Gibt es im Islam überhaupt ein Alkoholverbot ?

In meiner Serie "Der wirkliche Islam" bringe ich nach dem Kapitel "Gibt es im Islam überhaupt eine Kopftuchpflicht ?" nunmehr das nächste Kapitel.

Der aktuelle Anlass dafür ist der Vorfall mit einem Moslem, der zum Mittel einer gefährlichen Drohung gegenüber Polizisten gegriffen hat, weil er mit 1.35 Promille Alkohol im Blut erwischt wurde, wobei genau das von Mullahs beschlossene angebliche Alkoholverbot im Islam eine besondere Rolle spielt.

Aber betrachten wir erst einmal die Koran-Stellen, die sich mit Alkohol beschäftigen, genau:

Es gibt genau vier Koransuren, die sich mit dem Alkohol beschäftigen:

„Und (wir geben euch) von den Früchten der Palmen und Weinstöcke (zu trinken), woraus ihr euch einen Rauschtrank macht, und (außerdem) schönen Unterhalt. Darin liegt ein Zeichen für Leute, die Verstand haben.“ – 16:67

„Man fragt dich nach dem Wein und dem Losspiel. Sag: In ihnen liegt eine schwere Sünde. Und dabei sind sie für die Menschen (auch manchmal) von Nutzen. Die Sünde, die in ihnen liegt, ist aber größer als ihr Nutzen. Und man fragt dich, was man spenden soll. Sag: Den Überschuss (von dem, was ihr besitzt)! So macht Gott euch die Verse klar. Vielleicht würdet ihr nachdenken.“ – 2:219

„Ihr Gläubigen! Kommt nicht betrunken zum Gebet, ohne vorher (wieder zu euch gekommen zu sein und) zu wissen, was ihr sagt!“ – 4:43

„Ihr Gläubigen! Wein, das Losspiel, Opfersteine und Lospfeile sind (ein wahrer) Greuel und Teufelswerk. Meidet es! Vielleicht wird es euch (dann) wohl ergehen.“ – 5:90

Keine einzige dieser Stellen ist ein absolutes Alkoholverbot. Einerseits ist vom Göttergeschenk der Palmen und Weinstöcke die Rede, wobei die daraus erzeugten Mittel eher was für Leute mit Verstand sind, die damit umgehen können.

Weiters ist oft von Kombinationen die Rede, nämlich der Kombination Glücksspiel-Alkohol. Hier ist die Verurteilung und Ablehnung deutlich, aber eben für die Kombination der beiden Aspekte, was man so interpretieren kann, dass man sich entscheiden muss, entweder für das Glücksspiel oder für den Alkohol, aber keineswegs beides kombinieren soll, weil man zum Beispiel unter Alkoholeinfluss die Übersicht über das verliert, was man durchs Glücksspiel verliert, oder weil man unter Alkoholeinfluss die schlechten Gewinnchancen beim Glücksspiel gar nicht erkennen kann. AUf jeden Fall ist ein Verbot der Kombination Glücksspiel UND Alkohol nicht gleichbedeutend mit einem Verbot der Einzelteile.

Auch das Verbot, betrunken in die Moschee zu gehen bzw. betrunken zu beten, ist keineswegs ein allgemeines Alkoholverbot. Umgekehrt kann bzw. muss man das Ausnüchtungsgebot bzgl. Betreten der Moschee betrachten als Erlaubnis des Alkohols außerhalb der Moschee.

Auch der Begriff des Meidens ist kein absolutes Verbot, sondern nur eine Tendenzaussage, von der es Ausnahmen geben kann, z.B. bei wichtigen gesellschaftlichen Veranstaltungen, wenn z.B. das Anstossen mit "ungläubigen" Kuffar-Kollegen wichtig ist zur Vertiefung des Gemeinschaftsgefühls und der Teamarbeit.

Weitere Ausnahmen von der Totalität des Alkoholverbots im Rahmen des nutzvollen Charakters des Alkohol sind zum Beispiel die betäubende und schmerzlindernde Wirkung des Alkohol bei Operationen, z.B. bei Entfernung von Holz- oder Metallteilen, die im Rahmen von Unfällen oder so in den Körper gelangt sind, oder die Nutzung von Alkohol in einem Umfeld, in dem nur vergiftete oder krankheitserregerverseuchte Wasserquellen in der Nähe sind. Generell muss der desinfizierende und bakterientötende Charakter des Alkohols in vielen Fällen als positiv betrachtet werden, also auch zum Desinfizieren von verschmutzten Wunden ist Alkohol bei Unerhältlichkeit anderer Mittel absolut legitim; und nirgendwo im Koran gibt es diesbezüglich ein Verbot, alle Verbote des Alkohols oder Meidungs-Gebote beziehen sich nur auf die mündliche Einnahme, nicht auf die Verwendung von Alkohol zu Desinfektion von Wunden.

Oft wird zeitlich argumentiert in Hinsicht auf das angebliche Alkoholverbot im Koran, bzw. im Islam: weil spätere Hadithen den Alkohol verbieten, würden dadurch frühere Suren außer Kraft gesetzt, die sogenannte Derogationstheorie, bzw. Abrogationstheorie, die darauf beruht, dass spätere Regeln frühere außer Kraft setzen.

