Seltsames ist mir passiert: ich pendle oft in der Innenstadt, so zwischen Uni und Hofer-Supermarkt am Concordiaplatz, und esse im Hermann-Gmeiner-Park, und da liegt das Haus der EU (Wipplingerstrasse) am Weg dazwischen.

Manchmal finden dort Veranstaltungen statt, und da schneie ich oft unangekündigt rein und nehme teil; so auch heute, mit Ausnahme der Tatsache, dass es erstmals eine Geheimveranstaltung war, und ich nicht teilnehmen durfte.

Alles, was ich konnte, war, ein Veranstaltungsprogramm zu klauen, und mir einen groben Eindruck zu verschaffen: diese EU-Geheimveranstaltung durfte nur von Communication-Officers und Directors besucht werden, und sie war schwer bewacht, sowohl durch Bundesheer, als auch durch private Sicherheitsdienste (G4S, IIRC).

Das Programm hat die Schwerpunkte: SEO, ZGOK und Brexit-EU-Elections (26.5.2019).

SEO heisst "Search engine optimization", "Suchmaschinenoptimierung", was bedeutet: was muss man tun, damit die eigenen Publikationen bei Suchmaschinen weiter oben stehen und die Publikationen der Anderen dementsprechend weiter unten ? Wenn Alle über dieses Wissen verfügen und es anwenden würden, dann wäre es sinnloses Wissen, weil die Bemühungen, die eigenen Publikationen vorzureihen, sich gegenseitig aufheben würden. Sinnvolles Wissen (wenn man vom Geld- und Machtaspekt absieht) ist das nur, solange es geheim ist und nur einem kleinen Kreis bekannt. Also der klassische Fall von Elitenwissen und Herrschaftswissen.

Das wäre ja als solches schon problematisch, aber es kommt noch problematischer: die einzige Suchmaschine, für die die Communication Officers bei dieser Veranstaltung trainiert wurden, war laut Veranstaltungsprogramm Google. Kein Qwant, kein Seznam, kein Baidu, kein Yandex, kein Bing, kein "und andere Suchmaschinen", kein "and other search engines".

Das sieht irgendwie fast so aus, als hätte die EU mit Google schon eine Art geheimen Deal, so, irgendwie der Form, die EU forciert Google, dafür forciert Google die EU. Jetzt kann man natürlich argumentieren, das könne ja gar nicht sein, weil die EU ja hohe Strafen gegen Google verhängt hat. Aber man kann es auch umgekehrt sehen: weil die EU Strafen über Google verhängte, wachsen ja EU und Google zusammen. Mag Google auch in der Vergangenheit Double Irish with a Dutch Sandwich genutzt haben, ein Steuerumgehungsmodell durch holländische und irische Steuerschlupflöcher, so haben doch die EU-Behörden (Kommission und Gericht) diese geschlossen, was auf der anderen Seite bedeutet, dass die EU wegen der Steuereinnahmen daran interessiert ist, dass Google möglichst hohe Gewinne macht, egal wie.

Und es geht noch problematischer: eigentlich sollte man SEO im Falle von Google gar nicht (zumundest nicht vollständig) betreiben können, weil laut Aussendungen von Google der Algorithmus (bzw. große Teile desselben) völlig geheim ist und dem Geschäftsgeheimnis unterliegt. Falls die EU Google-SEO betreibt, dann heisst das mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit, dass die EU den geheimen Suchalgorithmus von Google kennen muss, vielleicht durch einen geheimen Deal zwischen EU und Google (eine alternative Erklärungsmöglichkeit dafür, dass die EU Google-SEO betreibt, wäre, dass die EU eine geheime Google-Analyse-Einheit hat, die die Arbeitsweise des Google-Algorithmus schon weitgehend entschlüsselt hat). Es stellt sich für den Fall, dass ein solcher Deal existiert, die Frage: was war das Gegengeschäft ? Was musste die EU Google bieten, damit Google seinen Such-Algorithmus nur der EU, aber sonst niemandem offenlegt ?

Google galt lange Zeit als der Suchalgorithmus, der am immunsten gegenüber SEO ist, darum wundert mich, dass Google und sonst keine Suchmaschine Thema dieser geheimen EU-SEO-Workshops ist.

