In Österreichs Medien ist wegen des 50-jährigen Jubiläums eine Debatte rund um den Einsatz von Warschauer Pakt-Truppen 1968 in der Tschechoslowakei ausgebrochen.

https://derstandard.at/2000085534824/Alles-schlief-als-die-Panzer-in-Richtung-Prag-rollten

Gerhard Vogl beklagt in einem Standard-Kommentar die Defensivität der österreichischen Politik bzw. des österreichischen Bundesheeres. Damals hatten österreichische Oberbefehlshaber eine Dreissig-Kilometer-Sperrzone von der Grenze verordnet, d.h. alle österreichischen Truppen mussten einen Abstand von 30 Kilometer von der Grenze halten.

Im Normalfall kann man das wohl als Aufgabe von Territorium, als beunruhigend, als nicht vertrauensbildend betrachten, so wie Vogl das darstellt.

Allerdings muss man in diesem Fall eines berücksichtigen: das österreichische Bundesheer war dem Warschauer Pakt hoffnungslos unterlegen.

In einem Verhältnis von 1:40, was die Bevölkerungszahl betraf, und in einem Verhältnis von 1:80, was die Truppenstärke betraf.

Mit anderen Worten: rein militärisch wäre ein Krieg gegen den Warschauer Pakt, der die Sowjetunion und ihre Satellitenstaaten umfasste (Polen, DDR, CSFR, Ungarn, Rumänien, etc.), wahrscheinlich sowieso niemals zu gewinnen gewesen.

Daher war es aus meiner Sicht eine gute Strategie, von Vornherein darauf zu achten, dass es keinen Grenzzwischenfall geben konnte, der von den Warschauer-Pakt-Truppen als Vorwand verwendet werden konnte, auch Österreich zu kassieren.

Der Mangel an Vertrauen der österreichischen Bevölkerung in die Verteidigungsfähigkeit hat mit dem Jahr 1968 nichts zu tun, die gab es schon vorher, und auch nachher gab es zahlreiche Argumente dafür.

Zahlreiche Österreicher und -innen hatten vorsorglich eine zweite Staatsbürgerschaft besorgt (Schweiz, Frankreich, England, ...) damit sie eine Fluchtmöglichkeit hatten, falls die Warschauer-Pakt-Truppen eines Tages Ostösterreich, das weit in den Ostblock hineinragte, einnehmen sollten, schon vor 1968.

Und auch nach 1968 hatte Österreich sehr oft Militärdoktrinen, die keineswegs herkömmlicher Landesverteidigung glichen, sondern nur auf Verzögerung setzten:

die Aufgabe des österreichischen Bundesheeres sei es, einen Vormarsch der Warschauer-Pakt-Truppen z.B durch das Donautal drei Tage zu verzögern, sodass dann NATO-Truppen Vorbereitungszeit hatten, und besser vorbereitet die Warschauer-Pakt-Truppen besiegen konnten, und nach dem Sieg der NATO über den Warschauer Pakt hätten auf diplomatischem (nicht militärischem !) Wege die besetzten Gebiete Österreichs (z.B. Oberösterreich, Wien, Niederösterreich, Burgenland) wieder mit Restösterreich vereint werden sollen. Inwieweit eine derartige Militärdoktrin überhaupt als neutral zu bezeichnen ist, ist fraglich.

Eine Ausnahme von der Hoffnungslosigkeit klitzekleiner Armeen ist der finnisch-russische Krieg Jänner 1940:

https://de.wikipedia.org/wiki/Winterkrieg

Die kleine finnische Armee hatte sich damals gegen die zahlenmäßig übermachte sowjetrussische Armee gut gehalten. Finnland musste im darauf folgenden Friedensschluss zwar geringfügige Gebietsverluste hinnehmen müssen (z.B. Wiborg), konnte allerdings den Großteil seines Staatsgebiets halten.

Von manchen österreichischen Offizieren wird der finnisch-sowjetische Krieg 1940 als ein Beispiel dafür gesehen, dass die Verteidigung kleiner Staaten gegen größere Gegner Sinn machen kann.

Allerdings sollte man den Hintergrund nicht übersehen, dass damals die sowjetrussische Armee (also die Rote Armee) durch Stalins "Säuberungen" (die die Ersetzung un-kommunistischer, aber erfahrener Offiziere durch kommunistische, aber militärisch-ahnungslose, unerfahrene Ideologen bedeutete) geschwächt war.

https://de.wikipedia.org/wiki/Warschauer_Pakt

https://de.wikipedia.org/wiki/Warschauer_Pakt

Warschauer Pakt: geografisch cirka 80-mal so groß und rohstoffreich wie Österreich.

0
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
0 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

Noch keine Kommentare

Mehr von Dieter Knoflach