Kronenzeitung feiert Wasserkraftverhinderung als großen Erfolg

Die Kronenzeitung feiert den 60. Geburtstag. Allerdings würde der Ablauf der Geschichte die Möglichkeit bieten, einen differenzierteren Blick zu werfen, als den, den die "Krone" heute in einem Anflug von Selbstbeweihräucherung wirft.

Die Krone (unter dem "alten" Dichand, Hans Dichand) war einer der Hauptbetreiber der Anti-Hainburg-Bewegung.

Bei Hainburg an der Donau hätte 1984 ein Wasserkraftwerk gebaut werden sollen, und zwar inmitten eines Naturschutzparks.

Das wäre natürlich ein Eingriff gewesen, aber ein Eingriff zugunsten einer sauberen und erneuerbaren Energiequelle.

Die Folge der Wasserkraftwerk-Hainburg-Verhinderung war: die Stromhandelsbilanz Österreichs verschlechterte sich. Österreich, das eigentlich wegen seines alpinen Charakters mit Wasserkraftmöglichkeiten gesegnet ist, könnte bzw. sollte diese nutzen, um mit Stromexporten Kohlekraftwerke und Atomkraftwerke in Europa zu verhindern, was es aber nicht tat.

Weil Österreich durch AKW-Zwentendorfverhinderung (1978) und Wasserkraftwerk-Hainburg-Verhinderung (1984) mengenmäßig Stromimporteur wurde, musste mehr als geplant Strom über die Stromimportverträge mit der Ukraine laufen. Und diese Stromlieferverträge mit der Ukraine könnten dazu beigetragen haben, dass ukrainische Stellen 1986 damit liebäugelten, die Möglichkeiten des Atomkraftwerks Tschernobyl maximal auszuprobieren und auszureizen, wobei es dann zur Kernschmelze und zum AKW-Unfall kam, der eben deswegen besonders schlimm war, weil das AKW Tschernobyl kein Containment (Ummantelung) hatte. So gesehen trägt die Krone ebenso wie die österreichische Ökologiebewegung wahrscheinlich eine Mitschuld an diesem Atomreaktorunfall.

Ich habe einmal mit einem Betreiber der Hainburg-Bewegung (Peter Weish) gesprochen, der meinte: "Wenn wir gewusst hätten, dass sich der Stromverbrauch so stark erhöhen würde, dann hätten wir nicht versucht, Hainburg zu verhindern"

https://de.wikipedia.org/wiki/Besetzung_der_Hainburger_Au

Die Wasserkraftfeindlichkeit der österreichischen Grünen führte auch zum Abwandern zahlreicher Ökorealisten, wie z.B. Monika Langthaler. Die Frage, ob man gegen Atomkraft und Wasserkraft gleichzeitig sein könne, wird von der Krone zuwenig thematisiert, Selbstbeweihräucherung hat hier Priorität gegenüber Wahrheitsliebe und Wahrheitssuche.

Alles in Allem scheint hier auf Seiten der Linken eher Antikapitalismus ein Motiv gewesen zu sein, und nicht Ökologie, weil es gegen den Konzern DOKW ging.

Die Frage, ob man gegen Atomkraft und Wasserkraft gleichzeitig sein könne, wurde in der Ökologiebewegung zwar thematisiert, aber nur geringfügig.

Und nachdem die Krone auf den Hainburg-Zug aufgesprungen war, gaben viele wasserkraftfreundliche Grüne ihre Bedenken wegen der Medienpräsenzmöglichkeiten auf, und so wurden die österreichischen Grünen die einzige Grünpartei Europas, die wasserkraftfeindlich war, was zu ihrem Absturz und Parlamentsrausflug bei der letzten Nationalratswahl und auch zum Rücktritt von Eva Glawischnig beigetragen haben mag.

Auf jeden Fall war es so, dass damals die Krone neben dem ORF das mit Abstand wichtigste Medium war (heute hat sich die Medienszene pluralisiert, auch durch die neuen Privat-TV- und Privat-Radio-Sender).

Und die Krone war möglicherweise deswegen das mit Abstand wichtigste Nicht-ORF-Medium, weil die anderen Medien zu sehr ORF-Kopien waren, geprägt von Parteiloyalität zu einer der Parteien, die im ORF das Sagen hatten: SPÖ und ÖVP.

Und die politische Positionierung und die Art und Weise der politischen Positionierung der Krone war oft so, dass sie oft mehr politischer Akteur als Kommentator und Berichterstatter war.

Der alte Dichand, also Hans Dichand versuchte auch, im Jahr 2000, Wolfgang Schüssel (ÖVP) als Bundeskanzler zu verhindern, weil er von Viktor Klima (SPÖ) das bessere Angebot für eine Privat-TV-Radio-Lizenz hatte, aber damit scheiterte er kläglich.

Eines wird aus der Geschichte der Kronenzeitung völlig verdrängt: auch im Haupthaus Muthgasse hängt nur ein Bildnis des alten Dichand, aber kein Bildnis von Franz Olah, des früheren Innenministers und ÖGB-Präsidenten, der durch Zurverfügungstellung von Gewerkschaftsgeldern die Gründung der Kronenzeitung erst möglich gemacht hatte.

Franz Olah, der entscheidend zur Gründung der "Krone" durch Zurverfügungstellung von Gewerkschaftsgeldern beigetragen hatte, der aber weder im Haupthaus Muthgasse noch in der 60er-Jubiläumsausgabe der "Krone" erwähnt wird. Olahs Kalkül hinter der Unterstützung war wohl, dass erstens die ÖVP die Dominanz am Mediensektor hat und dass zweitens SPÖ-Medien wie die Arbeiterzeitung zu sehr Klone der Parteipolitik und zuwenig volksnah waren, um der damals medial benachteiligten SPÖ wirklich eine Hilfe zu sein.

Das soll jetzt kein Argument gegen die Krone prinzipiell sein, die durchaus immer wieder interessante Artikel bringt, beispielsweise von Woltron oder von Filzmaier, aber weder ist die Krone fehlerlos noch ist sie unabhängig von Eigeninteresse und Selbstinszenierung.

Selbstinszenierung als paddelnder Auretter bei gleichzeitiger Vertuschung der wahrscheinlichen Mitschuld am AKW-Tschernobyl-Unfall: Hans Dichand, Gründer der "Kronenzeitung".

Vertuschung durch dominante Medien ist in Österreich allerdings völlig normal: auch der ORF vertuschte bei der Tschernobyl-Berichterstattung die mögliche Rolle der österreichisch-ukrainischen Stromlieferverträge.

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