Aber dabei ist die Geltung äußerst fraglich, denn Hadithe sind später gesammelte Aussprüche des Propheten Mohammed, die dieser früher machte. Man darf also nicht den Zeitpunkt der Sammlung als Grundlage der Derogation nehmen, sondern den Zeitpunkt der Machung der Aussage durch den Propheten, wobei dieser Zeitpunkt vielfach uneruierbar ist.

Die ganze Islaminterpretation, die auf Hadithen beruht, also später über aus zweiter oder dritter oder vierter Hand gesammelte Aussagen von Zeugen über Aussagen von Mohammed sind äußerst fragwürdig, sodass überhaupt zweifelhaft ist, ob Hadithe Suren außer Kraft setzen können.

Wie zum Beispiel der Hadith "Wenn sie Wein trinken, peitscht sie. Wenn sie nochmal trinken, peitscht sie. Wenn sie nochmal trinken, tötet sie!".

Aber hier geht es offensichtlich nicht um den gelegentlichen Konsum von Alkohol/Wein, sondern um den suchthaften/Täglichen/dauernden Genuss desselben.

Wie so oft ist keine genaue Angabe gemacht, wo die genaue Grenze ist zwischen gelegentlichem, erlaubten Konsum und suchthaften, verbotenem Konsum.

Die vielfach gepriesene poetische, metaphorische Sprache des Koran, bzw. des Islam (der Hadithen) wird hier zum Präzisionsmangel, der eine Anwendung als Gesetz eigentlich erschwert und der eher einen Empfehlungscharakter nahelegt.

Bei Hadithen kommt die Gefahr der Weglassung hinzu, dass also Zeugen, die Mohammed-Sprüche mithörten, einen Teil der Aussage vergaßen, bzw. sich nicht mehr oder nicht mehr genau erinnerten, und den Hadithensammlern nur mehr das mitteilten, woran sie sich mit Sicherheit erinnerten, hingegen nicht das, was sie nur mehr unsicher und vage in Erinnerung hatten.

Hier ist davon auszugehen, dass Hadithe eben wegen des Stille-Post-Prinzips und wegen der mangelhaften Erinnerung der Zeugen eben keine sichere Basis für Mohammed-Interpretation darstellen, sodass alle Mullahs und Ajatollahs, die Fatwas beruhend auf Hadithen aussprechen, hier möglicherweise einen Erinnerungsfehler eines Zuhörers von Mohammed fälschlicherweise zum islamischen Gesetz erklären.

Statt der Falschderogation durch Hadithen sollte der Islam daher ähnlich wie das Christentum/Urchristentum dazu übergehen, gelegentlich die Frage zu stellen "Was haben die Urmoslems gemacht und warum ?".

Man kann annehmen, dass spätere Mullahs und islamische Rechtsgelehrte das Alkoholverbot ebenso wie Kopftuchpflicht gar nicht wegen mohammedanischer Fundiertheit übernahmen, sondern nur wegen dem nicht-integrativen Aspekt dieser beider Maßnahmen.

Sowohl Kopftuchpflicht (in Kombination mit asymmetrischer Polygynie) als auch Alkoholverbot (was in der Praxis oft Nichtteilnahme von Muslimen an Veranstaltungen gemeinsam mit Nicht-Muslimen bewirkt) wirken desintegrativ, stabilisieren die Umma, die Gemeinschaft der Islamgläubigen in einem "ungläubigen" Umfeld, und werden daher begrüßt, nicht wegen tatsächlicher Begründetheit in Koran oder in Mohammed-Aussagen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Alkoholverbot_im_Islam

Alles in Allem bleibt offensichtlich eher nur, dass Alkoholkonsum Muslimen erlaubt ist, solange er maßvoll bleibt, solange nicht die Kombination mit Glücksspiel zu schweren wirtschaftlichen Schäden führt, solange keine Sucht da ist.

CC / Areatius https://de.wikipedia.org/wiki/Alkoholverbot_im_Islam#/media/Datei:Alkoholersterwerbsalter_(Weltweit)2.svg

Alkoholersterwerbsalter: Schwarz=Illegal, Braun=25, Dunkelrot=21, Rot=20, Violett=19, Blau=18, Hellblau=17, Grün=16

Selbst unter islamischen Ländern herrschen also große Unterschiede, was das Alkoholersterwerbsalter betrifft.

Hier gehören sowohl Saudi-Arabien als auch der Iran mit einem Totalverbot zu den absoluten Hardlinern, obwohl sie sich sonst vielfach uneinig sind.

Während zahlreiche andere Islamische Staaten es viel lockerer sehen.

Siehe auch:

https://www.fischundfleisch.com/dieter-knoflach/gibt-es-im-koran-ueberhaupt-eine-kopftuchpflicht-30459

https://www.welt.de/politik/deutschland/article116485906/Die-Tuerkei-gibt-sich-strenge-Regeln-gegen-Alkohol.html

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