Mögliche Hintergründe der Mikl-Leitner-Sobotka-Rochade: Täuschung bei Präsidentenwahl

Vorausschicken möchte ich §263 "Täuschung bei einer Wahl oder Volksabstimmung":

http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10002296

"(1) Wer durch Täuschung über Tatsachen bewirkt oder zu bewirken versucht, daß ein anderer bei der Stimmabgabe über den Inhalt seiner Erklärung irrt oder gegen seinen Willen eine ungültige Stimme abgibt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

(2) Ebenso ist zu bestrafen, wer durch Täuschung über einen die Durchführung der Wahl oder Volksabstimmung betreffenden Umstand bewirkt oder zu bewirken versucht, daß ein anderer die Stimmabgabe unterläßt."

In den letzten Wochen gab es zahlreiche Medienberichte über Meinungsumfragen und Aussagen von Wahlkampfteams, dass dieser oder jener Kandidat sowieso keine oder kaum Chancen habe, in die Stichwahl zu kommen.

In Bezug auf das taktische Wählen und §263 StGB sind diese Handlungen von Medien, Umfrageinstituten und Wahlkampfteams extrem heikel.

Taktisches Wählen bedeutet, wenn Wählerinnen und Wähler folgende Denkweise zur Grundlage ihrer Wahlentscheidung machen:

"Ich würde ja am liebsten Kandidat/Kandidatin X wählen, aber weil Medien oder Meinungsforschungsinstitute oder Wahlkampfteams sagen, dass X keine Chance hat, in die Stichwahl zu kommen, wähle ich stattdessen Kandidat oder Kandidatin Y oder Z, der/die mir am zweit-/drittliebsten ist."

D.h., es liegt zumindest der Verdacht nahe, dass Medien bzw. Umfrageinstitute bzw. Wahlkampfteams bzw. Kandidaten / Kandidatinnen einen Teil der Wählerschaft täuschten, indem sie falsche oder unbeweisbare oder fragwürdige Angaben über Stichwahlchancen ihrer selbst oder anderer Kandidaten machten oder methodisch-fragwürdige Umfragen als objektiv präsentierten, indem sie z.B. Schwankungsbreiten falsch angaben, indem sie die Deklarierungsbereitschaftsschwankung bei politischer Statistik verschwiegen, und nur die rein mathematisch-statistische Schwankungsbereitschaft ohne Einberechnung der Deklarierungsbereitschaftsschwankung angaben, etc. Dahinter muß nicht unbedingt eine Täuschungsabsicht von Medien und/oder Meinungsumfrageinstituten liegen, das Motiv kann auch reine Geschäftemacherei sein. Voller Ausweis der Schwankungsbreite - falls sie im Bereich der Politik überhaupt ernsthaft abschätzbar sein sollte - macht Meinungsumfragen für Medien und Medienkonsumenten vielfach uninteressant. In zahlreichen entwickelten Demokratien sind im Unterschied zu Österreich Meinungsumfragen im Monat vor der Wahl verboten.

Diese Bundespräsidentenwahl ist einmalig in der Geschichte der 2. Republik, weil erstmals mehr als drei Kandidaten Chancen haben, bzw. hatten bzw. (bei korrektem Wahlkampfablauf) gehabt hätten, in die Stichwahl zu kommen und weil erstmals kein Kandidat und keine Kandidatin mehr als 30% zu haben schien.

Das System unserer Präsidentschaftswahl (ohne Reihungswahl und mit zwei Wahlgängen) funktioniert relativ zuverlässig, wenn maximal drei Kandidaten dominieren bzw. reale Stichwahlchancen haben, was bisher immer der Fall war, aber eben 2016 erstmals nicht. (Das kann auch als Entschuldigung bzw. mildernder Umstand dafür gesehen werden, dass Medien oder Experten die Problematik nicht erkannten)

Ich habe übrigens heute eine Meldung bei der Polizei erstattet, obwohl mir eigentlich eine Anzeige samt Bestätigung lieber gewesen wäre.

Wäre Mikl-Leitner im Amt geblieben, so wären Ermittlungen in dieser heiklen Sache eher mit dem Anschein der Parteilichkeit oder Befangenheit belastet gewesen.

