Holocaustfolgen und übertriebene Antisemitismusbekämpfung mitschuld an antisemitischem Terror ?

Terror sei die Sprache der Sprachlosen bzw. der Sprachrohrlosen bzw. der sonstig Benachteiligten, heisst es gelegentlich, speziell von der politischen Linken.

Man könnte in Zusammenhang mit dem Attentat von Pittsburgh auch einmal die Gegenthese zum Mainstream andenken: nach dem Holocaust wurde die Antisemitismusbekämpfung (nicht mit rhetorischen, sondern mit Verbotsmitteln und mit Strafrechtsmitteln) zu einem derartig dominanten Thema, dass keine Partei und kein Spitzenkandidat sich auch nur in eine Nähe zum Antisemitismus wagte (auch Trump nicht).

Statt Rhetorik und Geschichtsunterricht und differenzierter vergleichender Religionswissenschaft setzte man auf politische Korrektheit, auf unhinterfragbare Dogmen, auf Verbotsgesetze.

Und eben wegen der falschen Schwerpunktsetzung (zuviel Strafrecht und PC-"Diktatur", zuwenig Diskurs) könnte sich im Untergrund ein Antisemitismus entwickelt haben, dessen Gewaltbereitschaft unter besseren Umständen gar nicht entstanden wäre.

Der Attentäter von Pittsburgh soll laut Medienberichten die jüdische Organisation HIAS (Hebrew Immigrant Aid Service) und ihre Tätigkeiten (auch in Zusammenhang mit muslimischer Einwanderung) als Grund für sein Attentat angegeben haben.

Gerade ich als Opfer von Migrantengewalt stehe einer solchen Begründung nicht von Vornherein völlig ablehnend gegenüber.

Generell kann es sich - bei allem Verständnis für die historischen Ursachen - als Problem herausstellen, dass seit dem Zweiten Weltkrieg der Antisemitismus eine Art von Sonderstellung innerhalb der verschiedenen Rassismen hatte: die Antisemitismusbekämpfung (oft mit Mitteln des Verbots, die sehr moralisierend und einzig und alleine durch den Holocaust begründet waren) war unter Umständen kontraproduktiv. Diese Vorzugsstellung der Antisemitismusbekämpfung kann auch als gleichheitswidrig und als verfassungswidrig betrachtet werden, womit der antisemitische Terrorist dann auf eine absurde Weise fast eine Art Verfassungsschützer wäre.

Manche kritisieren am Koran die antisemitischen Tendenzen, lassen aber die antichristlichen außer Acht.

Manche kritisieren bei Vertreibungen nur oder vorrangig die Vertreibung von Juden, die Vertreibung von Christen, Atheisten oder Bahai hat oft viel geringeren Stellenwert in der Berichterstattung und den Äußerungen von Politikern und -innen, oder auch Historikern und -innen.

Vielleicht eben deswegen, weil sich der Holocaust schwerpunktmäßig eben gegen Juden richtete, nicht aber schwerpunktmäßig gegen Christen oder Bahai.

Sobald jemand einen einzigen Juden kritisierte, lief und läuft er - auch wenn er verschwieg, dass es sich um einen Juden handelte - sehr schnell Gefahr, allgemein als Antisemit oder Rechtsextremer dargestellt zu werden.

Die Anzahl der Antisemitismuskonferenzen und Artikel zum Thema Antisemitismus ist viel größer als die Anzahl der Konferenzen und Artikel zu jedem anderen Rassismus-Thema.

Speziell im Zusammenhang mit der Antisemitismusbekämpfung, die durch den Holocaust zu einer unkritisierbaren Tätigkeit wurde, wurde dabei auch zuwenig unterschieden zwischen Strömungen, die sich gegen die Juden als Volk und zwischen den Strömungen, die sich gegen die Juden als Religion richteten. Die Unterscheidung in staatliche Israelis und religiöse Israeliten bringt eine Differenz zum Ausdruck, die der vereinheitlichende Antisemitismus-Begriff vertuscht und verunmöglicht. Die Unkritisierbarkeit der Antisemitismusbekämpfung kann auch - entgegen dem Anspruch der Wissenschaftlichkeit - als Immunisierung und Unwissenschaftlichkeit im Sinne Karl Poppers gesehen werden.

Berechtigte Kritik an der jüdischen Religion wurde vielfach voreilig und im Geiste der übertriebenen politischen Korrektheit - was in Anbetracht der Judenvernichtung des Zweiten Weltkriegs verständlich erscheint - als Rassismus eingestuft, was der jüdischen Religion als einziger ermöglichte, unkritisiert im politisch-medialen Mainstream mit Dingen durchzukommen, mit denen andere Religionen nicht unkritisiert durchgekommen wären.

Man kann vermuten, dass die Vermischung von rassistischen und religionskritischen Aspekten im undifferenzierten Antisemitismus-Begriff ein Wegbereiter dafür war, dass Kritik an der islamischen Religion bzw. am Gründer der islamischen Religion, Mohammed, sehr oft als rassistisch betrachtet wird und mit ähnlichen Meinungsäußerungsfreiheitseinschränkungen geahndet wird.

Hier wären die säkulären Juden gefordert, sich stärker von den religiösen Juden zu distanzieren, was aber praktisch nicht passiert, auch wegen des Holocausts, und weil ein säkularer Jude, der religiös-orthodoxe Juden kritisiert, sehr leicht Gefahr läuft, als "Volksverräter" oder "antisemitischer Jude" denunziert zu werden (ähnlich wie Hannah Arendt für ihre Formulierung der "Banalität des Bösen" in bezug auf Eichmann von Mitjuden heftig geshitstormed wurde).

