Extremistische Lügen über angeblich gebrochene NATO-Versprechen

Rechtsextremisten und Linksextremisten behaupten ja immer wieder, NATO-Politiker, insbesondere US-Politiker, hätten ihre Versprechen gebrochen.

Zu den Tricks, mit denen extremistische Internetlügner falsche Eindrücke über angebliche gebrochene NATO-Versprechen erwecken, gehört folgendes:

1.) Informelle und kurze vorbereitende Gespräche, die viel zu unpräzise sind für Vertragsfähigkeit, werden fälschlicherweise so dargestellt, als wären sie rechtsgültige Verträge und rechtsgültige Versprechen.

2.) Versprechen über momentane Politik im Jahr 1991 werden fälschlicherweise so dargestellt, als wären es Versprechen für die Ewigkeit.

3.) Versprechen über das individuelle Verhalten eines einzelnen Politikers, z.B. "Ich werde mich persönlich dafür einsetzen, dass beim nächsten NATO-Gipfel keine Osterweiterung beschlossen wird" (z.B. NATO-Gipfel 1992), werden fälschlicherweise so dargestellt, als wären es Versprechen, die ALLE NATO-Politiker für ALLE NATO-Gipfel der Zukunft binden würden, während sie in Wirklichkeit nur EINEN EINZIGEN NATO-Politiker für EINEN EINZIGEN NATO-Gipfel binden.

4.) Es wird der falsche Eindruck erweckt, die Ukraine sei irgendwann seit 1990 NATO-Mitglied geworden und Putin habe deswegen die Ukraine überfallen "müssen", weil die NATO entgegen nicht-existenten Versprechen um die Ukraine erweitert worden wäre, während die Ukraine in Wirklichkeit nie NATO-Mitglied wurde, auch und insbesondere wegen dem Widerstand und Veto von insbesondere Deutschland und Frankreich.

5.) Gespräche zwischen Sowjetchef Gorbatschow und US-Aussenminister Baker werden verfälschend-verkürzt, sodass sich ein völlig falscher Eindruck ergibt als bei korrekter und vollständiger Zitierung der Passage.

Zum Beispiel die Passage in einen Gorbatschow-Baker-Gespräch von 1991, die in Wirklichkeit so lautet:

"Baker: I want to ask you a question, and you need not answer it right now. Supposing unification takes place, what would you prefer: a united Germany outside of NATO, absolutely independent and without American troops; or a united Germany keeping its connections with NATO, but with the guarantee that NATO’s jurisprudence or troops will not spread east of the present boundary?

Gorbachev: We will think everything over. We intend to discuss all these questions in depth at the leadership level. It goes ithout saying that a broadening of the NATO zone is not acceptable.

Baker: We agree with that."

Auf Deutsch übersetzt und zusammengefasst fragt Baker hier Gorbatschow, ob ihm ein vereintes Deutschland außerhalb der NATO oder ein vereintes Deutschland mit NATO-Verbindung, sodass NATO-Rechtssprechung oder Truppen nicht östlich der gegenwärtigen Grenze zulässig ist, lieber sei.

Und Gorbatschow antwortet darauf: "Wir werden das alles durchdenken. Wir beabsichtigen, all diese Fragen auf Spitzenebene durchzudiskutieren. Es versteht sich von selbst, dass eine Erweiterung der NATO-Zone nicht akzeptabel ist."

Und Baker antwortet darauf: "Wir stimmen dem zu".

Wie schon die Aussage "Wir werden diese Fragen alle durchdiskutieren und durchbesprechen" beweist, handelt es sich um ein Vorgespräch in einer sehr frühen Phase, das keine Bindungswirkung hat, und viele Formulierungen von Beiden, sowohl von Gorbatschow wie auch von Baker sind unpräzise, doppeldeutig oder vieldeutig und so schlampig, dass sie für Verträge, Vereinbarungen und Versprechen eigentlich völlig unbrauchbar sind.

Extremisten verfälschen diese Passage insofern, als sie den falschen Eindruck erwecken, als würde sich Bakers "Wir stimmen dem zu" auf ein ewiges Versprechen, die NATO nicht zu erweitern, beziehen, während man viel eher den Eindruck haben kann oder muss, Baker würde hier Gorbatschows Vorschlag zustimmen, die Sache erst einmal durchzudenken und durchzudiskutieren.

Bei der angesprochenen "Grenze" ist unklar (sowohl bei Baker wie auch bei Gorbatschow), ob es sich um die inner-deutsche Grenze handelt, oder eine andere Grenze (die zwischen NATO und Warschauer Pakt zum Beispiel), es erfolgt keine zeitliche Festlegung, es ist unklar, ob die Beiden über das nächste Jahr, über das nächste Jahrzehnt, über das nächste Jahrhundert oder über die Ewigkeit sprechen (auch wenn Extremisten diese Passage zu einem ewigen Versprechen verfälschen).

Es bleibt auch völlig unklar, ob es sich um eine Absprache zwischen diesen Beiden Einzelpersonen, zwischen diesen beiden Administrationen oder zwischen allen zukünftigen Administrationen dieser beiden Staaten handelt, auch wenn Extremisten es immer so verfälschen, als wären diese informelle und unpräzisen Vorgespräche rechtsgültige und präzise Verträge mit völkerrechtlicher Bindungswirkung.

