Doppelmoral Trump-Obama in Sachen Extremismus-Distanzierung ?

Wieso muss(te) Trump sich maximal von Duke distanzieren, aber Obama sich überhaupt nicht von Malcolm X ?

Ehrlich gesagt, ich staune über etwas, was ich für zumindest in der Nähe von Doppelmoral auf globaler Ebene halte:

http://diepresse.com/home/ausland/aussenpolitik/5269401/Charlottesville_ObamaTweet-gegen-Rassismus-knackt-alle-Rekorde?from=suche.intern.portal

Wieso wird Donald Trump massiv kritisiert, wenn er sich aus Sicht Vieler zuwenig von z.B. David Duke distanziert, während Barack Obama praktisch überhaupt nicht (medial) dafür kritisiert wurde, dass er sich aus Sicht Vieler zuwenig von Malcolm X distanzierte ?

Ich bin auch skeptisch, ob der Begriff "White Supremacists" gänzlich zutrifft: die Rhetorik vieler angeblicher weissen Suprematisten war vielfach eher in Richtung Schutz, und weniger in Richtung Herrschaft.

Gut, man kann sagen, 2017 ist Trump Präsident, während Obama 1995, als er Malcolm X überschwänglich lobte, noch nicht einmal Senator oder Gouvernor war. (Obama wurde 1997 Senator von Illinois)

Gut, man kann sagen, der Zorn von Farbigen aus der Unterschicht ist vielfach verständlicher als der Zorn von Weissen aus der Mittelschicht.

Aber gerade im Internetzeitalter, das alte Videos praktisch auf ewig einfriert und konserviert und abrufbar macht, kann das Datum ja wohl keine Kategorie sein. Die Ausnahme sind natürlich "The uploader has not made this video available in your country"-Videos von z.B. Public Enemy, Rage against the Machine, und einigen Anderen, die aus meiner Sicht vielleicht zum Thema gepasst hätten.

Vielleicht gab es auch eine Art Kritikhemmung der Einzigartigkeit wegen: Obama war der einzige farbige Präsident der USA, dem man eben wegen dieser Einzigartigkeit besonders viel durchgehen liess.

Dieser Video wurde von einem Blogger, der sich "MalcolmsRevenge" (also "Malcolms Rache" ) nennt, in Youtube veröffentlicht.

https://de.wikipedia.org/wiki/Barack_Obama

https://de.wikipedia.org/wiki/David_Duke

https://de.wikipedia.org/wiki/Malcolm_X

In der Politikwissenschaft gehört es zu den Grundannahmen, dass es Aufgabe politischer Parteien sei, politische Extreme zu moderieren, zu mäßigen, zu kanalisieren.

Aber diese Definition ist völlig neutral gegenüber Links und Rechts.

Genauso wie es demgemäß Aufgabe von linken Parteien bzw. Mitte-Links-Parteien ist, linke Extreme zu moderieren und zu mäßigen, genauso ist es Aufgabe von rechten Parteien bzw. Mitte-rechts-Parteien, rechte Extreme zu moderieren und zu mäßigen.

Dienen Trumps Rede zu Charlottesville und Obamas Rede zu Malcolm X der Mäßigung des nahestehenden Extremismus oder zeigen sie mangelnde Distanz ? Man kann aufgrund von Teilen der Videos beide Positionen vertreten, und überlagert wird das natürlich von Wahlkampf, der bekanntlich eine Tendenz zur Permanentisierung hat. Und vor dem Hintergrund eines möglichen Amtsenthebungsverfahrens gegen Trump kann natürlich eine einseitige Sicht nicht ausgeschlossen werden.

Oder besteht nicht umgekehrt die Gefahr, dass beide Parteien sich im Versuch, das jeweilige Extrem zu mäßigen, voneinander entfernen ? Auf eine Art und Weise, die auch problematisch sein kann.

http://diepresse.com/home/ausland/aussenpolitik/5269317/Charlottesville_Praesident-der-Intoleranz-und-heimischen

Ich kenne die Lage in Charlotteville nicht, und mache darüber keine Aussage. Dazu ist die geografische Distanz zu groß.

Auch die Aussage von UN-Generalsekretär Guterres, falls sie so getätigt wurde, wie kolportiert, scheint mir möglicherweise einseitig zu sein: während Anti-Semitismus ein genauer Begriff ist, gibt es zum Beispiel nicht einmal ein Wort für "Anti-Germanismus", worunter man die übermäßige und zu scharfe Kritik an Deutschland bzw. den Deutschen (oder auch Österreich bzw. den Österreichern) verstehen könnte.

Der Original-Tweet von Guterres lautete: "Racism, xenophobia, anti-Semitism & Islamophobia are poisoning our societies. We must stand up against them. Every time. Everywhere."

Auch die These von "Zweiten Dreissigjährigen Krieg 1914-1945", die die Mitschuld von Großbritannien und Frankreich durch den mißlungenen sogenannten "Friedensvertrag" von Versailles (bzw. Saint Germain und Trianon) und den dadurch begünstigten Aufstieg der NSDAP verschweigt, hat eine anti-germanistische Tendenz, wenn auch die Verschweigung der Fehler von GB und F im Vordergrund stehen dürfte.

Auch Bücher, die alle Deutschen und Österreicher der 1930er und 1940er Jahren zu "Hitlers willigen Vollstreckern" erklären wollen, oder Ähnliches, haben eine Tendenz, die man als anti-germanistischen Rassismus bezeichnen könnte.

