Die Ex-Bundessprecherin der Grünen ist mit einer Klage bzw. einem Klagsversuch offensichtlich abgeblitzt, ein an sie gerichtetes Facebook-Posting, das sie als "Polit-Hure" bezeichnete, als Hassposting oder üble Nachrede oder etwas ähnliches einzustufen.
Die Medien- und Polit-Debatte verläuft - polemisch und überspitzt gesagt - wie viele elitären Debatten weit ab von der Realität.
In der Unterschicht, die im österreichischen Parlament offensichtlich nicht bzw. nicht gut vertreten ist, was man als Verletzung des Prinzips der repräsentativen Demokratie betrachten kann, wird der Begriff der "Hure" oder der Begriff der "Polit-Hure" auf Arten verwendet, die für - polemisch gesagt - abgehobene Mitglieder der Oberschicht völlig unvorstellbar sind.
Ich möchte in weiterer Folge hier in diesem Blog meine Erfahrungen über die Verwendung dieses und ähnlicher Begriffe unter besonderer Berücksichtigung der Sprache von Unterschicht-Männern ausführen, und verschiedene Deutungs- und Interpretationsmöglichkeiten beleuchten und erwähnen.
1.) Wenn irgendjemand als "Hure" bezeichnet wird, dann stellt sich immer auch die Frage, wer der "Freier" (bzw. wer der Zuhälter) sein soll, um dem Vergleich einen Sinn zu geben. Gerade in der Politik wird der Begriff der "Hure" oft geschlechtsneutral verwendet für Frauen oder Männer (!!!), die ihren Intellekt oder ihre Argumentationsgabe an einen Großspender verkaufen. Als ich in der Piratenpartei war, wurde in diesem Sinne der Begriff der "Hure", sogar ausschließlich auf Männer bezogen verwendet. Auf heute upgedated drängen sich folgende Formulierungen auf: "Kurz ist die Hure von Pierer" (weil KTM-Chef Pierer versprochen hatte, alle Spenden für Kurz zu verdoppeln); "Strolz ist die Hure von Haselsteiner" (weil Haselsteiner der Großspender der NEOS ist, deren Chef Strolz ist); "Lugar war die Hure von Stronach" (weil Stronach der Financier des "Team Stronach" war, dessen Sprecher Lugar war). In diesem Sinne kann Glawischnig gar keine Hure sein, weil die Grünen gar keinen vergleichbaren Großspender haben.
2.) Der Begriff der "Hure" in Bezug auf Ehe und Partnerwahl: Der "Glawischnig ist die Hure von Piescek" würde im Sprachgebrauch vieler Unterschichtmänner insofern sinnvoll sein, als Eva Glawischnig den gutverdienenden Journalisten Volker Piescek geheiratet hatte, hingegen vielen schlechtverdienenden Unterschichtmännern eine Absage, bzw. einen Korb gegeben hat, bzw. vermutlich gegeben hätte.
Aber das ist so gesehen eine Art Normal-Hure und nicht eine Polit-Hure. Was der Postingschreiber aber gemeint haben kann, ist, Glawischnig sei eine Normal-Hure im Politbetrieb; und damit keine wirkliche Polit-Hure.
3.) Somit kommen wir zum Begriff der "Polithure" im engeren Sinn: eine Möglichkeit, die in Bezug darauf ist: Grüne Frauen als Huren von linksextremistischen Grünen Männern. Die Grünen haben Jörg Haider ja jahrelang oder jahrzehntelang mangelnde Distanz zum Rechtsextremismus vorworfen; und dasselbe Spiel gibt es auch umgekehrt. Mangelnde Distanz Grüner Frauen von links-extremistischen Grünen Männern.
Peter Pilz hat in einer Parlamentsrede im Jahr 2000 gesagt, Freiheitliche auf den Strassen seien ein Sicherheitsrisiko, was von vielen als Aufruf zu Gewalt gesehen wurde. Vom damaligen SPÖ-Nationalratspräsidenten Heinz Fischer erhielt Pilz eine Rüge oder eine ähnlichgeartete Kritik dafür.