6.) Extremisten, insbesondere Internet-Extremisten vertuschen, dass es seit 1990 keinen einzigen Vertrag zwischen UDSSR/Russland und NATO/USA/Westen, in dem eine Osterweiterung der NATO ausgeschlossen wird, und zwar insbesondere für ewige Zeiten ausgeschlossen wird.

7.) Extremisten, insbesondere Internetextremisten vertuschen auch, dass es die UNO-Charta gibt und das darin enthaltene "Selbstbestimmungsrecht der Völker".

D.h. alle Staaten und Völker Osteuropas, also Polen, die baltischen Staaten, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Slowenien, Kroatien, etc. und auch prinzipiell die Ukraine haben das Recht darauf, ihr Schicksal selbst zu bestimmen und selbst zu bestimmen, ob sie NATO-Mitglied werden wollen oder nicht.

Und diese Extremisten vertuschen auch, dass die Sowjetunion und Russland die UNO-Charta immer formal unterstützt und befürwortet haben und dass auch Putin bis 2003 das Recht aller Länder zwischen Deutschland und Russland, NATO-Mitglied zu werden, befürwortete. Diese damalige Befürwortung von NATO-Osterweiterungen durch Putin entsprach auch der Lage zahlreicher west-östlicher Verträge, in denen das Selbstbestimmungsrecht der osteuropäischen Völker und Länder auch von Russland bestätigt wurde.

8.) Die Extremisten vertuschen, dass Putins Behauptung vom Sommer 2021 bzw. Anfang Februar 2022, die Ukraine existiere gar nicht, und das ukrainische Volk sei ein Teil des russischen Volkes, möglicherweise eine absichtliche Umgehung der UNO-Charta ist, zu der auch Putin und Russland sich oftmals bekannten.

Auch wenn man den Eindruck haben kann, dass eine geeinte Ukraine wegen des Unterschieds zwischen Westukraine und Ostukraine schwierig ist, so rechtfertigt dies keineswegs Putins Angriffskrieg auf die Ukraine, sondern es ist vermutlich umgekehrt so, dass Putin durch seinen Angriffskrieg auf die Ukraine die Einigkeit der Ukraine schuf, genau die Einigkeit der Ukraine im Kampf gegen Putin und Russland schuf, die er immer in Abrede gestellt hatte.

9.) Auch die Behauptung zahlreicher "westlicher" Politiker zwischen 1990 und 2010, dass (derzeit) keine Absicht bestehe, die NATO zu erweitern, ist keineswegs eine Ausschliessung einer NATO-Erweiterung für alle Ewigkeit, so wie putinistische Extremisten das darstellen.

10.) Eine weitere Verfälschung besteht darin, dass zahlreiche Verfälscher so tun, als wäre die deutsche Vereinigung ein Geschenk der Sowjetunion, bzw. von Gorbatschow gewesen. In Wirklichkeit war es eine Art Geschäft.

Deutschland bezahlte sehr viel dafür, die Vereinigung bekommen zu können, und Gorbatschow brauchte dieses Geld dringend, um dringend nötige Reformen der desolaten Sojwet-Herrschaft durchführen zu können.

Und wer dringend das Geld aus Deutschland braucht, um die desolate Sowjetwirtschaft reformieren zu können, der hat natürlich kaum Chancen, irgendwelche NATO-Nicht-Erweiterungen durchzusetzen. Die Putin-Propaganda verbreitenden Trolle im Internet vertuschen auch die Desolatheit der Sowjetwirtschaft, den dringenden Geldbedarf der Sowjetunion, und dass die Milliardenzahlungen von Deutschland/BRD die Gegenleistungen zur russischen/sowjetischen Zustimmung zur Vereinigung waren, und nicht ein ewiger Verzicht auf NATO-Erweiterung.

11.) die erste NATO-Erweiterung war 1999, um Polen und Tschechen, etc., die zweite NATO-Erweiterungsrunde war 2002/2004, um Bulgarien, Baltikum, etc. Die itneressante Frage ist nun: warum hat Putin diese NATO-Osterweiterungen damals gutgeheissen bzw. akzeptiert, aber erst 20 Jahre später, im Jahr 2022/2023 so getan, als wäre er schon immer dagegen gewesen ? Auf diese Frage können die Putin-Propagandisten natürlich keien Antwort geben.

Allerdings ist das Positive an diesen extremistischen Putin-Troll-Lügen, dass sie im Westen erscheinen können, und sogar sehr große Reichweiten erzielen. Würde man hingegen in Putin-Russland ähnliche Kritik an der russischen Regierung, der russischen Armee und/oder Putin üben, dann würde man wohl entweder im Gefängnis landen, oder man würde ermordet, wenn auch in verschleierter Form des angeblichen unabsichtlich-Aus-dem Fenster-Fallens, einer Todesart die in Russland weit häufiger ist, als im Rest der Welt.

Damit soll nicht gesagt sein, dass alle derartigen Fälle eindeutig auf Putin zurückführbar seien, aber Putin hat eine Art gesellschaftlichen "Stil" etabliert, in der der Mafiamord als Folge des staatlichen Mordes ziemlich verbreitet ist.

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stefan251

stefan251 bewertete diesen Eintrag 03.08.2023 13:17:42

Klassensprecher

Klassensprecher bewertete diesen Eintrag 03.08.2023 09:51:46

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