Ist Strache besser als Jörg Haider, wie DerStandard behauptet ?

Unsere "heissgeliebte" "antifaschistische", blass-rosa Tageszeitung "Der Standard" behauptete nach (oder zeitgleich mit) dem Kuscheln von Kern und Strache in der ORF-Sendung "Im Klartext", H.C. Strache sei besser als Jörg Haider.

http://derstandard.at/2000048016064/Strache-ist-besser-als-Haider

Ich persönlich gehöre zur genau umgekehrten Fraktion: bei aller Kritik, die man an Jörg Haider tatsächlich üben konnte, war er mMn besser (oder weniger schlecht) als Strache. Dass Strache in mancherlei Hinsicht mehr Erfolg hat, hängt wohl damit zusammen, dass sowohl das Zuwanderungsthema als auch das Thema der Wirtschafts- und Finanzkrise und des damit zusammenhängenden Elitenverdrusses erst ab 2008 so richtig Kraft entwickelten.

Haider hätte mMn bei der selben Themenlage wahrscheinlich fünf oder zehn Prozent mehr als Strache.

Haider war auch Landeshauptmann (sogar einmaliger Comeback-Kid-Landeshauptmann mit Wahl, Abwahl und Wiederwahl), während es Strache nicht gelungen ist, trotz idealem thematischen Rückenwind der SPÖ bzw. Häupl nahe zu kommen (der Abstand zwischen SPÖ und FPÖ betrug bei der Wien-Wahl 2015 9%).

Auch das gebrachte Argument mit der Personalpolitik ist zwiespältig: ja, unter Haider gab es einen schnellen Wechsel des Personals, z.B. im Generalsekretariat. Aber dies hängt mit zwei Faktoren zusammen: erstens hatte die Haider-FPÖ eine größere Personalauswahl, zweitens konnte Haider durch sein Charisma immer neue Leute anziehen, wenn er Leute abstiess (auch wenn die Art, Menschen als "Ballast" zu bezeichnen, dabei von mir nicht unterstützt wird).

Haider war auch intellektuell und hatte ein Spezialgebiet, nämlich Juristerei. Er war eine Zeitlang Assistent am Juridicum gewesen, und sein Professor wollte, dass er eine universitäre Karriere einschlägt und auch Professor wird.

Strache war stattdessen Zahntechniker, was ein ehrenwerter Beruf ist, aber wohl keine besondere Qualifikation, um Spitzenpolitiker zu werden.

Selbst, wenn man zertifizierte Bildung für überschätzt hält und unzertifizierte Bildung für einen einigermaßen geeigneten Ersatz, hat Strache das Problem, dass er vielfach nicht zu überzeugen scheint, sowohl wirtschaftliche als auch juristische Zusammenhänge nicht erkennt, etc.

Das mit den schnelleren Personalwechseln hat auch noch einen weiteren Hintergrund: Haider war durch seine Wahlerfolge und seine rednerische Schlagfertigkeit parteiintern mächtig und konnte praktisch jeden "killen", während Strache sich kein einziges Mal gegen FPÖ-Politiker mit Hausmacht durchsetzte.

Ja, Strache hat Barbara Rosenkranz abgesetzt, nachdem sie wegen des zusätzlichen Konkurrenten "Team Stronach" ein mittelmäßiges Wahlergebnis für die FPÖ Niederösterreich zustande brachte. Allerdings hatte Rosenkranz insgesamt (also, wenn man ihre erste und zweite Spitzenkandidatur für die FP NÖ zusammenrechnet) eine positive Bilanz.

So gesehen und unter Berücksichtigung des Umstands, dass Rosenkranz bei ihrer zweiten Wahl durch das "Team Stronach" am Höhepunkt einen gefährlichen Gegner erhielt, war die Ablöse von Rosenkranz durch Strache ungerechtfertigt. Aber, wie das in der FPÖ eben so ist, Frauen haben bei ihr eine schwache Hausmacht, und Strache konnte Rosenkranz leicht "killen", was man allerdings auch als problematischen Eingriff in die föderalistische Struktur und in die inneren Angelegenheiten der FPÖ Niederösterreich betrachten kann, denn Strache ist Wiener.

Haider hatte zwar auch Auseinandersetzungen und Meinungsverschiedenheiten mit Frauen (beispielsweise mit Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer) gehabt, aber er strebte mWn nie an, Riess-Passer abzusetzen.

Die Härte, mit der Strache Rosenkranz absetzte, dürfte provoziert gewesen sein. In einer vorangegangenen Fernsehdiskussion provozierte eine Profil-Journalistin Strache, indem sie ihm vorwarf, führungsschwach zu sein. Und berechenbares Hündchen, das Strache eben zu sein scheint, liess sich Strache auf die Provokation ein und servierte Rosenkranz ab. Bei der geringen Hausmacht, die Frauen traditionell in der FPÖ haben, keine große Leistung und kein Beweis von Führungsstärke. Vielleicht war auch im Falle Rosenkranz das Wahlergebnis nur Vorwand, und es ging Strache sowohl bei Rosenkranz als auch im folgenden Fall möglicherweise darum, Leute loszuwerden, die intelligenter waren als er und einen besseren Bildungshintergrund hatten als er.

Eine weitere Personalentscheidung Straches betrifft den Rechtsausleger Mölzer angeblich wegen des in der Tat problematischen "Negerkonglomerat"-Sagers als EU-Spitzenkandidat.