Zahlreiche Extremismusdefinitionen laufen auf Gewalt hinaus. D.h. aufgrund dieser Rede mit potenziellem Gewaltaufruf kann man Pilz als Linksextrem oder in der Nähe des Linksextremismus einstufen. Und Eva Glawischnig hat sich damals nicht von Peter Pilz distanziert, d.h. sich so verhalten, wie viele Prostituierte sich verhalten, wenn ihr Zuhälter eine dritte Person verprügelt. Ich möchte betonen, dass in dieser Hinsicht der Begriff der "Hure", die sich nicht distanziert, die Hure eigentlich in mancher Hinsicht der harmlosere im Kontext ist, der problematischere ist in diesem Fall der prügelnde Zuhälter.
Auch Formulierungen mit "Grünen als Huren des Stalinismus" gibt es.
4.) Die "Hure" als Metapher für die "Betrügerische Hure": Da Prostitution geächtet ist (auch aus religiös-kulturellen Gründen), werden viele Phänomene in diesem Bereich tabuisiert, bzw. nicht diskutiert. Ähnlich der männlichen Zechprellerei in der Prostitutionsbranche gibt es die Konnotation der "betrügerischen Hure". Ein Freier und eine Prostituierte vereinbaren eine Stunde Sex für 100 Euro, aber die Prostituierte bricht ohne triftige Gründe bereits nach 10 Minuten ab, behält die 100 Euro und ruft den Zuhälter, um den Freier rauszuschmeissen. Von vielen Unterschichtmännern wird das als Betrug betrachtet. Der Begriff der "Hure" wird im übertragenen Sinn oft gar nicht auf den Akt der Prostitution bezogen, sondern auf Formen des Betrugs, die mit der Prostitution in Zusammenhang stehen.
Der Betrugs-Aspekt der "Huren"-Metapher kann für unredliches Verhalten verwendet werden: wenn z.B. die Grünen und an ihrer Spitze die Kärntnerin Glawischnig vertusch(t)en, dass die Grünen im Kärntner Landtag für die unbegrenzte Haftungserhöhung des Landes für die Hypo Alpe-Adria stimmten und damit Mitverantwortung für die Hypo-Alpe-Adria-Probleme tragen, dann macht die das zu "Polit-Huren", weil damit eben eine Art des Betruges und der Falschinformation und Täuschung verbunden ist. Wenn die Grünen vertuschen, dass im letzten Bundespräsidentschaftswahlkampf manipulative Umfragen dafür ausschlaggebend waren, bzw. gewesen sein konnten, dass Van der Bellen durch Irreführung der taktischen Wähler und -innen den Einzug in die Stichwahl schafft und nicht Griss, dann macht sie das aus Sicht mancher zu "Polithuren". Hier geht es nicht um Prostitution im engeren Sinn, sondern im übertragenen Sinn um Formen des Betrugs, die oft im Umfeld der Prostitution auftauchen.
5.) Eva Glawischnig als "Hure" des schwarzen Mannes, des Moslems oder des islamischen Extremisten oder Ähnliches: bekanntlich sind die Grünen ja die willkommenkulturextremistischste Partei. Und zahlreichen Statistiken zufolge sind die Zuwanderer überwiegend männlich, sodass man von Zuwanderung als fast-männliches Phänomen sprechen kann. Und eben der überwiegend-männliche Charakter der Zuwanderung passt für viele Männer, die Opfer von Migrantengewalt wurden, in Kombination mit der Unterstützung Grüner Frauen für diese Zuwanderung, zur Metapher der Hure, die in Verbindung mit ihrem prügelnden Zuhälter steht.
6.) Dazu passt auch zumindest teilweise die biblische Metapher der "Hure Babylon": Babylon war im biblischen Zeitalter (vor 3000 Jahren) eine Großstadt mit folgenden Phänomenen: Vielvölkergemisch, Sprachenverwirrung, und Männerüberschuss (im Falle von Babylon dadurch entstanden, dass männliche Händler ins Handelszentrum Babylon kamen).
7.) Was bei den Grünen vielleicht auch in Betracht käme, wäre: die Grünen als Huren von Öko-Unternehmen. Die Grünen als Huren von Tesla, zum Beispiel.
8.) Durch Umweltauflagen (für die sich die Grünen am vehementesten politisch einsetzen) kann es passieren, dass Unterschichtmänner ihren Arbeitsplatz verlieren. Aber auf der anderen Seite profitieren z.B. importierende Unternehmen von ebendiesen Konkursen oder Betriebsanlagenstillegungen, sodass viele Unterschichtmänner den Eindruck haben können, die Grünen (egal, ob männlich oder weiblich) vertreten die Interessen dieser importierenden Unternehmen und schädigen die betreffenden Unterschichtmänner.