Speziell die deutsche (oder österreichische) Linke sprach sich sehr aus für die Unvergleichlickeit des Holocaust, aber auch das war vielleicht eine Übertreibung: vielleicht hat der Holocaust tatsächlich mehr von einem "(unbedeutenden) Vogelschiss der viele Jahrtausende alten deutschen Geschichte", wie AfD-Chef Gauland das in etwa meinte, als der politischen Linken lieb ist; bzw. er sollte mehr davon haben.

Wenn der Holocaust zum einzigartigen Verbrechen der Menschheitsgeschichte hochgehoben wird, dann heisst das auch, dass alle anderen Völkermorde der Menschheitsgeschichte (wie zum beispiel Stalins Holodomor in der Westukraine) dadurch verharmlost und verniedlicht werden, weil sie dann ja nicht so schlimm waren wie der - eben einzigartige - Holocaust, und weil sie als vergleichsweise klein erscheinen im Vergleich zu diesem.

Zusätzlich ist Adolf Hitler im politischen Bewußtsein der Welt, das durch die dominierenden US-Amerikanischen und Britischen Medien und Wissenschafter geprägt ist, der Archetyp des "politisch Bösen", was auch dazu führen kann, dass andere Formen des "politisch Bösen" zuwenig beachtet werden.

Eine übertriebene und zu weit ausgedehnte Antisemitismusbekämpfung, die dem Grundsatz "Wehret den Anfängen !" folgt und davon ausgeht, dass bereits die geringste Antisemitismusnähe eine ernstzunehmende Holocaustgefahr darstelle, die mit allen verfügbaren Mitteln bekämpft werden müsse, rechtfertigt - aus der Geschichte des Holocaust heraus mehr oder weniger gerechtfertigt - massive Einschränkungen der Meinungsäußerungsfreiheit, die in anderen Bereichen absolut unakzeptabel erschienen.

So gesehen könnte man sagen, ein sehr wesentlicher Aspekt der (angeblichen) Unvergleichlichkeit des Holocaust besteht darin, dass er weltweit eine Form von Rhetorik und eine Form von übertriebener politischer Korrektheit schuf, die gleichsam-totalitäre Einschränkungen der Meinungsäußerungsfreiheit schuf, die eigentlich demokratischen Grundprinzipien widersprechen.

Diese Form der gleichsam totalitären Meinungsfreiheitseinschränkungen im namen der allzu vorbeugenden Neu-Holocaust-Bekämpfung beschränkte sich dabei auf die politisch-mediale Klasse, aber in vielen Fällen (z.B. USA) nicht auf die Basis.

Aber genau hier beginnt das Terror-Problem: wenn gewisse Einstellungen nur auf Basis-Ebene vertretbar, sagbar und diskutierbar sind, aber nicht auf Medien- oder Politikebene, dann ist bei einem gewissen Prozentsatz der Weg zum Terror bereits vorprogrammiert. Womit dann die politisch-medialen Eliten eine Mitschuld an genau dem Terror haben, den sie mit dem Gestus der moralischen Empörtheit reflexhaft und ritualisiert verurteilen, ohne irgendwelche erfolgversprechenden Konzepte, dem zu begegnen, vorzuschlagen.

In allen anderen Bereichen argumentiert man, die Aufgabe politischer Parteien sei es, Extreme zu moderieren und sie dadurch zu mäßigen und mit der Demokratie zu versöhnen und vom Terror abzuhalten, indem man ihnen ein parlamentarisches Sprachrohr gibt.

Mit einer einzigen Ausnahme: dem Antisemitismus. Kritik am Judentum ist ein absolutes No-Go, womit aber auch die Möglichkeit, durch Einbindung und Versprachrohrung zu mäßigen, ein politisches No-Go ist.

Es ist natürlich möglich, dass solche Positionen, wie die, die ich hier in diesem Blog andachte, vorschnell wieder ins Lager des "sekundären Antisemitismus" geschoben werden, aber es besteht die Gefahr, dass eine derartige Einordnung die Lage eher verschlechtert als verbessert.

CC / zug.gem. Bundesarchiv https://de.wikipedia.org/wiki/Adolf_Hitler#/media/File:Bundesarchiv_Bild_183-H1216-0500-002,_Adolf_Hitler.jpg

Verhext uns der Archetyp des "Politisch Bösen", Adolf Hitler, sodass wir in Anfällen von Hitler-Hysterie und irrationaler Holocaust-Wiederholungsfurcht demokratische Grundregeln außer Kraft setzen und daher den Terror miterzeugen, den wir vermeiden zu wollen behaupten ???

Auf eine absurde Art und Weise hat Hitler nach wie vor sehr große Macht, auch die Macht, unsere heutigen sogenannten Demokratien tendenziell zu Systemen mit partiell antifaschistisch-totalitären, bzw. antiantisemitisch-diktatorischen Zügen zu machen.

P.S.: nur um Mißverständnissen vorzubeugen: ich verstehe den Begriff der "Mitschuld", wie in der Überschrift verwendet, oder Begriffe wie den des "Miterzeugens" im Sinne von "Teilschuld".

P.S.2: angenommen, ich würde als SS-Enkel eine Austrian Migration Aid Service (AMAS) gründen, mit Stellen und Jerusalem und TelAviv, das sich bemüht, islamische Migranten in hoher Zahl nach Israel zu schleusen, dann müsste ich wohl auch damit rechnen, Opfer eines Attentats eines israelischen Rechtsaussen zu werden, so wie Jitzchak Rabin.

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