Italiens Politik hatte - quasi als Fortsetzung der Politik der vergangenen Jahre - versucht, die Corona-Krise zu instrumentalisieren, um Italiens Schulden loszuwerden, bzw. zu vergemeinschaften, was naturgemäß auf Widerstand der weniger verschuldeten Staaten insbesondere im Norden stiess.

Als Reaktion darauf und auf die hochgeschraubten Erwartungen der italienischen Politik, die dadurch enttäuscht wurden, hat sich nun laut Umfragen erstmals eine EU-Austrittsmehrheit in Italien ergeben. Ein Austritt Italiens aus der EU wäre insofern problematisch, als damit eines der bevölkerungsreichsten Länder die EU verlassen würde, das noch dazu eines der sechs Gründungsmitglieder ist.

Auch die Methode "Übernehmt unsere Schulden, sonst verlassen wir die EU" hat irgendwas von Erpressung, und ist absolut nicht der europäische Geist.

Wer schon einmal versucht hat, seiner Bank zu drohen mit dem Argument "Streicht meine Schulden, sonst vertschüss´ ich mich nach Südamerika" und sich damit eine Absage einhandelte, der wird nur wenig Verständnis für Italien haben.

Und wer seine Schulden mühsam zurückzahlte, statt einfach eine Vergemeinschaftung dieser Schulden zu verlangen und durchzusetzen, der wird noch weniger Verständnis dafür haben.

Haben vielleicht die Kärntner oder die Niederösterreicher gedroht, Österreich zu verlassen, wenn die anderen Bundesländer nicht die Kärntner und Niederösterreichischen Landes-Schulden übernehmen ?

Nein, haben sie nicht. Also wieso sollte auf europäischer Ebene akzeptabel sein, was auf innerstaatlicher Ebene verpönt ist ?

Nur deswegen, weil die Sprachbarrieren zwischen den europäischen Nationen so hoch sind, dass ein europäischer Diskurs kaum bis nicht stattfinden kann ?

Das Verhalten Italiens zeigt ebenso die die "Merkel=Hitler"-Vorwürfe des früheren griechischen Ministerpräsidenten Tsipras und seiner Partei, wie wenig europäisch die Eliten der europäischen Nationalstaaten denken, und wie wenig die EU eine Union ist, obwohl sie vielleicht überoptimistisch "Europäische Union" heisst ...

Alles in Allem dürfte der Streit um die Vergemeinschaftung der Schulden nicht nur in Italien, sondern auch im Norden, in Deutschland, Holland und Skandinavien die Befürwortung der EU stark gesenkt haben.

Und das sage ich, obwohl ich wegen meiner norditalienischen Vorfahren durchaus Sympathien für Italien habe.

Noch ein paar solche Krisen, und die EU ist eine politische Leiche, genauso tot wie die Covid-19-Toten.

"Es war einmal .... die EU, die in der Folge der Corona-Krise auseinanderfiel." wird vielleicht einmal in den Geschichtsbüchern stehen.

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