Die Wahlen sind geschlagen und offensichtlich niemand rechnet nach:
Die ÖVP-NÖ erhielt gemäß vorläufigem Wahlergebnis 49.6% der Stimmen und 29 Mandate, die die Fünfprozenthürde überschreitenden Oppositionsparteien erhielten in Summe 50.3%, aber nur in Summe 27 Mandate. Eine derartige Mandatsmehrheit ohne Stimmenmehrheit wird oft manufactured majority (erzeugte Mehrheit) genannt.
Diese Diskrepanz könnte sich aus der Verwendung des D´Hondt´schen Verfahren ergeben.
Würde die Niederösterreichische Landtagswahlordnung anstelle des D´Hondt´schen Verfahren das Sainte-Laguë-Verfahren vorsehen, so ergäbe sich ein Mandatsstand von ÖVP 28, SPÖ 13, FPÖ 8, Grüne 4, NEOS 3. D.h. die beiden größten Parteien erhielten je ein Mandat weniger, die beiden kleinsten Parteien je ein Mandat mehr. (Der ehemalige Grün-Abgeordnete Voggenhuber hatte sich gelegentlich für das Sainte-Lague-Verfahren ausgesprochen)
Die absolute Mehrheit der ÖVP wäre damit weg, wenn man "Hälfte plus 1" als absolute Mehrheit definiert.
Allerdings gab und gibt es wohl in zahlreichen Landesgesetzen Regelungen, die der mandatsstärksten Partei auch bei völligem Mandatsgleichstand, also bei exakt der Hälfte der Mandate, das Recht einräumen, den Landeshauptmann bzw. die Landeshauptfrau zu stellen.
Das Sainte-Laguë-Verfahren ist das proportionalere Verfahren und in Skandinavien verbreitet. In letzter Zeit stellen auch so manche deutsche Länder um von D´Hondt auf Sainte-Laguë.
Zusätzlich könnte auch die Zweitwohnsitzregelung eine Wahlanfechtung ermöglichen.
Abschliessend muß man sagen, dass die FPÖ-Gewinne mit 6.5% nicht hoch ausfielen, wenn man berücksichtigt, dass die Liste Frank (benannt nach Frank Stronach), die beim letzten Mal 9.84% der Stimmen erhielt und hauptsächlich der FPÖ "Stimmen wegnahm", diesmal nicht mehr kandidierte.
Die FPÖ hatte eine Mindestens-Verdopplung der Stimmen angestrebt, aber nach dem vorläufigen Wahlergebnis mit einem Zuwachs von 53.767 Stimmen einen Zuwachs von in etwa Zwei Dritteln des Vorangegangenen erreicht.
Diese ca. 53000 Wähler stellen nur in etwa die Hälfte der Wähler der "Liste Frank" der letzten NÖ-LT-Wahl von 2013 dar.
Auch das Wahlziel, die absolute Mehrheit der ÖVP zu brechen, erreichte die FPÖ nicht (genauso wie die anderen Oppositions-Parteien dieses Wahlziel nicht erreichten).
Das unter den Erwartungen und den eigenen Wahlzielen gebliebene Ergebnis der FPÖ kann daher als eine Art Rehabilitierung der von Strache entmachteten früheren FPÖ-NÖ-Landesvorsitzenden Barbara Rosenkranz gewertet werden.