Von der Bingham Youth University (USA) wurde eine Studie veröffentlicht, die besagt, dass politische Polarisation (Polit-Hick-Hack zwischen Rechts und Links) die Spendenfreudigkeit für karitative Zwecke senkt. Gerade in Trump-Zeiten und Midterm-Elections-Zeiten ist dieses Thema sehr aktuell.
Wo auch immer eine der beiden US-Parteien (Demokraten oder Republikaner) weit vorne lag, war das Spendenaufkommen für karitative Zwecke groß, hingegen wo die Wahlkämpfe besonders intensiv waren und die beiden Kandidaten Kopf-an-Kopf lagen, war das Spendenaufkommen für karitative Zwecke gering.
Die Studienautoren erklären das damit, dass die Leute mißtrauisch seien, ob das gespendete Geld einem/r Gleichgesinnten zugute komme, was bei anonymen Spenden an unbekannte Empfänger in Staaten, in denen eine Partei dominiert, wahrscheinlicher ist.
Eine andere Erklärungsmöglichkeit, die die Studienautoren offensichtlich nicht so bedacht haben, wäre, dass viele Leute ein fixes Spendenbudget haben, das sie entweder für Politikspenden oder für karitative Spenden ausgeben, je nachdem, wieviel Sinn die Politik-Spende hat. In Staaten oder Regionen mit eindeutiger Dominanz eines Kandidaten oder einer Partei macht das Spenden für Politik nicht viel Sinn, weil es den großen Vorsprung des dominierenden Kandidaten nur ein bißchen erhöht oder ein bißchen verringert, aber am Vorsprung prinzipiell nichts ändert, während politische Spenden in Staaten, in denen die beiden Kandidaten Kopf-an-Kopf liegen, den Ausschlag geben können dafür, wer gewinnt. Demgemäß sind Wahlkämpfe in den sogenannten Battleground-States oder Battleground-Regions (wo die Abstände knapp sind und die Wahlkämpfe in Schlachten ausarten) auch teurer als Wahlkämpfe in Staaten/Regionen mit Dominanz eines Kandidaten.
Einen zweiten Zusammenhang glauben die Studienautoren herausgefunden zu haben: Republikaner sind spendenfreudiger als Demokraten. Das mag auch damit zusammenhängen, dass Republikaner dem Staat (insbesondere dem Wohlfahrtsstaat) und den Steuern kritischer gegenüberstehen, hingegen privater Charity positiv gegenüberstehen, und dass Demokraten eher den Wohlfahrtsstaat ausbauen, wenn sie können und eher auf staatliche Umverteilung setzen.
Darüber, ob Republikaner durchschnittlich ein höheres Einkommen haben als Demokraten und deswegen spendenfreudiger seien oder nicht, sagen die Studienautoren nichts aus.
Mich hat das ganze Thema erinnert an einen Blog, den ich vor einiger Zeit geschrieben habe, in dem ich eine Korrelation behauptete, also einen Zusammenhang, zwischen Dominanz einer Partei und Niedrigkeit der Verschuldung des Bundeslandes; bzw. Umstrittenheit eines Bundeslandes und Höhe der Staatsverschuldung:
Das österreichische Bundesland mit der höchsten Pro-Kopf-Verschuldung ist Kärnten, in dem drei (bzw. vier) verschiedene Parteien den Landeshauptmann stellten: SPÖ, ÖVP, FPÖ, BZÖ.
Hingegen ist die Verschuldung am niedrigsten in den (westlichen) Bundesländern Vorarlberg, Tirol und Oberösterreich, in denen immer nur ein und dieselbe Partei (nämlich die ÖVP) den Landeshauptmann stellte.
Auch hier könnte der Wahlkampf ein Grund sein: wenn eine Partei eindeutig dominiert, dann geben alle Parteien (alle Landesräte) weniger aus, was die Verschuldung gering hält.
Die Korrelation ist nicht besonders stark, es gibt auch teilweise Gegenbeispiele (wie z.B. NÖ).
Auf jeden Fall sollte die Studie ein Innehalten und ein Nachdenken verursachen: durch Übertreiben von Wahlkämpfen und parteipolitischer Spaltung schaden wir dem Gemeinwohl vielleicht viel stärker, als wir glauben.
Über alle Parteien hinweg sollte es eine Form des Zusammenhalts geben, damit nicht sinnlos viel Zeit, Emotion, Geld und Energie in Wahlkämpfe vergeudet wird, die viel besser in kooperative Dinge, wie z.B. Soziales und Karitatives verwendet werden könnte.
In dem Zusammenhang möchte ich auch an das Prinzip der Allparteienregierung (Proporzregierung) erinnern, die in einigen österreichischen Bundesländern (z.B. OÖ) noch existiert:
Proporzregierung bedeutet: nicht das Lager, das 50% plus eine Stimme hat, bekommt die ganze Macht und alle Landesratssitze, sondern die Landesratssitze werden proportional zur Stärke der Parteien auf alle Parteien (ab einer gewissen Mindestgröße) verteilt.
Aus Sicht dieser Konsensdemokratie senkt vermutlich auch die Proporzregierung oder Allparteienregierung (so ähnlich wie in der Schweiz mit seiner Zauberformel) die Wahlkampfintensität und versachlicht Wahlkämpfe, was auch bedeutet, dass weniger Geld für Wahlkämpfe ausgegeben wird, und mehr Geld für die Bürger und -innen sowie für Karitatives übrigbleibt.
Zuviel Konflikt (auch zuviel parteipolitischer Konflikt) verschwendet Zeit, Energie und Geld, die man vielfach besser für bessere Dinge verwenden könnte .... oft ist es besser, am selben Strang und in dieselbe Richtung zu ziehen ....
Der alte Blog von mir (Jänner 2018):
Generell kann das Thema als ein Konflikt zwischen individueller Rationalität und kollektiver Rationalität gesehen werden: was vernünftig ist für eine Partei (nämlich viel für den Wahlkampf ausgeben, in der Hoffnung zu gewinnen) ist eher schädlich für das Gesamtwohl, weil dann weniger Geld für Karitatives übrigbleibt.
Dieses Phänomen ähnelt dem Gefangenendilemma und Tit-For-Tat.
An Bezug auf die Begrifflichkeit des Gefangenendilemmas könnte man sagen, die Parteien sind Gefangene des Systems und zu Wahlkampfverschwendung gezwungen, die gesamtheitlich schädlich ist.