Ich weiß schon, dass ich mir mit diesem Blog wahrscheinlich wieder Sexismusvorwürfe einhandeln werde:
Was niemand bisher an diesem ORF-Weltjournal-Beitrag kritisiert hat, aber was mir extrem problematisch erscheint, sind folgende Aspekte:
1.) Die Soldatinnen der YPG (der PKK-Armee, sozusagen) werden (mit wenigen Ausnahmen) mit Gesicht gezeigt. Falls diese Frauen sunnitischen Kämpfern in die Hände fallen, können sie wegen dieses Fernsehberichts identifiziert werden, was mit gewisser Wahrscheinlichkeit extrem grausame Vergewaltigungen und Ermordung zur Folge haben wird.
Selbst wenn der IS besiegt sein sollte, so bleiben sunnitische Kämpfer übrig, die vielleicht auch Aufnahme in der türkischen Armee oder anderen türkischen Sicherheitskräften oder in anderen sunnitischen Armeen finden werden (das Sunnitentum ist sowohl in der Türkei als auch in Saudi-Arabien dominierende Religion und diese beiden Staaten sind wie viele dem IS nahestehend; die USA übergaben Teile Syriens an sunnitische Staaten).
In Kriegen sind Kombinationen von z.B. Vergewaltigung, Vierteilung (durch Tiere oder Militärjeeps) und Ermordung (in welcher Reihenfolge auch immer) nicht unüblich.
2.) Das ist keine reguläre Armee mit disziplinierten, befehlsbefolgenden Kämpferinnen, sondern das sind schlecht ausgebildete, ziemlich ahnungslose, oftmals traumatisierte, emotionsgesteuerte Frauen. Die strikte Befolgung von Befehlen ist auch wichtig für Friedenschlüsse. Emotional gesteuerte, rachsüchtige Frauen, die Befehle zum Friedensschluss nicht einhalten, weil sie ihre toten Kinder rächen möchten, kann eine reguläre Armee überhaupt nicht brauchen.
3.) Der Realitätsverlust dieser Kämpferinnen äußert sich auch in folgenden Aspekten: sie glauben an einen Sieg, obwohl PKK/YPG auch wegen des eigenen Extremismus praktisch keine starken, zuverlässigen militärischen Bündnispartner in der Region haben, und gegen wesentlich stärkere Gegner "kämpfen".
Sie sagen, Frauen können auch Politiker sein, aber übersehen, dass die PKK eine männerdominierte Partei ist, in der es noch nie eine Frau an der Spitze gab. Sodass sich die Frage stellt, ob diese Frauen nicht von Männern als eine Art Kanonenfutter mißbraucht werden, so ähnlich wie Mädchen, denen man im Rahmen des Dschihadismus ohne ihr Wissen Sprengstoffgürtel um die Hüften hängt.
Die angeblich beschlossene Gleichberechtigung von Mann und Frau durch PKK / YPG könnte völlig bedeutungslos bleiben, falls sie den Krieg verlieren, was relativ wahrscheinlich ist.
Der Führerkult rund um Abdullah Öcalan in der PKK ähnelt in vielerlei Hinsicht islamischen Führerkulten.
4.) Ich möchte betonen, dass das irgendwie die dümmsten Soldatinnen sind, die ich seit langem gesehen habe. Aber andererseits finde ich sie vielfach sexy, und empfinde Trauer über ein wahrscheinlich extrem trauriges Schicksal, das auf einige von ihnen zukommen wird. Während der Film Optimismus und Kampfbereitschaft vermitteln will, wirkt er auf mich genau gegenteilig.
Am Fernsehbeitrag, der eine Übernahme des ORF vom norwegischen Fernsehen ist, ist insofern problematisch:
Es wird nicht differenziert zwischen "Kurden" und PKK: die PKK, die kurdische Arbeiterpartei, vertritt keineswegs alle Kurden. Und andere Kurdenfraktionen, wie beispielsweise die nordirakischen Kurden, sind wesentlich weniger ideologisch-extremistisch.
Und vor allem: falls die Frauen tatsächlich wegen dieses norwegisch-österreichischen Films Opfer von Vergewaltigung und/oder Tötung werden, dann stellt sich auch die Frage der Mitverantwortung von österreichischem und norwegischem Fernsehen an diesen Verbrechen, im Sinne von Beitragstäterschaft und Provokationsdelikt. Nun kann man natürlich sagen: wurscht, in Kriegen sind die Fakten dann sowieso oft nicht mehr feststellbar, aber alleine schon die Wahrscheinlichkeit macht mich traurig.
Es würde mich interessieren, wer innerhalb des norwegischen bzw. österreichischen Fernsehen dafür verantwortlich ist, dass dieser Film genau so ausgestrahlt wurde.
(Die redaktionelle Verantwortung tragen nach dem ersten Eindruck Sonja Skeistrand Sunde und Cornelia Vospernik, die mir schon mehrfach negativ aufgefallen ist, und die auch - weil wir beide z.T. slowenische Wurzeln haben, mich beschädigen könnte)
Diese Ausstrahlung ist auch eine extreme Verletzung der österreichischen Neutralität. Statt die verschiedenen Konfliktparteien / Kriegsparteien gleichzubehandeln, wird hier eindeutig Partei bezogen: für die PKK und gegen die Sunniten. Und er passt irgendwie zur Sozialistischen Jugend, die ein ähnlich romantisierendes Bild von "den Kurden" (gemeint: die PKK) hat.
Beiträge wie dieser sind auch einer der Gründe für die sehr schlechten türkisch-österreichischen Beziehungen.
Das norwegische Fernsehen darf das vielleicht sogar eher und handelt vielleicht nur journalistisch-unprofessionell. Aber gerade im Falle Österreichs kommt noch die Neutralitätsverletzung dazu. Und noch die etwaige Beitragstäterschaft zu Kriegsverbrechen.
(Es stellt sich auch die Frage, ob es einen Deal zwischen ORF und Putin/Russland gibt, der Form: ORF bekommt Putin-Interview und berichtet falsch über Papandreou-Tsipras, dafür vertuscht Russland/Putin alle ORF-verursachten Kriegsverbrechen in Syrien, unter Umständen auch durch Einsatz des russischen Vetorechts, um ein Tribunal zu verhindern)
Die Ausstrahlung dieses Beitrags ist natürlich auch so ziemlich die krassest-mögliche Verletzung des Public-Value-Prinzips: welchen öffentlichen Wert es haben soll, zur Verschärfung einer Rache-Spirale beizutragen und Friedensprozesse zu verhindern, weiss wohl nur der ORF.