So wie Richter/-innen bei Anschein der Befangenheit Verfahren an Kollegen oder überhaupt andere Gerichte abgeben, so kann man die ÖVP-interne Rochade als ähnliche Abgabe bei Befangenheit verstehen.

Wäre Mikl-Leitner im Amt geblieben, so hätte leicht der Eindruck entstehen können, sie würde die Ermittlungen beeinflussen, indem sie ihr Weisungsrecht dazu verwendet, dass unerkannt bleibt, dass sie bzw. ihr Ministerium die rechtliche Problematik in Bezug auf diese Präsidentschaftswahlen "übersahen", obwohl das Innenministerium, das eine wichtige, aber nicht die alleinentscheidende Rolle in Zusammenhang mit zahlreichen Wahlen spielt, eines der Hauptkompetenzzentren bei der Beurteilung der Korrektheit in Zusammenhang mit Wahlen ist (ich verweise in diesem Zusammenhang nur auf die Sache mit der rechtlichen Fragwürdigkeit mancher Lugner-Unterstützungserklärungen).

Es stellt sich die Frage, ob der Polizist, der mich "beamtshandelte", deswegen keine Anzeige entgegennahm, weil er eine diesbezügliche Weisung hatte; und es stellt sich die Frage, ob eine diesbezügliche Weisung, falls sie denn existierte, im Auftrag des oder im vorauseilenden Gehorsam gegenüber dem Koalitionspartner SPÖ erfolgte, denn laut Medienberichten hatte das Wahlkampfteam Hundstorfer mit dem "verlorenen Stimmen"-Argument gearbeitet, was in Hinblick auf das taktische Wählen und die §263 StGB "Täuschung bei einer Wahl" problematisch ist. Die SPÖ-Regierungsmannschaft hätte wegen des "verlorenen Stimmen"-Arguments des Teams Hundstorfer ein Motiv gehabt, den Koalitionspartner bzw. Mikl-Leitner (u.U. auch mit Neuwahldrohung) zu drängen, Weisung zu erteilen.

Ich möchte betonen, dass ich die Van der Bellen-Pressestunde 10.4.2016, in der er problematische Aussagen tätigte, wie in etwa, es sei eh klar, dass er in die Stichwahl komme, bzw. gewinne, erst nach meinem Anzeigeversuch sah, weil ich aufgrund der prekären Lebensverhältnisse, in denen ich lebe und der Mängel im RGG nur schwer zu Gebührenbefreiung komme und daher auf Fernsehen verzichte, bzw. darauf verzichten muss.

Und ich möchte betonen, dass es meine Entscheidung, einen Anzeigeversuch zu machen, nicht geändert hätte, wenn ich über die Van der Bellen-Pressestunde vorher Bescheid gewußt hätte.

Da ich bereits vor ca. einer Woche zu dem Thema bloggte, kann Mikl-Leitner vorab informiert gewesen sein und die heikle Situation erkannt haben, bzw. von jemandem Dritten auf die heikle Situation aufmerksam gemacht worden sein.

Auch wenn prinzipiell die Rückkehr von Mikl-Leitner in die niederösterreichische Landespolitik ausgemacht gewesen zu sein scheint, so glaube ich dennoch nicht, dass der konkrete Zeitpunkt vorab besprochen war.

Und ich kann den zahlreichen Mutmassungen über die angeblichen Motive und Hintergründe der ÖVP-internen Rochade nicht uneingeschränkt zustimmen.

Dieter Knoflach, Vorstand der parteienbündnisorientierten "realpolitischen Sozialdemokratie" (jo, i waass eh, eine unbekannte, dubiose Partei, von der niemand was gehört hat und die noch nie irgendeine Medienpräsenz hatte; die daher wahrscheinlich gar nicht gut sein kann)

Zum "verlorenen Stimmen"-Argument:

http://derstandard.at/2000034153618/Hoerbiger-Hirschall-Haider-Co-laufen-fuer-Hundstorfer

Zum Blog vor ca. einer Woche, der die ÖVP-Personalrochade ausgelöst haben könnte:

https://www.fischundfleisch.com/dieter-knoflach/unser-extremismusfoerderndes-und-manipulationsanfaelliges-praesidentenwahlsystem-18790

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