Und als weitergehende Frage: Können nicht-erschienene, aber Medien angebotene Texte Minsterablösen auslösen ?
`Roths Preis, Attentatsphantasien, „linke Jagdgesellschaft“ und Haiders Tod
Von Dieter Knoflach
Gerhard Roth wurde der große Staatspreis für Literatur verliehen. Obwohl er in seinem Roman „Der See“ quasi ein Attentat auf Dr. Jörg Haider und dessen Umstände auf eine Art und Weise beschrieben hatte, sodass ein derartiges Attentat wahrscheinlicher wurde. Am problematischsten sind Roths aufpeitschende und wohl zum Attentat ermutigen sollende Formulierungen: Redeschwall als „überfüllter rhetorischer Mistkübel“, „rhetorischen Kehricht über die Menschen“ stülpend, „die den Abfall gierig herunterschlangen“, etc. Natürlich bietet die sogenannte „Freiheit der Kunst“ den sogenannten „Künstlern“ die Möglichkeit, weiter zu gehen als normale Bürger in Sachen Verhetzung, Mordaufruf und gefährliche Drohung.
Es mag sein, dass Dr. Haider in den letzten Sekundenbruchteilen vor seinem Tod am Straßenrand etwas sah, das dem Revolver ähnelte, den Roths Romanfigur Eck benutzte, an Roths Attentatsphantasien dachte, deswegen das Lenkrad seines VW Phaeton verriss und zu Tode kam. Zur Frage, ob das Roths Absicht war, hat Roth meines Wissens nie Stellung genommen. Genauso wenig, wie er zur Frage Stellung genommen hat, ob er diese Haider-Attentatspassage auch geschrieben hätte, wenn er damals schon gewusst hätte, dass H.C. Strache Haider nachfolgt.
Natürlich machte Haider Fehler. Z.B. wäre es besser gewesen, zumindest H.C. Artmann aus der Anti-Staatskünstler-Kampagne auszuklammern. Z.B. war seine Wirtschaftskompetenz mangelhaft, allerdings hatten weder er noch FPÖ/BZÖ in Kärnten je eine absolute Mehrheit, und ohne Mitstimmen von SPÖ und ÖVP hätten z.B. die Beschlüsse betreffend Landeshaftungen für Hypo-Alpe-Adria-Bank nicht gefasst werden können. Aber es ist zweifelhaft, ob Haider wegen seiner Fehler den und diesen Tod verdient hat.
Eine ähnliche Frage der mutmaßlichen Mitverantwortung an Haiders Tod trifft auch so manche Journalisten: vielleicht hat Haider in der Nacht seines Todes seinen Chauffeur nur deswegen in den Feierabend geschickt und sich zum letztlich tödlichen Selbstfahren entschlossen, weil er fürchtete, ansonsten würden im „roten Wien“ in der Woche darauf „Grausamer Haider zwingt übermüdeten Fahrer in anstrengenden Nachtdienst“-Artikel erscheinen.
Die Preisverleihung an Roth passt zur „Kultur als Ideologieressort“, wie die ehemalige SPÖ-Kulturstadträtin Ursula Pasterk meinte. Wenn die Brauchbarkeit im tagespolitischen Kleinkrieg das Kriterium für Bepreisung ist und nicht der künstlerische Wert, dann ist wohl jene extreme Polarisierung erreicht, die schon der umstrittene Rechtstheoretiker Carl Schmitt als Gefahr betrachtete und mit dem Begriff „Freund-Feind-Schema des Politischen“ skizzierte.
Die Attentate auf zahlreiche US-Präsidenten führten dazu, dass im Laufe der Zeit aus Sicherheitsgründen tendenziell eher dümmere und ungeeignetere Personen kandidierten (was fähige Regierungsmitglieder aber keineswegs ausschloss). Dasselbe scheint auch für den Rechtspopulismus zu gelten: die Attentate oder Attentatsdrohungen auf die erste, universitär geschulte Generation der Rechtspopulisten (Fortuyn, Haider) trug wohl dazu bei, dass eine zweite, radikalere, weniger gebildete, weniger differenzierungsfähige und –willige Generation (Strache, z.T. Wilders) das Kommando übernahm. Statt die Demokratie durch Attentatsdrohungen oder Ähnliches zu retten, wie Roth in Interviews für sich in Anspruch nahm, hat er sie in der Realität wie Goethes Zauberlehrling verschlechtert und radikalisiert. Zweifel an der Preiswürdigkeit sind daher angebracht. Der Begriff „Großer Staatspreis“ kann als unabsichtliche Bestätigung des haiderschen „Staatskünstler“-Vorwurfs betrachtet werden.
Dieter Knoflach ist Bundesvorstand der parteibündnisorientierten „realpolitischen Sozialdemokraten“, die sich an Karl Renner, Tony Blair, Helmut Schmidt, aber auch punktuell an Jörg Haider orientieren. Er twittert als DKnoflach, bloggt auf fischundfleisch.at und veröffentlicht auf dieterknoflach.wordpress.com. `
P.S.: Den obigen, zwischen den einfachen Anführungszeichen stehenden Text übermittelte ich vor Kurzem, als Kanzler- und Ministerwechsel noch nicht im Raum standen, der Tageszeitung "Standard", die diesen Text nach offensichtlichem innerredaktionellen Hin-Und-Her dann doch nicht veröffentlichte.
Interessant ist es deswegen, weil der für die Verleihung von Kultur-Staatspreisen zuständige SPÖ-Kulturminister Ostermayer jetzt einer der Ablösekandidaten ist.
Es stellt sich die Frage, ob dieser dem "Standard" angebotene, aber nicht veröffentlichte, d.h. einem Insiderkreis bekannte Text eine Rolle in der etwaigen Ablöse von Ostermayer spielte bzw. spielt.