Auch als sprachliches Gegenstück zur "Fremdenfeindlichkeit" gibt es praktisch nichts. "Die Grenzen der Sprache sind die Grenzen der Welt", sagte schon Sprachphilosoph Wittgenstein. Und wer die Begriffe definiert, wer die Definitionshoheit über die angeblichen wichtigen Themen besitzt, gemäß Rudolf Burgers "Macht zu definieren", der bestimmt zumindest kurzfristig den politischen Diskurs, mehr oder weniger unabhängig von der politischen Problemlage. Allerdings mit der Gefahr eines rasanten Umbruchs.

Es gibt keinen gleichwertigen Begriff der "Inländerfeindlichkeit", und wenn ein solcher von z.B. von der FPÖ forciert wird, dann ist er alleine schon deswegen mehr oder weniger unbrauchbar.

Und es gibt auch keinen verallgemeinernden Überbegriff, wie z.B. "Anderenfeindlichkeit".

Und Guterres kritisierte angebliche "Islamfeindlichkeit", während er "Christenfeindlichkeit" oder "Atheistenfeindlichkeit" nicht kritisierte.

Auch die Frage, inwieweit Islamkritik berechtigt sei, und wo die Grenze zwischen berechtigter Islamkritik und überzogener Islamfeindlichkeit verlaufe, thematisierte Guterres, wenn man den Medienberichten glaubt, nicht.

Inwieweit zum Beispiel Hamed Abdel-Samad aus Sicht von Guterres ein legitimer Islamkritiker sei, oder ein "Islam-Feind", liess Guterres offen.

Und zuletzt möchte ich die Rezeption von Trumps Reaktion auf die Charlottesville-Ereignisse in Österreich betrachten.

Die SLP (Sozialistische Linkspartei) macht anknüpfend an Charlottesville aus dem angeblichen Antifaschismus/Antirassismus einen Antikapitalismus.

Die Ereignisse von Charlottesville sind gut dazu geeignet, von Trotzki, einem Säulenheiligen der SLP, abzulenken. Eine Debatte mit SLP-Aktivisten über die dunkle Rolle Trotzkis in den 1920er Jahren war nicht führbar.

Der SLP-Slogan "Nazis bekämpfen - Kapitalismus abschaffen" zeigt den Konnex sehr gut. Auch die Aufforderung zur Wut erschien mir problematisch. Aber wütende Revolutionen und das Anstreben derselben ist vielleicht ein Privileg junger bzw. gesunder Menschen; die Frage, inwieweit sie damit Schwächere und Kränkere überfordern, stellt sich scheinbar nicht, was man als eigentümliche Interpretation des Sozialen sehen kann.

Der von Trotzki 1939 prognostizierte angebliche "Todeskampf des Kapitalismus" müsste bis heute andauern.

Nicht in allem, wo Antifaschismus draufsteht, ist auch Antifaschismus drin; der angebliche Antifaschismus ist manchmal ein Etikettenschwindel, weil er für breitenwirksamer gehalten wird als die Kapitalismuskritik.

Paradoxerweise oder logischerweise profitiert die antikapitalistische SLP von einer urkapitalistischen Hollywood-Vereinfachungstendenz seit dem Zweiten Weltkrieg, die das Deutsche als Inbegriff alles Bösen porträtiert. "Hitler ist die einzige weltweit bekannte deutsche Marke", sagte ein Filmemacher, der aus dem Bild des "Dämons Hitler", das alle Umstände wie z.B. den Versailles-Vertrag ausblendet, eine Einkommensquelle machte.

Gerade beim Deutschstämmigen Trump ist die "Trump=Hitler"-Gleichsetzung natürlich naheliegend. Man könnte direkt annehmen, die SLP freue sich darüber, dass ein Amokfahrer in Charlottesville eine Demonstrantin tötete, weil das der SLP den lange ersehnten Hebel im Kampf gegen den Kapitalismus liefern könnte.

So gesehen passt die SLP gut zu Public Enemy und "Fight the power"

Auch in der Kritik an Polizei (die eine Verkörperung des Staates ist), treffen sich SLP und Public Enemy:

(911 ist der US-amerikanische Polizeinotruf)

Auf der extremen Linken sind "Polizisten schützen die Faschisten"-Slogans sehr beliebt.

Ebenso wie "Entnazifiziert endlich Polizei und Justiz !"-Slogans.

Faschismus oder das, was Teenager und junge Twens (die Hauptzielgruppe der SLP) für Faschismus halten: das, was man hassen darf ?

Barack Obama´s rekord-retweeteter Tweet war: ""No one is born hating another person because of the color of his skin or his background or his religion..."

Stellt sich die Frage, ob er den angeblichen Faschismus oder Post-Faschismus als "Background" gemeint hat.

Ich sehe eigentlich kaum bis gar keine Nazis in Polizei und Justiz, aber wer sehr weit links steht, der neigt wohl dazu, Nazis auch dort zu sehen, wo keine sind.

Dieser Anti-Polizei- und Anti-Justiz-Stimmung der extremen Linken wird von Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) auch noch angeheizt durch Sager wie "Die Identitären gehören verboten", womit die Justiz, die kein Verbot der Identitären beschloss, dann auch in die Nähe des Rechtsextremismus gerückt wurde.

http://diepresse.com/home/panorama/wien/3808569/Haeupl_Die-Identitaeren-gehoeren-verboten

http://www.krone.at/wien/haeupl-die-identitaeren-gehoeren-laengst-verboten-nach-demos-in-wien-story-404987

(Copyright aller stehenden Bilder: Dieter Knoflach)

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