Und es geht noch problematischer: Google ist nicht irgendeine Suchmaschine unter vielen, sondern Google hat in vielen Ländern die marktbeherrschende Stellung, z.B. in USA, Deutschland und Österreich 90%. Sich mit Marktführer Google einzulasssen, wie die EU hier offensichtlich, würde wahrscheinlich eine Google-Markt-Dominanz auf lange Zeit bedeuten. Kein Wunder, dass man von so einem Deal nichts lesen konnte, falls er existiert: die Konkurrenten hätten aufgeschrien, die Konsumentenschützer genauso, die EU-Wettbewerbsbehörde und Wettbewerbsregeln würden fürchterlich aussehen. Alles in Allem wäre es wohl besser gewesen, die EU hätte von Vornherein die Zerschlagung von Marktführern wie Google bei Suchmaschinen und Microsoft bei Betriebssystemen zum Ziel gemacht, und nicht im Klein-Klein sich mit ein paar Besteuerungs- oder Arbeitsplätzchen-Brosamen zufrieden gegeben, so wie ich das in meinen Blogs gefordert habe.

https://www.fischundfleisch.com/dieter-knoflach/hackbarkeit-von-windows-ein-fall-von-geplanter-obsoleszenz-49091

https://www.fischundfleisch.com/dieter-knoflach/putins-rueckgaengigmachung-der-psas-als-wahre-ursache-des-ukrainekrieges-26428

So wünschenwert eine Zerschlagung von Google oder Microsoft auch wäre, so heikel ist sie andererseits: denn die Monopolgewinne, die Microsoft und Google erwirtschaften, bzw. ergaunern, sind das, was die US-Leistungsbilanz gerade noch ausgeglichen macht (das US-Handelsbilanzdefizit ist chronisch und groß).

Wenn die Gesamt-Gewinne aller US-IT-Giganten (auch und insbesdonere in der EU) durch Zerschlagung und Beendung von Marktbeherrschung schrumpfen sollten, dann könnte auch das Leistungsbilanzverhältnis zwischen EU und USA ins Problematische kippen, was eine nächste Finanzkrise lagfristig wahrscheinlich macht. Zum Ausgleich sollte die EU vielleicht ihre Euro-Nullzins-Währungsdumping-Politik aufgeben, auch wenn das als Eingriff in die Unabhängigkeit der Notenbanken betrachtet werden kann. Andererseits war die (von Politikern betriebene) Verschuldungspolitik der Jahrzehnte seit ca. 1960 auch ein massiver Eingriff in die Unabhängigkeit der Notenbanken, weil ab einem gewissen Verschuldungsgrad Niedrigzinspolitik und Nullzinspolitik alternativlos ist, selbst wenn das zu Problemen in den Aussenbeziehungen führt.

Ein weiterer problematischer Aspekt dieser EU-Geheimstrategie ist die zielgruppenorientierte Kommunikation (ZGOK, ein Synonym ist ZGOPR/zielgruppenorientierte Public Relations), targeted communication ("create digital content for target groups" im Veranstaltungsprogramm; siehe Fotos weiter unten): um die Problematik dieser Technik zu beschreiben, möchte ich ein bisschen überspitzen: zur ZGOK gehört auch, dass man einer Gruppe das Gegenteil von dem verspricht, was man der anderen Gruppe verspricht; oder dass man einer Gruppe, die man gewinnen will, die Informationen gibt, die sie haben will, obwohl eine andere Gruppe, die man auch gewinnen will, dagegen ist, dass diese Informationen überhaupt weitergegeben werden (dass die Infos schon weitergegeben wurden, verschweigt man in diesem Fall der zweiten Zielgruppe gegenüber).

ZGOK (targeted comm.) kann bei Wahlen sehr effektiv sein, solange sie geheim bleibt, sie kann aber sehr kontraproduktiv und schädlich werden, falls sie auffliegt, so ähnlich wie das dirty campaigning mit Silberstein und so. Und so kann targeted comm. die Politikverdrossenheit erhöhen und das Vertrauen in Politik schwer beschädigen.

Auch das deutsche Netzwerk-Durchsetzungsgesetz hat EU und Google (oder in diesem Fall Deutschland und Google) miteinander verflochten: um das Netzwerkdurchsetzungsgesetz umzusetzen, kündigte Google an, mehrere hunderte Arbeitsplätze in Deutschland schaffen zu wollen.

