Die Kronenzeitung behauptet in einer ihrer Ausgaben, das TTIP-Volksbegehren im Herbst sei "zwingend".
Was die Krone dabei unter dem Begriff "zwingend" versteht, wird nicht präzisiert.
Wenn Volksbegehren mehr als 100.000 Unterschriften erreichen, so muß es eine parlamentarische Behandlung geben. Dieser Erfordernis ist auch genüge getan, wenn ein einziger Nationalrat sich zu Wort meldet, und z.B. sagt:
"A so a Schas. Dieses sachlich blödsinnige Volksbegehren bestätigt wieder einmal den Spruch, der unter Politik-Insidern und Rechtsexperten kursiert ´Alles a Schas is, was kommt von der Basis.´ "
(Für unsere deutschen Leser und -innen: "Schas" ist der Wiener Dialektausdruck für "Flatulenz", "Darmwind" )
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Die Formulierung "zwingend" erscheint viel mehr den Eindruck zu erwecken, es handle sich um eine zwingende Volksabstimmung.
Das ist natürlich nicht der Fall. Bei einem Volksbegehren führt das Überschreiten der 100.000-Marke nicht zu einer zwingenden Gesetzeswerdung.
Auch die erfolgreichsten Volksbegehren in der Geschichte Österreichs (z.B. Anti-UNO-City-Volksbegehren mit 1.3 bis 1.4 Millionen Unterschriften) führten nicht zu einem zwingenden Verbot eines UNO-City-Baus.
Der damalige Bundeskanzler Kreisky (SPÖ) sagte damals in etwa, wenn nur 1.3 Millionen von 7 Millionen Österreichern unterschreiben, dann heisse das, dass 5.7 Millionen für die UNO-City seien.
Auch das war eine Falschdarstellung von Kreisky, aber Kreisky hatte wenigstens insofern recht, als 1.3 Millionen weit entfernt von der Hälfte der Bürger (das wären damals ca. 3.5 Millionen gewesen) oder von der Hälfte der Wahlberechtigten (das wären ca. 3 Millionen gewesen).
Doch zurück zur Kronenzeitung: in anderen Fällen verlinkt die Kronenzeitung derartige Texte mit den damit zusammenhängenden Gesetzestexten.
In diesem Fall agierte die Kronenzeitung ganz anders: sie verlinkte NICHT (!) mit dem Volksbegehrengesetz.
Wenn die Krone das nicht macht, dann mache ich das eben:
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http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10000532
Artikel 41 B-VG zur 100.000-Grenze:
http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10000138
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Die möglicherweise manipulative Wortwahl "zwingend" der Kronenzeitung kann bei nicht gesetzeskundigen Lesern und Leserinnen den Eindruck erwecken, es sei nicht nur die Behandlung im Parlament, sondern ein entsprechender Gesetzesbeschluss "zwingend". Somit kann die Kronenzeitungs-Berichterstattung Politikverdrossenheit und Mißtrauen gegenüber Behörden (Wahlbehörden, BMI, etc.) erzeugen, das sachlich nicht gerechtfertigt ist.
Die präzisere Formulierung "Eine Behandlung im Parlament ist zwingend", die ausschliesst, dass der Krone-Artikel so verstanden werden kann, als sei eine Gesetzeswerdung zwingend, wurde von der Kronenzeitung nicht gewählt. Das ist ziemlich schlechter Journalismus. So gesehen ist es kein Wunder, dass die Kronenzeitung sich dagegen wehrt, dass die Presseförderung zukünftig stärker an Qualitätskriterien orientiert wird.
Im Gegensatz möchte ich Krone-Journalist Kurt Seinitz ein Lob dafür aussprechen, das er Alexander von Humboldt zitiert mit "Die schlimmste Weltanschauung ist die Weltanschauung derer, die die Welt nie angeschaut haben."
Wiederum zu kritisieren ist die unlogische Berichterstattung der Krone in Sachen Pensionen: einerseits behauptet die Krone, die Inflation betrage 0.6%, andererseits bezeichnet die Krone eine Pensionserhöhung von 0.8% als unzureichend und behauptet Protest von Pensionisten.
Diese Erhöhung ist immer noch eine Erhöhung überhalb der Inflationsrate.
So gesehen besteht kein Grund für Kritik: viele andere Bevölkerungsgruppen bekommen keine Inflationsabgeltung und auch keine Erhöhung über der Inflationsrate.
Zusätzlich funktioniert das österreichische Pensionssystem nach einem Umlageverfahren: je mehr die Pensionisten bekommen, umso mehr müssen alle anderen Bevölkerungsgruppen zahlen.
D.h. wenn die Kronenzeitung höhere Pensionen fordert, dann fordert sie damit entweder eine Mehrbelastung aller anderen Bevölkerungsgruppen oder eine Erhöhung der Staatsverschuldung, die langfristig auch auf eine Wirtschafts- und Finanzkrise hinausläuft, die Alle schädigt.
Die Flüchtlingskrise kostet geld, egal, wie man mit ihr umgeht.
Wenn der Staat großzügig und herzend liebevoll ist, wie Glawischnig (Grüne) das fodert, dann kostet das Geld. Wenn die grenzen verstärkt kontrolliert werden, wie Strache (FPÖ) das fordert, dann kostet das Geld. Wenn Aleppo evakuiert wird (wie ich das anrege), um ein Massaker wie in Srebrenica zu verhindern, dann kostet das Geld. D.h. egal, wie man damit umgeht, es bedeutet einen Mehraufwand an Geld. Und in Zeiten, wo die Staatskassen wegen externer Umstände angespannt sind, kann es keine riesigen Pensionserhöhungen für die Pensionisten geben.
Vielleicht besteht die Absicht der Kronenzeitung hier lediglich darin, wider alle Fakten Druck auf die SPÖ auszuüben.