In Deutschland wird gerade über ein Verbot sexistischer Werbung diskutiert. Und in Österreich daher auch.
Die Ansatzpunkte drehen sich vor allem um vier Punkte:
.) die Reduktion von Personen auf ihre Sexualität
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.) das übertreibene Herausstellen von Nacktheit
.) das Fehlen eines sozial akzeptablen Zusammenhang zwischen Produkt und Werbung
.) das Verfestigen von gesellschaftlichen Rollenstereotypen
Mag die Absicht ja verständlich und positiv sein, so stellt sich doch die Frage, inwieweit ein derartiges Gesetz handhabbar und durchdacht ist. Wenn´s nur um die allgemeine Ablehnung von Sexismus geht, ist Konsens viel leichter herzustellen, als in der Frage, wo denn nun konkret und genau Werbe-Sexismus beginnt und vorliegt.
Demonstrieren möchte ich das anhand einiger, in meiner unmittelbaren Umgebung gemachten Fotos (sorry, Redaktion, es sind - entgegen der FUF-Editor-Hilfe - viele, aber mit geringem Speicherbedarf).
Es beginnt schon mit der Wortwahl: "Push-Up", nicht "Push-Up-BH" oder "Push-Up-Bra". Noch dazu ist das Bild in Überkopfhöhe angebracht. Ein (sexistischer?) Mann könnte sich die Frage stellen, was denn da hier hinaufgepusht werden soll, die Brüste oder die ganze Frau - etwa in Form eines FvU.
Das ist .... eine Werbung für Handtaschen. Richtet sich also an Frauen, nicht an Männer.
Hier keine Webung, sondern "normale" Geschäftseinrichtung. Frauenkörper sozusagen als Objekt, kopflos, rein funktional als Ständer eines Lampenschirms, an den Füssen "gefesselt".
Bei Unterwäschewerbung überraschend oft zu finden: Frau in Unterwäsche im Bett knieend.
Hier ein ähnliches Sujet: Frau in Unterwäsche im Bett knieend / hockend, mit einem Ding (Penissymbol?) zwischen den Beinen.
Ein traditionelles Thema für zottige Männerwitze: der (fast zu 100% männliche) Installateur, der ein Rohr verlegt. Nur in diesem Fall ist die Frau eine Nixe, die keine, bzw. keine sichtbare Körperöffnung hat, in die man(n) normalerweise "das Rohr verlegt".
Hier ein relativ harmloses Beispiel.
Zielgruppe sind auch hier wieder die Frauen. Stellt sich nur die Frage, welche "Collateral Damages" diese "Flowerbomb" verursacht. Nackte oder fast-nackte Brüste und Parfum sind seit Marilyn Monroe ("I only wear Chanel No. 5" ) Kombination mit dem offensichtlichen Zweck der Männerbetörung.
Ein interessanter Fall, in dem das Original unverfänglich ist ("Blusenvielfalt" ) . Aber durch Entfernen oder Überdecken eines einzigen Buchstaben kann ein als sexistisch einstufbarer Eindruck erweckt werden. Oft (wie bei der Push-Up-Werbung) ist es der Kontext, der zur Gänze oder teilweise die Problematik ausmacht.
Nacktheit (insbesondere weibliche) ist in der Werbung fast inflationär. Auf die Frage, ob sie ein Problem damit habe, dass auf der Werbung nackte Brüste gezeigt würden, antwortete die Verkäuferin: "Nein, ich bedecke meine, aber was andere machen, ist ihre Sache".
Fotografieren ist übrigens nicht in allen Frauenmodegeschäften erlaubt (auch nicht das Fotografieren einzig und allein von Werbung). Fotoverbote erhielt ich in einem Geschäft eines Konzerns mit Zentrale in Holland, der schon öfter wegen Sexismusvorwürfen negative Presse hatte.
Eine (insbesondere in Hinsicht auf das geplante Gesetz) interessante Untergruppe der Werbung ist die Sexdienstleistungswerbung. Hier das mobile Werbeplakat eines Bordells, das meines Wissens nach regelmässig Strafen zahlen muss, wahrscheinlich wegen "Verletzung öffentlichen Anstands" nach dem Wiener Landessicherheitsgesetz. Ob die Strafen letztlich an die Kunden durch erhöhte Preise weitergegeben werden, ist unbekannt. Auf jeden Fall scheinen die Strafen keine ernsthafte Bedrohung des Unternehmens zu sein, und so hat sich eine Art pragmatisches Zusammenleben entwickelt: man verletzt halt den "öffentlichen Anstand", aber wegen der regelmässigen Zahlungen ist´s irgendwie gar keine Verletzung öffentlichen Anstands. Schliesslich braucht die Landesregierung ja Geld, und sei´s aus Bestrafung des ältesten Gewerbes. Sexdienstleistungswerbung ist oft explizit, aber es besteht ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Werbung und Produkt.
Eine interessante Unter-Unter-Gruppe ist die BDSM-Sexdienstleistungswerbung. Hier liefere ich keine Fotos, weil das eine Art Untergrund-Szene ist, die teilweise gar keine Öffentlichkeit sucht, sondern selbige meidet. Die Domina ist noch am bekanntesten, aber für ihr Pendant gibt´s nicht einmal einen Namen: freiwillige Bottom-Prostitution ? Jedenfalls geht es dabei um Frauen, die sich - teils ausgiebig - dafür bezahlen lassen, gequält, gefesselt, geschlagen, geknebelt und hart gefxxxt zu werden.
Während die Domina gesellschaftlichen Rollenstereotypen widerspricht und so eher nicht unter das Gesetz fallen dürfte, erfüllt die freiwillige Bottom-Prostituierte das Rollenstereotyp und ihre Werbung könnte daher verboten werden.
Bei der Bestrafung von Bordellwerbung und der damit möglicherweise verbundenen Preiserhöhung und dem Verbot von Werbung freiwilliger Bottom-Prostituierter kann nicht ausgeschlossen werden, dass eben deswegen die Zahl unbefriedigter Männer mit Triebstau und damit die Vergewaltigungsrate steigt.
Natürlich spielt sich das alles in einer Dunkelzone ab, und den Zusammenhang - falls ein solcher besteht - wird man sicher auch leugnen können, wie das in der Politik mit unliebsamen Phänomenen, die der eigenen Ideologie widersprechen, oft passiert.
Johann Wolfgang von Goethe sagte einmal: "Gut gemeint ist oft das Gegenteil von gut getan".
Und mag die Absicht auch eine gute sein, so könnte das Gesetz einige unangenehme Nebeneffekte haben, darunter auch Diskriminierung (männliche freiwillige Bottom-Prostituierte dürfen werben, weibliche freiwillige Bottom-Prostituierte nicht; Dominas dürfen werben, ihre Pendants nicht)
Related Links:
Wiener Landessicherheitsgesetz
http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=LrW&Gesetzesnummer=20000160
http://www.antidiskriminierungsstelle.steiermark.at/cms/beitrag/11865759/99340954
http://www.werbewatchgroup-wien.at/u-eber-uns
http://www.zeit.de/2016/17/sexismus-werbung-verbot-heiko-maas-pinkstinks
https://www.tagesschau.de/inland/interview-werbung-sexismus-101.html