Zur Erinnerung an das allzukurze tagespolitisch-vergessliche Gedächtnis: in den Jahren 2011 bis 2015 betrieben USA (Obama-Administration) und EU die sogenannte "Assad hat keine Zukunft"-Politik, die die syrische Opposition gegen Präsident Assad zum Bürgerkrieg aufstachelte, aber keine substanzielle Unterstützung für die in den Krieg gehetzte Opposition vorsah.
Es kam, wie´s wohl kommen musste: Assad, der laut Obama, Clinton und EU keine Zukunft habe, hatte trotzdem oder gerade deswegen eine solche; die syrische Opposition, die sich im Vertrauen auf US- und EU-Unterstützung in den Bürgerkrieg gestürzt hatte, verlor und große Teile ebendieser Opposition mussten flüchten. Die EU machte einen Rückzieher und fand sich mit ebendem Assad ab, den sie zuvor für "unakzeptabel", "rücktrittsreif", "zukunftslos", etc. erklärte.
Realitätsfremde europäische Medien wie der Spiegel berichteten 2012 von "großen Erfolgen der Rebellen", davon, dass Assad keine Zukunft habe und sein Sturz nur mehr eine Frage der Zeit sei.
Auch NATO-Generalsekretär Rasmussen sprach davon, dass der Sturz Assads nur mehr eine Frage der Zeit sei.
Wobei "Zeit" ein dehnbarer Begriff ist. Denn auch Jahrzehnte oder Jahrhunderte sind "Zeit".
Allerdings ist die Gefahr, mit derartigen Aussagen ganz anders verstanden zu werden, groß.
Die Obama-Administration sprach davon, Assad habe eine rote Linie überschritten, was bedeutet, dass er sich nicht halten könne.
Drei Jahre später berichten US-Medien davon, Obama habe eine Kehrtwende gemacht und versuche nicht einmal mehr, seine Rote-Linien-Politik umzusetzen.
Die beste Formulierung: "Die rote Linie, die keine war"
Die USA haben einen großen Vorteil: wenn die US-Demokraten idiotische Politik betreiben, verlieren sie die Wahlen, es gibt einen klaren Regierungswechsel und die neue Regierung ist von den Fehlern der alten Regierung unbelastet.
Die EU ist da ganz anders: viele der EU-Politiker, die 2011-2015 die "Assad muss weg"-Politik betrieben, sind ebenso beschädigt wie immer noch amtierend.
Gemeinfrei / White House / Pete Souza https://de.wikipedia.org/wiki/Barack_Obama#/media/File:President_Barack_Obama.jpg
Früherer US-Präsident Obama: "Yes, we can !" (cause a civil war in Syria without achieving our goal to oust Assad) ?
(Übersetzung: "Ja, wir schaffen das, einen Bürgerkrieg in Syrien zu verursachen, ohne unser Ziel, Assad abzusetzen, zu erreichen" ?)
CC BY SA 3.0 / zugänglich gemacht von Armin Linnarz https://de.wikipedia.org/wiki/Merkel-Raute#/media/File:Angela_Merkel_Juli_2010_-_3zu4.jpg
"Rautenmutti" Merkels wirkliche, von Rest-Anständigkeit getragene Hintergedanken ? "Wenn wir schon einen Bürgerkrieg in Syrien anzetteln und die Opposition anstacheln, Assad zu stürzen, dann haben wir nach der Niederlage auch die Verantwortung, die zur Flucht gezwungene Opposition aufzunehmen" ???
Stellt sich nur die Frage, was GASP heisst:
Gemeinsame Aussen- und Sicherheitspolitik der EU ?
Gescheiterte Aussen- un-Sicherheitspolitik der EU ?
Größenwahnsinnige Aussen- und Schrott-Politik der EU ?
Ein Land in einen Bürgerkrieg zu stürzen und die Opposition zu einem sinnlosen Versuch aufzuwiegeln, den Präsidenten zu stürzen, ist sicher nichts, wofür die EU den Friedensnobelpreis verdienen würde.
Aber bitteschön, den Friedensnobelpreis hatte die EU 2012 erhalten, als die Politik, deren Scheitern jetzt offenbar ist, noch am Anfang stand, an dem verschiedenste EU-Politiker noch glaubten, man könne mit der GASP viel erreichen und bewirken.
Der gescheiterte Versuch von EU und USA, Assad diplomatisch und mithilfe der regionalen "Rebellen" zu stürzen, kann betrachtet werden als Rehabilitierung der erfolgreichen Politik der "Koalition der Willigen", als 2003 Bush Jr., Blair und Co. (also halb Europa) den irakischen Präsidenten Saddam Hussein stürzten.
Diese beiden Fälle (Scheitern im Falle von Assad, Erfolg im Falle von Saddam Hussein) enthalten offensichtlich die für das angebliche Friedensprojekt EU schmerzvolle Lehre: "Einen diktatorischen und verbrecherischen Präsidenten bekommt man - falls überhaupt - nur mit Gewalt eigener Truppen und Folgeproblemen weg, aber nicht mit Diplomatie".
Aber es stellen sich einige Fragen:
"Sind die EU-Bürger und -innen bereit für diese bittere Wahrheit ?"
"Sind die Polit-Eliten der EU mutig genug, um ihren Bürgern und -innen diese bittere Wahrheit mitzuteilen ?"
Frei nach Marcel Reich-Ranicki: "Und so sehen wir betroffen: das Polit-Gerede war lang, aber alle Fragen blieben offen ...."
CC0 / Tumisu https://pixabay.com/de/fehler-facepalm-warum-falsch-3019036/
Der unbekannte, nun schwer zu integrierende Syrien-Kriegsflüchtling: "Warum habt Ihr Europäer uns erst Hoffnungen gemacht, uns in den Krieg gegen Assad gehetzt, nur um uns hinterher nach zahlreichen sinnlosen Toten im Stich zu lassen ? Warum nur ?"