Mölzer war als Rechtsausleger bzw. Rechtsaufsammler natürlich immer in einer problematischen und verwundbaren Position. Allerdings hatte er schon früher durch eine problematische Vorzugsstimmenaktion den eigentlichen Spitzenkandidaten Kronberger, der die Wahlkampflast getragen hatte, aus dem Mandat gefegt. Andererseits hatte Mölzer etwas Interessantes, Parteiintellektueller-haftes, auch irgendwie Querdenkerisches. Der "Sturz" dürfte auch nicht so tief gewesen sein, allerdings war Mölzer nach seinem "Sturz" als Spitzenkandidat tatsächlich verständlichermaßen irgendwie langweiliger bzw. vorsichtiger als vorher. Dass Strache sich nun über angebliche Maulkörbe Mitterlehners gegenüber Lopatka beschwert, entbehrt so gesehen nicht einer gewissen Ironie, aber Strache ist möglicherweise unterintellektuell, um die Doppelmoral, in die er sich begibt, zu erkennen.

Vielleicht war der "Negerkonglomerat"-Sager auch nur ein Vorwand, und die wahren Gründe für die Demontage Mölzers waren ganz andere: Städterivalität zwischen Vandalia Graz und Vandalia Wien (Mölzer war Grazer und daher nicht immer einer Meinung mit der Wiener Seilschaft aus Strache und Gudenus).

Und es gibt da diese Fernsehdiskussion, in der Mölzer Sarközi gegenüber Diskussionsbereitschaft, was das Verlassen der Hofburg, die Strache der Provokationsspielchen wegen offensichtlich gelegen kam, gezeigt hatte.

Als Grazer Freiheitlicher hatte Mölzer offensichtlich kein besonderes Interesse daran, wer in Wien Bürgermeister ist, er wollte vielmehr gemütlich an Veranstaltungen in Wien teilnehmen, ohne Eier- oder Tomatenwürfe erdulden zu müssen. Strache hingegen rechnete möglicherweise damit, dass es ihm in Wien Mitleidsstimmen zutreibt, wenn auf FPÖ-Politiker Lebensmittel, welcher Art auch immer, geworfen werden.

Auch hier wieder ein Wien-Graz-Konflikt, der den Wien-Graz-Konflikten in anderen Parteien ähnelt:

Busek (VP Wien) favorisierte Koalition mit der SPÖ, Krainer (VP Stmk) Koalition mit der FPÖ. Häupl (SPÖ Wien) verglich seinen parteiinternen Gegner Voves (SPÖ Stmk) mit der Pegida.

Auch die Frage, wieviel Platz ein Thema (z.B. die Zuwanderungsfrage) im Parteiprogramm einnimmt, finde ich anders als der "Standard"-Autor mit dem langen Namen ziemlich uninteressant. Die Frage nach der Qualität der Themenbehandlung, nach der Fakten- und Detailfülle bei der Themenbehandlung interessiert mich viel eher. Und diesbezüglich fühlte ich mich bei Haider oftmals besser aufgehoben als bei Strache.

Auch den Schlussatz, es sei immer bei allen Beendigungen von Koalitionen mit FP-Beteiligung oder Parteispaltungen (1986, 2002, 2005) Haider quasi der "Böse" gewesen, halte ich für sehr fragwürdig.

In der rot-blauen Koalition SPÖ-FPÖ 1983-1986 hatte die FPÖ, in der Haider damals eine absolute Randrolle spielte, serienweise Landtagswahlen verloren (mit Ausnahme der Kärnten-Wahl, wo Haider Landesparteiobmann war!). Es ist klar, dass eine Partei, die knapp an der überlebenswichtigen Vierprozenthürde (oder Ähnlichen) liegt, dem Überlebenstrieb folgend, einen Kurswechsel vollzieht. Wenn die SPÖ die FPÖ korrekt behandelt hätte und ihr mehr Raum zur Entwicklung bzw. zur Profilierung gegeben hätte, wäre die rot-blaue Koalition wahrscheinlich nicht geplatzt. Aber zahlreichen Anzeichen nach (Frischenschlager-Reder-Affäre) machte die absolute Mehrheiten gewohnte (und absolute Mehrheiten zurückerobern-wollende?) SPÖ Intrigen gegen den eigenen Koalitions-"Partner", was mitunter schon mal mit Koalitionsbruch enden kann.

Was 2002 betrifft: der Autor behauptet eine Koalitionsbeendigung, die gar nicht stattfand: nach der Wahl wurde dieselbe schwarz-blaue Koalition gebildet, wie sie vor der Wahl bestanden hatte, allerdings mit anderen Gewichtsverteilungen. Vorgezogene Neuwahlen sind nun einmal verfassungsrechtlich in Österreich erlaubt. Und die FPÖ ist keineswegs die einzige Partei, die vorgezogene Neuwahlen "verursacht" hatte, die Kreisky-SPÖ hatte in den 1970er Jahren fast jede Wahl zu einer vorgezogenen gemacht.

Die Parteispaltung 2005 in FPÖ und BZÖ war sicher nicht Haiders Ziel, aber es ist erstaunlich, dass Haider, der praktisch nichts aus der Teilungsmasse erhielt, bei der Wahl 2008 10,7% erreichte, ein sehr hoher Wert für eine junge Partei, die noch dazu von den Medien scharf kritisiert wurde.

Bei aller Kritik an Haider bin ich alles in allem eher der Meinung, dass Intellektualität, Innovation, Kreativität und Debattierqualität für Haider und gegen Strache sprechen. Die Beiden kann man diesbezüglich eben deswegen gut vergleichen, weil Beide gleichsam demselben Lager entstammen.

Soll ich jetzt sagen: "Sorry" oder "Danke", "heissgeliebtes antifaschistisches Kampfblatt" ? Wenn Ihr Strache für besser haltet als Haider, könntet Ihr Euch selber schaden und Anderen (mir?) nutzen.

(Bild-Copyright: Dieter Zirnig / Flickr)

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