Resümee: das strittige Posting erscheint mir unvollständig, ich glaube zwar einen gewissen Zorn, aber nicht genau den dahinterliegenden Grund zu erkennen zu vermögen. Auf jeden Fall gibt es soviele Interpretationen und Deutungsmöglichkeiten des Begriffs der "Hure" oder der "Polit-Hure", dass bei genauer Recherche sehr wohl ein Tatsachenkern zutage kommen könnte, der letztlich eine schlechte politische Optik für Glawischnig ergeben könnte, sodass sie vielleicht froh sein muss, dass der Staatsanwalt (der für männlichen Zorn vielleicht mehr Verständnis hat) das Verfahren einstellte.
Außerdem gibt es zahlreiche vergleichbare, verfahrenseinstellende Behördenakte, die von "milieubedingten Unmutsäußerungen" sprechen, dass insbesondere in Kombination mit dem etwaigen Tatsachenkern eine Einstellung vertretbar erscheint.
Auch gibt es zahlreiche Judikatur, die davon spricht, dass Politiker und -innen damit rechnen müssen, härter kritisiert zu werden.
Eva Glawischnig hatte immer die Unterstützung der eigenen Partei, bzw. zumindest die Nicht-Hass-Kritik der heftigsten Kritiker bzw. -innen der eigenen Partei. Zusätzlich hatte sie ein Politikereinkommen, dass man als Entschädigung für heftige Kritik betrachten kann. In vielen anderen außerparlamentarischen Parteien ist der innerparteiliche Umgang heftiger und die Bezahlung / Entschädigung schlechter, falls überhaupt existent.
Apropos: in der ORF-Sendung rund um Glawischnig und Kampusch dürfte untergegangen sein, dass Natascha Kampusch vielleicht mehr oder weniger fälschlicherweise zum Opfer von Attacken geworden sein könnte.
Vielen Männer (insbesondere viele Priklopil-ähnliche Männer) dürften in der Folge der Kampusch-Priklopil-Hysterie Opfer von Polizeikontrollen oder Verdächtigungen geworden sein. Und manche der zornerfüllten Statements in Bezug auf Kampusch dürften sich auf diese Probleme beziehen.
Allerdings könnten die Macher dieser Statements "Geh zurück in den Keller und alss Dich dort ...." vielleicht übersehen, dass Kampusch gar nicht die Hauptbetreiberin der Verdrehungen rund um Kampusch ist, sondern eher Berater Dietmar Ecker, Anwalt Gabriel Lansky und Ghostwriterin Corinna Milborn.
Vielleicht kann man dem ehemaligen VfGH-Präsidenten Adamovich zustimmen, der seine Aufforderungen, Kampusch solle die Wahrheit sagen (ihre ersten Aussagen waren Priklopil-freundlicher als das von Milborn geschriebene Buch "3096 Tage", das sich angeblich mit Kampusch beschäftigt) vielleicht in der Tat stimmig vermutete, dass von allen beteiligten Personen sich am ehesten Kampusch ehrlich äußern würde bzw. wird.
Die problematischen Punkte in der Affäre Kampusch könnten sein:
1.) Sie scheint Fluchtmöglichkeiten, die sie vor dem Erreichen des Alters von 18 hatte, nicht ergriffen zu haben, weil sie weder ins Kinderheim noch zu ihren Eltern zurückwollte, sondern lieber oder weniger unlieb bei Priklopil bleiben wollte, solange sie unter 18 ist.
2.) Priklopil scheint nicht Einzeltäter zu sein; auch ist es ziemlich unlogisch, mit dem Motiv, selbst zu mißbrauchen, eine Zehnjährige zu entführen, wenn man selbst Sex mit Unter-14-Jährigen ablehnt.
3.) Priklopil kann keine Aussage mehr machen, weil er entweder Selbstmord begangen hat oder ermordet wurde, vielleicht um eben diejenige Vertuschung und Verdrehung zu erzeugen, deren Opfer wir jetzt alle sind.
4.) Die ganze Geschichte spielte sich im SPÖ-nahen Wiener Gemeindebau ab, und die angebliche oder wirkliche Notwendigkeit, Strache-Wahlsiege zu verhindern, ist für viele Journalisten, Journalistinnen, etc. ein Freibrief für vieles.
Eva Glawischnig / Bild-Copyright: Die Grünen / Wikipedia / gemeinfrei