Das klingt aufs erste Hinhören sehr gut, bei genauerer Betrachtung aber nicht. Denn das Lohnniveau in Deutschland ist hoch, dieselben Leistungen hätte man wahrscheinlich in anderen Ländern auch billiger bekommen können. D.h. die Mehrkosten durch die Umsetzer und angeblichen Hass-Rede-Löscher des NetzDG muss Google ja irgendwo herholen, z.B. durch korrupte oder korruptionsnahe Mechanismen bei der Reihung, oder durch stärkeres Koppeln von Google mit Werbung, was bei schwach ausgestatteten Computern, Laptops und/oder Netzen zu Abstürzen oder Verlangsamung führen kann.

Mit anderen Worten: es kann sein, dass das absolut nicht im Sinne des EU-Verbrauchers ist. Und genau da setzt der nächste heikle Punkt an: diese EU-Geheimveranstaltung wurde finanziert vom ECC, dem European Consumer Center, also genau der Behörde, die eigentlich den Konsumenten schützen sollte, und im Interesse des Konsumenten handeln sollte, und alles für den Konsumenten transparent machen sollte. Dazu in krassem Widerspruch steht das Geheimhaltungsprinzip dieser Veranstaltung und der eingeschränkte Kreis der Zugelassenen: nur Communication Officers und Directors.

Eigentlich sind es zwei Veranstaltungsprogramme, eines für die Communications Officers (CO), und eines für die Directors. Aber da manche der Vorträge für beide sind, wurden die beiden Linien bei Überscheidungsthemen zusammengeführt. Mit gemeinsamen Vorträgen für COs, und einigen exklusiven Vorträgen nur für COs, bzw. nur für Directors.

Unter den exklusiven nur für Directors war auch einer, bei dem es um Brexit und EU-Elections (also kommende EU-Wahlen ging). Klang sehr interessant für mich, aber leiderleider, bin weder CO noch Director.

Und jetzt noch einmal zum NetzDG: einer der problematischen Aspekte des NetzDG könnte das Overblocking sein: dass Meinungsäußerungen, die keine Hate-Speech sind, also keine Hassrede, sondern irrtümlicherweise so eingestuft werden, gelöscht werden. Natürlich hat man rein theoretisch eine Berufungsmöglichkeit dagegen, aber nur wenige werden sich die Mühe antun, nur wegen eines Postings einen Beschwerde- und Revisions-Prozess einzuleiten und durchzuführen, der vielleicht auch noch kostenpflichtig ist.

Dazu kommt der Bias: selbst, wenn ein individueller Löscher oder ein Löscherin den subjektiven Eindruck hat, objektiv zu handeln und wirkliche Hass-Rede zu löschen, kann es ein harmloses Posting sein. Und wenn man als Löscher hauptsächlich junge, technikaffine Leute einsetzt, die überwiegend links sind, frei nach dem Churchill- und Clemenceau-Spruch: "Wer in der Jugend nicht links ist, hat kein Herz; wer im Alter noch immer links ist, hat kein Hirn", dann werden die aus ihrer jugendlich-linken Ideologie heraus, auch zahlreiche Postings und Internet-Publikationen löschen, bzw. den Zugang zu Google verweigern, die objektiv gesehen gar nicht rassistisch, sondern z.B. nur ein bißchen islamkritisch sind. Laut Studien sind 85% der Leute, die Islamkritik für rassistisch halten, unter 30 Jahre alt. Und dementsprechend werden sie wohl auch löschen, d.h. mit einer völlig anderen Richtung und einer völlig anderen Voreingenommenheit, als 50-Jährige gelöscht hätten.

D. Knoflach ?

D. Knoflach ?

D. Knoflach ?

D. Knoflach ?

D. Knoflach ?

D. Knoflach ?

D. Knoflach ?

D. Knoflach ?

Hier Fotos von Veranstaltungsprogramm und Begleitmaterial.

2
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
6 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

Dieter Knoflach

Dieter Knoflach bewertete diesen Eintrag 09.10.2018 15:05:00

Markus Andel

Markus Andel bewertete diesen Eintrag 09.10.2018 15:03:45

Noch keine Kommentare

Mehr von Dieter Knoflach