Wenn man so mancher geäußerten Meinung Glauben schenken sollte, so drängt sich ja der Eindruck auf, das Jahr 2015 wäre ein fundamentaler Paradigmenwechsel gewesen, und seither würde unsere Kultur untergehen.

Unterziehen wir das doch einmal einem Faktencheck, inwieweit das Jahr 2015 und die damit zusammenhängende Flüchtlingswelle tatsächlich eine grundsätzliche Änderung bedeutete und inwieweit nicht, und zwar an Hand der Polizeilichen Kriminalstatistik 2019, herausgegeben vom Bundeskriminalamt.

https://bundeskriminalamt.at/501/files/Broschuere_PKS_2019.pdf

Gesamtkriminalität Wien (hier als Vorarlberg bezeichnet): Rückgang von 207.808 (2010) auf 173.574 (2019). Von 2015 auf 2016, also unmittelbar nach der Flüchtlingswelle 2015 ergab sich zwar eine Steigerung (von 195T auf 205T), aber danach mehrmals ein Rückgang.

Die stärksten Anstiege sind nicht zu vermelden bei Mord, Vergewaltigung und Messerdelikten, wie man vermuten könnte, wenn man so mancher geäußerten oder veröffentlichten Meinung folgt, sondern bei der Wirtschaftskriminalität und der Internetkriminalität. Aber Morde, Vergewaltigungen und Messerdelikte sind halt medientauglicher als Wirtschaftskriminalität und Internetkriminalität und auch tauglicher für die Propaganda von Rechtsparteien, und vielleicht daher werden sie vielleicht hochgespielt. Der größte Anstieg bei der Wirtschaftskriminalität erfolgte übrigens von 2018 auf 2019, nicht von 2015 auf 2016, also im Jahr unmittelbar nach der Flüchtlingswelle 2015.

Verwendung von Schuss- Hieb- und Stichwaffen bei Gewaltdelikten: Rückgang bei den Schusswaffen, ungefähres Gleichbleiben bei den Hiebwaffen, Anstieg bei den Stichwaffen, der aber schon 2012 beginnt, also vor der Flüchtlingswelle 2015, im Jahr 2018 mit 2249 höher als im Jahr 2014 mit 1996, also dem letzten Jahr vor der Flüchtlingswelle. Das ist ein Anstieg, aber kein besonders großer.

Gewaltkriminalität insgesamt: in der Tat ergibt sich hier von 2015 auf 2016 ein stärkerer Anstieg von 67T auf 74T, aber seit 2016 keine Überschreitung des Werts. Die 73T von 2019 sind höher, aber nicht signifikant höher als die 72T von 2012, also von vor der Flüchtlingswelle.

Vollendete Morde: hier war der Höchststand 2012 mit 77 (also vor der Flüchtlingswelle 2015), aber es ergibt sich seit 2015 ein steigender Trend, der in Tat problematisch erscheinen kann.

Entwicklung der Gesamtanzeigenzahl: von 2010 bis 2019 ergab sich eine Senkung der Gesamtzahl der Anzeigen von 534T auf 489T. von 2015 auf 2016 gab es zwar einen Anstieg um ca. 20T, aber danach wieder Rückgänge. Die Werte 2017 bis 2019 (Maximum: 511T) sind Alle niedriger als jeder der Werte 2010-2014 (Minimum: 528T).

Alles in allem würde ich sagen: ja es gibt gewisse geringfügige Anstiege seit 2015 in manchen Bereichen, es ist aber nicht so, dass 2015 ein Paradigmenwechsel wäre und dass seither ein Untergang des Landes sich abzeichne, was man verspüren könnte, wenn man so manche geäußerten Meinungen verfolgt.

(Legende: "T" steht als Abkürzung für Tausend, die Daten betreffen immer die angezeigten Fälle)

Noch dazu muss man eines sehen: es hat sich ja durch die Flüchtlingswelle 2015 auch die Bevölkerungszahl erhöht, d.h. wenn man die ganzen Zahlen herunterbricht, z.B. "pro Million" berechnet, dann sehen die Entwicklungen weniger gefährlich aus, als sie hier aussehen.

Und nun noch die Aufschlüsselung der ausländischen Tatverdächtigen nach Herkunftsland 2019:

Rumänien (13.077), Deutschland (11.673), Serbien (11.042), Türkei (8305), Afghanistan (6250), Ungarn (5802), Slowakei (5766), Polen (4941), Bosnien-Herzegowina (4907), Russland (4179). Syrien kommt als Herkunftland der Tatverdächtigen nicht unter den ersten 10 vor.

Im Vergleich zur PKS 2017 ergaben sich damit einige Verschiebungen

(Rumänien 10.386, Deutschland 10.017, Serbien 9.518, Afghanistan 7.011, Türkei 6.841).

Die Zahl der Afghanischen Tatverdächtigen ist in diesem Zweijahreszeitraum gefallen um ca. 800, und Afghanistan ist auf den fünften Platz bei den Tatverdächtigen zurückgefallen, im Gegensatz zu den Behauptungen von manchen Rechtsaktivisten, die ständig von einem Ansteigen der afghanischen Tatverdächtigen sprechen und sich dabei oft auf veraltete Zahlen berufen.

Die Zahl der Tatverdächtigen aus Rumänien stieg in diesem Vergleichszeitraum um ca. 2700, die der Tatverdächtigen aus Deutschland um ca. 1700, die der Tatverdächtigen aus Serbien um ca. 1500. Die der Tatverdächtigen aus der Türkei um ca. 1500.

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