"Militärischer Regime Change" ist das, was z.B. 2003 im Irak zum Sturz von Saddam Hussein erfolgte.
Auch der Sturz von Muammar Al-Gaddafi kann als eine Art des teilweisen Regime Change betrachtet werden.
Allerdings sind der Irak (35 Millionen Einwohner) und Libyen (5 Millionen Einwohner) ziemlich kleine Staaten.
Im Vergleich zum Iran zum Beispiel, mit seinen ca. 80 Millionen Einwohnern.
Ehrlich gesagt: ich halte von den Vorschlägen, die seit den 1980er Jahren gescheiterten Wirtschaftssanktionen gegen das Mullah-Regime wiederaufzunehmen, nicht viel.
So unangenehm das auch erscheinen mag: wenn man das iranische Mullah-Regime wegbekommen will, dann gibt es wahrscheinlich nur eine einzige Möglichkeit: die militärische.
Und dafür gibt es tatsächlich gravierende Argumente:
.) die ausgedehnte Anwendung der Todesstrafe auch für Gotteslästerung/nicht-schiitischen Glauben oder anderes
.) die Gefährdung des Mächtegleichgewichts in der Golfregion (speziell nach Sieg der russisch-alawitisch-iranischen Allianz mit ungerechtem Frieden in Syrien und Muktada Al-Sadr-Wahlsieg im Irak, der vielleicht illegal war, weil Al-Sadr als südirakischer Schiit mehr Macht bekommt, als es der föderalistischen Verfassung des Irak entspricht)
.) die Pseudodemokratie: der sogenannte revolutionäre Wächterrat hat das Recht, allen Kandidaten das passive Wahlrecht abzusprechen, was erklärt, dass praktisch nur Mullahs (also männliche Geistliche) Politiker werden können.
Aufgrund der Größe und der militärischen Stärke des Iran wäre ein militärischer Sturz des Regimes der wirklich große Fall, der den Sturz von Saddam Hussein und die darauf folgenden Ereignisse im Irak als einen Spaziergang erscheinen liesse.
Auch deswegen, weil Saddam Hussein bzw. seine Armee durch das Sanktionenregime in der Folge des Kuwait-Krieges geschwächt war.
Einen militärischen Regime Change im Iran zu befürworten, ist eine absolute Minderheitenposition in der Politik, insbesondere in der pazifistischen und christlich-andere-Wange-hinhaltenden EU, die sich selbst als "Friedensprojekt" betrachtet.
Im Nahen Osten wird der militärische Regime übrigens wesentlich mehr in Betracht gezogen, als in der fernen EU.
Das Scheitern von Wirtschaftssanktionen ist übrigens kein Spezifikum des Iran: auch bzgl. Südafrika existierten 40 Jahre lang Wirtschaftssanktionen wegen der dortigen Apartheid-Politik, die aber wirklungslos waren, weil die Südafrikaner tausende Wege fanden, sie zu umgehen. Und der Fall des Eisernen Vorhangs und der Untergang der Sowjetunion waren für das Ende der Apartheid und die Enthaftung von Nelson Mandela viel wichtiger als die erfolglosen Wirtschaftssanktionen.
Dasselbe gilt für Serbien während der jugoslawischen Kriege der 1990er Jahre: von Helmut Kohls "Wer so agiert, muß damit rechnen, keine neuen Kredite zu bekommen" bis zu ineffektiven Wirtschaftssanktionen, die nur den Schmuggel anheizten, reichte damals die Palette.
Auch die Nazis des Zweiten Weltkriegs wurden nicht durch die Wirtschaftssanktionen gestürzt, sondern durch militärische Gewalt.
Deshalb gelten Wirtschaftssanktionen (ohne darauffolgende Militärintervention wie im Irak) in der Politikwissenschaft als Alibiaktion, als Scheinaktivität, mit der Politiker von ihrer Untätigkeit ablenken wollen.
Auch deswegen, weil die bittere Wahrheit, dass vielfach nur Kriege zielführend sind, den Wählern und vielleicht insbesondere den Wählerinnen (mit Ausnahme von Frauen des Typs "Eiserne Lady" wie Maggie Thatcher vielleicht, die aber gerade bei Frauen oft unbeliebt ist) nicht zuzumuten ist.
In einem ähnlichen Zusammenhang, das bis hin zur Frage des Präventivkriegs reichte, hatte ich kürzlich eine Debatte mit einer Moraltheologin, bei der die Differenzen zwischen Realpolitik und Moraltheologie zum Ausdruck kamen. Im Christentum wurde ja so ab dem vierten Jahrhundert die Lehre vom "bellum iustum", vom gerechten Krieg, entwickelt, die aber heute wieder praktisch verschwunden ist, weil sie so gar nicht zu Papst Franziskus´ (Bergoglios) pazifistischem Populismus passt, der sich allerdings durchaus aus Jesus Christus "Die andere Wange hinhalten"-Verhalten und -Reden ableiten läßt.
Gemeinfrei / Museum of the USAF https://de.wikipedia.org/wiki/Consolidated_B-24#/media/File:B-24M-20-CO_USAAF.jpg
B-24 "Liberator"-Bomber des Zweiten Weltkriegs; der "Befreier".
Ausdruck des angelsächsischen Pragmatismus und der Realitätsnähe, dass nur Bomben befreien und nicht Friedensappelle.
Sheida Soleimani, Tochter von persischen Eltern, die vor der Khomeini-Revolution flüchteten.
Auf aktionistische Art und Weise thematisiert sie die religiös begründete Gewalt gegen Frauen im Iran.
3-SAT widmete ihr eine Doku.