Es scheint so zu sein, dass die Frage, ob Innenminister Kickl ersetzt werden soll, den Ausschlag gab für die vorgezogenen Neuwahlen.

Er hatte mit seiner Kritik am EuGH und an der Judikatur desselben in Sachen Abschiebung straffällig gewordener Asylwerber scharfe Kritik geübt, die inhaltlich schwer nachvollziehbar ist.

Das heisst aber umgekehrt, dass das Strache-Video keine Rolle spielte bei der Entscheidung zu vorgezogenen Neuwahlen.

Vorgezogene Neuwahlen sind ein rechtlich problamtisches Instrument: in den USA sind sie komplett verboten, in Deutschland nur durch Überwindung von sehr hohen juristischen Hürden erreichbar, weshalb sie in Deutschland auch viel seltener sind als in Österreich.

Vorgezogene Neuwahlen kann man sehen als ein Strument der Politikerwillkür, insbesondere der Kanzlerwillkür und der Regierungswillkür.

Wer die Parlamentsmehrheit hat, kann den Wahlzeitpunkt bestimmen, er kann den Wahlzeitpunkt so festlegen, dass er für die Opposition (oder für den Koalitionspartner) am ungünstigsten ist.

Daher spricht man in diesem Zusammenhang oft von Überrumpelungswahlen, die nur dazu dienen, den jeweils Anderen am falschen Fuss zu erwischen.

Dass die Opposition nun jubelt, obwohl diese Auswahl des ungünstigsten Zeitpunkts beim nächsten Mal auch sie treffen kann, verwundert, aber in Österreich zählt das Freiheitlichen-Bashing halt mehr als jede politische Vernunft.

Auch die offizielle Begründung ist nicht besonders plausibel: ein Strache-Video dürfte nach dem Rücktritt von Strache wohl ein ziemlich unplausibler Neuwahlgrund sein.

Und letztlich könnte es genauso kommen wie im Jahr 2002: eine schwarz-blaue Koalition zerkracht sich, macht Neuwahlen und bildet sich nach der Wahl erheut wieder. Und bei der großen schwarz-blauen Mehrheit erscheint auch ein Verlust derselben unwahrscheinlich. Alles, was plausibel ist, ist eine Rückgewinnung der rot-grünen Verfassungssperrminderheit, die nach der letzten Wahl verloren ging.

Wenn die Grünen reinkommen, aber die Liste Pilz rausfällt, dann könnte das andererseits auch eine Schwächung von Rot-Grün bedeuten.