Der in Österreich bei praktisch allen Parteien und Medien besonders ausgeprägte Anti-AKW-Populismus hat wieder einmal Schiffbruch erlitten: die Republik Österreich scheiterte mit seiner Klage gegen das britische Atomkraftwerk (AKW) Hinkley Point. Der EuGH hat diese Klage nun endgültig abgewiesen.
Dazu ist folgendes zu sagen:
die österreichische Volksabstimmung zum Atomkraftwerk Zwentendorf 1979 war eigentlich ungültig, weil der damalige Bundeskanzler Bruno Kreisky (SPÖ) mit seinem Rücktritt gedroht hatte, für den Fall, dass die Zwentendorf-Abstimmung gegen das AKW ausgeht, und weil deswegen zahlreiche atomkraftbefürwortende ÖVP-Anhänger entweder gegen das AKW Zwentendorf gestimmt hatten oder sich der Stimme enthalten hatten, während sie ohne Kreiskys Rücktrittsdrohung für das AKW Zwentendorf gestimmt hätten.
Das Abstimmungsergebnis war äußerst knapp gewesen: 50.2% gegen 49.8%.
Österreich ist als alpines Land sehr wasserkraftpotenzialreich und kann es sich daher eher als fast alle Länder Europas leisten, auf Atomkraft zu verzichten.
Und der teilweise durchaus blödsinnige österreichische Anti-AKW-Populismus hat schon in der Vergangenheit die Beziehungen zu unseren europäischen Nachbarstaaten stark vergiftet und belastet, ohne irgendwas Positives zu bewirken. Mit Ausnahme vielleicht der klitzekleinen Konzessionen, die Kanzler Schüssel (ÖVP) durch das Melker Abkommen (2003 oder so) mit Tschechien wegen des AKW Temelin erreicht hatte.
Die Infrastruktur-Ministerin Gewessler (Grüne) zeigte sich unzufrieden über das Urteil des VfGH, und liess jede Selbstkritik über den überzogenen österreichischen und insbesondere grünen Anti-AKW-Populismus vermissen.
Ich habe einmal mit einem der Betreiber der Anti-Hainburgbewegung gesprochen, der heute ein emeritierter Professor der Technischen Universität Wien ist, und er ist der einzige, von dem ich jemals eine ehrliche Antwort diesbezüglich gehört habe: "Wenn wir gewusst hätten, dass der Strombedarf so stark steigen würde, dann hätten wir das Wasserkraftwerk Hainburg gar nicht verhindert"
Auch, dass Österreich durch die Nichteröffnung des AKW Zwentendorf sowie durch den Nicht-Bau des geplanten, aber durch die illegale primär grüne Aubesetzung verhinderte Wasserkraftwerk in eine extreme Abhängigkeit von osteuropäischen Atomstromanbietern, insbesondere der Sowjetunion, insbesondere der Ukraine kam, liess Gewessler in ihren Interviews völlig unerwähnt.
Die mögliche Mitschuld Österreichs am Reaktorunfall in Tschernobyl 1986, weil ukrainische Techniker auf Befehl und wegen des extremen Devisenhungers der Sowjetunion möglicherweise herumexpertimentiert hatten, wie sie noch mehr Export-Strom aus dem AKW rausholen können, liess Gewessler ebenso unerwähnt.
Es stellt sich auch die Frage inwieweit diese Klage gegen das britische AKW Hinkley Point sowie die ganze österreichische Anti-AKW-Stimmung zum Brexit, also dem Austritt Großbritanniens aus der EU, beigetragen hat.
Siehe auch:
(3 Tage alter Blog von mir)
Ich versuche schon seit vielen Jahren, den oft blödsinnigen Anti-AKW-Populismus in Österreich einzudämmen, mit begrenztem Erfolg. In der Piratenpartei stellte ich vor 8 bis 9 Jahren z.B. folgenden Antrag:
"Der folgende Text möge an geeigneter Stelle (Überschrift, Sub-Überschrift) ins Programm aufgenommen werden:
Text
Haltung zur Atomenergie, innen- und außenpolitisch, kurz- und langfristig:
1.) Die Piratenpartei Österreich stimmt dem Konsens aller anderen österreichischen Parteien, auf österreichischem Staatsgebiet kurz- und mittelfristig kein(e) Atomkraftwerk(e) betreiben zu wollen, zu.
2.) Die Piratenpartei Österreich betrachtet die innereuropäischen Streitigkeiten rund um die Atomenergie als schwerwiegende Belastung des europäischen Zusammenhalts. Daher erlegt sich die PPÖ im Sinne ihres Werts der Bescheidenheit Zurückhaltung auf, was die Einmischung in innere Angelegenheiten anderer Staaten betrifft.
3.) Die Piratenpartei Österreich betrachtet die langfristige Rückkehr zur Atomenergie (in z.B. 50 Jahren) nach einer etwaigen Ölverknappung als Möglichkeit.
4.) Die Piratenpartei Österreich ist sich der Problematik bewusst, dass es schwer ist, bei Stromimporten zwischen atomstromfreiem Strom und atomstromanteilshaltigem Strom zu unterscheiden."
https://lqfb.piratenpartei.at/initiative/show/173.html
Zustimmung von der Basis erhielt ich damit nicht viel, aber immerhin gewissermaßen vom EuGH. Aus heutiger Sicht ist der einzige Fehler, den ich machte, "schwer" statt "praktisch unmöglich" zu schreiben bezüglich der Unterscheidung von atomkraftfreiem Strom und anderem Strom.
Ich hatte damals offiziell bei der Abstimmung Null Direktstimmen plus drei "Vollmachten" (mit dem Cursor über den gelben Balken bei IOption 7 fahren). Es stellt sich die Frage, ob man drei Vollmachten (was also wahrscheinlich Delegationen bedeutet) überhaupt bekommen kann, wenn man Null Direktstimmen, also undelegierte Stimmen für seinen Antrag in der Unterstützungsphase bekommt, oder ob hier mangelhafte Erklärung und Transparenz vorliegt (ein sogenanntes "Spartanisches Benutzerinterface" ).
CC / Bwag https://de.wikipedia.org/wiki/Kernkraftwerk_Zwentendorf#/media/Datei:Zwentendorf_-_Kraftwerk_(1).JPG
Schildbürgerstaat Österreich: erst ein Atomkraftwerk, nämlich Zwentendorf (Bild oben) bauen, dann eine ungültige Volksabstimmung darüber abhalten, die angeblich, aber nicht wirklich gegen Atomkraft ausgeht, dann einen europaweiten Anti-AKW-Populismus anzetteln, der nur die Beziehungen zu den anderen europäischen Staaten zerstört, aber nichts Positives bewirkt.